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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
Autoren: Alex Bledsoe
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hatten. Bestimmt nahm Rhiannon als Erstes ein Bad – das hoffte ich zumindest. Wentrobe weckte das Küchenpersonal und sorgte dafür, dass die Backöfen angeheizt wurden. Danach führte er den Überfall auf den königlichen Weinkeller an. Noch nie hatte ich den Alten so zielstrebig vorgehen sehen.
    Als der König und seine inzwischen blitzsaubere und leicht atemlose Königin mit ihrem Sohn zur Empfangshalle zurückkehrten, war das Fest schon voll im Gange. Irgendjemand hatte eine Musikkapelle aus einer Schenke geholt, die wilde, derbe Tanzlieder spielte – Musik, die normalerweise niemals in diesem Palast erklungen wäre, schon gar nicht unter Wentrobes Aufsicht.
    Ich trank etwas und dankte Anders für all seine Hilfe, hatte aber eigentlich keine Lust mitzufeiern. Nicht nur, weil ich so erschöpft war, sondern auch weil allzu viele Dinge geschehen waren, die keinen Anlass zum Feiern boten. Am liebsten hätte ich Arentia einfach ohne Abschied verlassen, aber Phil war kein gewöhnlicher Auftraggeber, und ich wollte ihn gern ein letztes Mal sprechen. Deshalb schlüpfte ich nur aus der Halle und zog mich zu dem sicheren Ort auf dem Palastdach zurück, um dort das Ende des Festes abzuwarten.
    Erst als ich mich gegen den Schornstein lehnte, fiel mir auf, wie klar die Nacht war. Die Sterne strahlten, als wären sie die erstarrten Funken eines Blitzes, und ich konnte mühelos alle Sternbilder ausmachen, die ich noch von der Schulzeit her kannte. Der abnehmende Mond sorgte immer noch für helles Licht.
    Meine Gedanken blieben an diesen Sternen hängen. Manche Leute glaubten, jeder Stern verkörpere die Seele eines Verstorbenen und strahle heller, wenn jemand, der den Toten geliebt hatte, an ihn dachte. Verkörperten die beiden hellsten Sterne dieser Nacht die Seelen von Janette und Kathi? Mir gefiel die Vorstellung, dass sie in diesem wunderbaren Himmel ihren inneren Frieden gefunden hatten.
    In dieser Höhe war der Nachtwind selbst im Sommer kühl. Da Rhiannon immer noch meine Jacke hatte und ich leicht fror, wechselte ich auf die geschütztere Seite des Schornsteins. Von hier aus konnte ich auf die in Mondlicht getauchte Stadt hinuntersehen, die immer noch voller Leben war, weil sich die Nachricht, dass Rhiannon mit ihrem Sohn zurückgekehrt war, wie ein Lauffeuer verbreitet hatte. Ein leises Rauschen, das ich zunächst dem Wind zugeschrieben hatte, wurde lauter und lauter, bis mir schließlich aufging, dass es stürmische Jubelrufe waren. Die ganze Stadt jubelte immer noch, du lieber Himmel!
    Ich schlief zwar nicht richtig ein, ließ jedoch meine Gedanken hierhin und dorthin schweifen und verlor dabei jedes Zeitgefühl. Als ich irgendwann in die Gegenwart zurückfand, versuchte ich mich am veränderten Stand der Sterne zu orientieren, doch ehe es mir gelang, öffnete sich die Dachluke. Ich dachte schon, erklären zu müssen, dass
ich kein Einbrecher war und nicht vorhatte, die königliche Schatzkammer auszurauben, aber als ich vorsichtig um den Schornstein spähte, sah ich, dass es Phil war. Über das schräge Dach kam er herüber, ließ sich müde neben mir auf die Dachschindeln nieder und lehnte sich gegen den Schornstein. »Bin völlig erschöpft«, sagte er.
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Und heute Abend veranstalten wir ein zweites Fest – einen offiziellen Empfang zu Ehren der heimgekehrten Königin. Es wäre uns beiden sehr lieb, wenn du dabei wärst.«
    »Ich kann einem König ja wohl kaum eine Bitte abschlagen.«
    Er zog einen Flachmann aus der Innentasche seiner Jacke und reichte ihn mir. Ich nahm einen Schluck und gab ihn ihm zurück.
    »Ich stehe in deiner Schuld«, sagte er.
    »Unsinn. Wozu sind Freunde da?«
    Eine Weile blieben wir schweigend nebeneinander sitzen. Schließlich fragte er: »Gibt es irgendetwas, das du mir unter vier Augen mitteilen möchtest? Über Ri?«
    Ich schüttelte bedächtig den Kopf.
    »Also hast du nichts über ihre Vergangenheit herausgefunden?«
    »Das war nicht das, worum du mich gebeten hast.«
    »Komm schon, Eddie, ich muss es wissen.«
    Ich wandte mich ihm zu. »Phil, mal angenommen, ich hätte etwas überaus Entsetzliches, Widerliches über sie herausgefunden. Etwas so Schlimmes, dass du nie wieder in ihre Nähe kommen und sie erst recht nicht mehr berühren wolltest. Würdest du es wissen wollen?«
    Er nickte.
    »Und wenn ich etwas höchst Wunderbares, all deine Vorstellungen Übertreffendes entdeckt hätte? So überwältigend, dass du dir nicht würdig genug vorkommen
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