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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
Autoren: Joseph Caldwell
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Gaeltacht gezogen, ins wahre Irland, das an die westliche See grenzte und in dem Irisch noch immer die Muttersprache war, denn die gälische Zunge war dort nie zum Verstummen gebracht worden. Sie waren gekommen, um sich die lange unterdrückten Wörter und Laute anzueignen, die in längst vergangener Zeit von einem heiligen und hochgelehrten Volk kündeten und einem, das zu überschäumendem Fröhlichsein neigte – und das, wie man hinzufügen sollte, mit einem Sinn für Mythen begnadet war, in denen seine überbordende Phantasie Gestalt annahm.
    Da die im Ausland weilenden Shaftoes es versäumten, Steuern zu entrichten, war ihr Besitz an den Staat gefallen, und der zuständigen Bürokratie lag wenig daran, die Neuankömmlinge zu vertreiben, schon gar nicht, weil sie an einigen Stellen die Steinwälle um die Weidegründe in Ordnung brachten und den Obstgarten vom Unterholz befreiten, wobei sie Zweige und Brombeergestrüpp nutzten, um die vorhandenen Kamine zu heizen. Auch Musik und Lachen, Lebenslust und Liebe zogen wieder in die Mauern ein, und die gelegentlichen Prügeleien bewiesen nur, dass hier Iren wohnten.
    Dann aber, zu der Zeit, da die Hausbesetzer sich daranmachten, einzupacken und nach Donegal zu ziehen, um sich dort noch eingehender mit der Sprache der Einheimischen zu befassen, geschah es, dass Kitty – begütert über alle Maßen,berühmt weit mehr, als ihr eigentlich zukam – etliche Bürokraten beschwatzte, nervte und bestach, und so Burg Kissane nebst Fluch und Schreckgespenst und seiner ganzen Geschichte in ihren Besitz brachte. Das schien nur gerecht, denn ihr eigenes Heim an der Klippe, das ihre Vorfahren aus Kerry so lange bewohnt hatten, war in die alles verschlingende See gestürzt. Geschehen war das durch eine unwahrscheinliche Verkettung von Ereignissen, die unter anderem zu dem segensreichen Wortstreit zwischen Kitty und Kieran geführt hatte, der nun ein nicht wegzudenkender Teil ihres gegenwärtigen ehelichen Glücks war.
     
    Maude unterbrach Kittys Gedankenfluss. »Ich hätte nichts gegen einen Drink einzuwenden«, meinte sie.
    »Den sollst du haben, herzlich gern.«
    »Darf ich auf deine Errettung trinken – und auch auf Kierans – von dem Fluch, der auf jedem einzelnen Stein der Burg lastet?«
    »Trink nur. Und von mir aus gleich noch einmal.« Kitty machte dabei eine tiefe Verbeugung.
    »Ein Schluck auch auf deinen Schutz, wenn die Steine gen Himmel fliegen und der Turm in sich zusammensinkt, wie es vorherbestimmt ist seit längst vergangenen Tagen.«
    Während sie das sprach, wandelte sich das Grinsen der Frau in ein gütiges Lächeln. Kitty gewann den Eindruck, dass die ohnehin gutaussehende Maude McCloskey für eben den Augenblick zu einer der schöneren Frauen wurde, wie sie nur selten in der Grafschaft vorkamen. Die Haut erstrahlte wie von einem inneren Feuer, in die Augen stahl sich eine mitfühlende Liebenswürdigkeit, und das stolze Kinn gewann eine huldvolle Heiterkeit. Eine fast zärtliche Besorgnis drängte sich in ihre Stimme, als sie sagte: »Dir ist die Geschichte wie jedem hier geläufig. Was Lord Shaftoe zugedacht war, kann genauso gut auf dein Hauptkommen. Kann uns alle treffen, und doch haben wir uns hergetraut. Wer weiß, wann es geschieht? Schon gleich, ehe ich weiterrede? Heute Nacht, wenn ihr auf dem Ehelager miteinander ringt? Bei Sonnenaufgang? In der Abenddämmerung? Morgen? Erst in einem Jahr? Andere suchen nach Gold. Such du, das möchte ich dir raten, nach dem Schießpulver. Irgendwo hier ist es verborgen.«
    »Unsinn. Es ist doch alles längst abgesucht worden. Vor vielen Jahren schon hat man immer wieder hier gegraben und dort gebuddelt, aber gefunden wurde nichts.«
    »Das weiß ich. Bloß das bedeutet, der Sprengstoff ist immer noch hier. Doch nichts für ungut, lass dich bei deinem Fest nicht stören.« Bei ihren letzten Worten erfolgte die Rückwandlung ihres Gesichts, und sie wurde wieder zu der von Natur aus hübschen Frau, hatte nicht länger den verklärten Ausdruck einer durchgeistigten Seherin. »Aber lass es dir eine Warnung sein. Pass auf, dass ihr beide, du und Kieran, nicht gen Himmel fliegt, so wie es Seiner Lordschaft zugedacht war.«
    »Könnte ja sein, ich freue ich mich sogar auf ein Aufwärtsstreben.«
    »Du wirst nicht aufwärtsstreben. Du wirst abwärtsstreben – und das aus großer Höhe, und erblindet wirst du sein, wirst deine Gliedmaßen nicht mehr beieinander haben, um dir auch nur die Nase zu reiben oder mit deinem Mann
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