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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Ulf Schiewe
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Umgekehrt wäre es uns zweifellos ähnlich ergangen. Bei Odin und allen Göttern. Das war eine Wende, die ich nicht erwartet hatte.
    »Und was ist mit Robert und Onfroi?«
    Der Mann deutete ein Stück weit abseits des Schlachtfeldes. »Da drüben reden sie miteinander. Du siehst, es geht ihnen gut. Und auch dein Robert hat heute Großes geleistet, das muss man ihm anerkennen. Dreimal haben sie ihm den Gaul unter dem Hintern getötet, und er hat dennoch nicht nachgelassen, war immer an erster Front. Ohne ihn hätten wir nicht gesiegt. Da wäre selbst Drengot zu spät gekommen.«
    Wir ritten zu den beiden hinüber. Onfroi sah uns als Erster und winkte uns heran. Dann drehte sich auch Robert um und blickte erstaunt auf. Man konnte ihn kaum wiedererkennen, denn er war von oben bis unten mit Blut besudelt. Er humpelte auch ein wenig, als er auf uns zukam, und trug eine Schlinge um den Arm, den er mit einem Dolch geschient hatte, schien ansonsten aber unversehrt zu sein.
    »Da bist du ja«, sagte er, als ich vom Pferd stieg.
    »Verwundet?«, fragte ich besorgt.
    »Arm gebrochen. Halb so wild.«
    Doch sein Blick war unendlich müde und seine Stimme heiser, vermutlich vom Brüllen von Befehlen und vom Anfeuern der Männer. Ich nahm das schwere Bündel vom Sattel und warf es ihm wortlos vor die Füße. Er hob es nicht auf, schien zu wissen, was sich darin befand.
    »Wo ist sein Leichnam?«
    »Unten bei der Brücke.«
    Er nickte. »Ich werde ein paar Männer schicken. Und dann karren wir ihn nach Capua, wo seine Familie ihm ein würdiges Begräbnis geben kann.«
    »Nur eines, Robert. Das war aber das letzte Mal, dass ich deinen verdammten Henker spiele.« Ich konnte mir nicht helfen. Ich war wütend. Auf ihn oder auf mich, das war mir nicht klar.
    »Verstehe, Gilbert. Trotzdem danke ich dir. Und Onfroi tut es auch.«
    Dann entschuldigte er sich und wandte sich zum Gehen. »Wir reden später, denn es ist noch nicht zu Ende. Wir dürfen den Papst nicht entkommen lassen.«
    Das Plündern wurde vorerst abgebrochen, die Mannschaften in Formation gebracht, dann marschierten wir vor die Stadt. Späher berichteten, dass Papst Leo sich immer noch hinter den Mauern befand, die jetzt dicht von römischen Truppen besetzt waren. Es würde nicht leicht werden, Civitate zu stürmen, und in jedem Fall weitere Verluste kosten.
    Onfroi ließ sofort das feindliche Lager bewachen, um zu verhindern, dass die Männer sich selbst bedienten. Denn nach den Gerüchten zu urteilen, die sofort die Runde machten, hatten wir reiche Beute gemacht. Aber von der Nahrung, die sich in großen Mengen dort befand, wurde gleich ein Teil an die hungernden Mannschaften verteilt. Sogar Wein gab es in Mengen. Dankbar schlangen wir unsere Rationen hinunter.
    Nachdem der schlimmste Hunger gestillt war, warteten wir im strömenden Regen. Boten wurden hin- und hergeschickt, in der Hoffnung, den Papst zur Aufgabe zu bewegen. Auf was konnte er denn noch hoffen? Ein paar Tage zu gewinnen, bis wir ihn ausgehungert hatten? Oder hoffte er auf die Byzantiner, ihn aus dieser Lage zu befreien? Niemand glaubte mehr, dass die Griechen sich noch sehen lassen würden, denn die Kunde unseres Sieges musste sich inzwischen wie ein Lauffeuer durch die Dörfer verbreiten.
    Es war eine Erleichterung, Kameraden zu treffen, die die Schlacht überstanden hatten, auch wenn viele notdürftige Verbände trugen. Girard winkte mir zu. Ragnar grinste spöttisch trotz seines verwundeten Arms, Rollo schlug mir fröhlich auf die Schulter, und Hamo wollte alles über Pandulfs Gefangennahme wissen. Sie sahen aus wie blutbespritzte Metzger nach der Herbstschlachtung, obwohl der Regen das Schlimmste schon abgewaschen hatte.
    »Wo ist Reynard?«, fragte ich Rainulf, froh, auch ihn am Leben zu sehen.
    »Den hat’s erwischt«, erwiderte er mit düsterer Miene.
    »Wen noch?«, fragte ich betroffen.
    »Bjarnis Freund Herve. Und auch den Albaner Skender. Hat wie ein Löwe gekämpft. Aber frag die anderen. Ich hab keine Lust, sie alle aufzuzählen. Es sind zu viele. Ein verflucht teurer Sieg, wenn du mich fragst.«
    Herve hatte ich weniger gut gekannt, aber Reynards Tod ging mir zu Herzen. Der Alte hatte mich während des Marsches aus der Normandie unter seine Fittiche genommen und mir so vieles beigebracht. Ein wahrer Kamerad. Ich war froh, dass es regnete, denn so konnte man meine Tränen nicht sehen.
    Am späten Nachmittag schien eine Einigung in Sicht. Und tatsächlich öffneten sich die Tore der Stadt und
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