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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)
Autoren: Joseph Caldwell
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Herrschaftsbereich der Könige betriebenen Gold- und Silber-Bergwerken an die englische Krone zu entrichten waren.)
    Möglich ist auch, dass sie eingedenk des Einflusses der Shaftoes auf ihre gegenwärtigen Lebensumstände nicht so recht geneigt war, die Bezeichnung Burgherrin auf sichanzuwenden, sondern darauf bestand, sie sei nicht mehr und nicht weniger als »eine Burgwartin«, der man die Burg für die Zeit anvertraut hatte, da sie deren ergebene und ihrer eigentlich unwürdige Bewohnerin war.
    Wie auch immer, diese nämlichen Lords Shaftoe hatten einen grässlichen Fluch zu verantworten, der auf Burg Kissane lastete und der in Kittys Augen einen nicht unbeträchtlichen Reiz ihres neuen Heims ausmachte. Freilich hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt, diesem Fluch in aller Ausführlichkeit nachzusinnen. Bislang hatte die Große Halle, in der die Festivität nach der Trauung stattfand, all ihre unmittelbare Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.
    Die Zeremonie in der Kirche war kein hundertprozentiger Erfolg gewesen. Zwar hatte sich Pater Colavin im Vorfeld überreden lassen, die aufstörenden Worte des heiligen Paulus »Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem Herrn« (Epheser 5, 22) nicht zu erwähnen, aber Kittys amerikanischer Neffe schwamm durchweg in Tränen, wahrscheinlich weil er und seine Braut sich lediglich mit der standesamtlichen Zeremonie hatten zufriedengeben müssen. Es war nämlich Aarons zweite Eheschließung; bei seiner ersten hatte er eine Frau namens Lucille geheiratet, die dann mit einem Bariton aus ihrem Kirchenchor in New York durchgebrannt war. Aarons Scheidung war der Grund, warum ihnen eine kirchliche Trauung verwehrt war, aber Lolly hatte ihn damit getröstet, dass die Ehe mit Lucille ohne weiteres vom Vatikan für null und nichtig hätte erklärt werden können, war doch ganz offensichtlich, dass er damals gefühlsmäßig bei weitem zu unreif war, einen auf Lebenszeit bindenden Vertrag einzugehen. Schon allein die Tatsache, dass seine Wahl auf Lucille gefallen war, würde das beweisen. Dass Aaron, so ansehnlich und sogar liebenswert er auch sein mochte, zu LucillesPartnerwechsel beigetragen hatte, wurde gar nicht erst in Betracht gezogen. Seine Selbstüberschätzung und sein unangreifbares Ego wurden aus der Gleichung eliminiert, und Lucille wurde allein alle Schuld aufgebürdet.
    Nachdem der Ehering auf Kittys Finger geglitten war, wobei einige erlöst aufatmeten, andere das wurmte und jedermann sonst erstaunt war, küsste Kitty Kieran, Kieran küsste Kitty, und die Liturgie nahm ihren Fortgang als Vorspiel zum Empfang in der Großen Halle der Burg.
    Besonders groß war die Große Halle im Grunde genommen nicht. Die Burg war mehr als eine Festung denn als ein Sitz weltlichen Glanzes gebaut worden; stolz konnte sie lediglich auf die Undurchdringlichkeit ihrer Mauern und auf die schmalen, tief darin eingelassenen Fenster sein. In Wahrheit hatte die Halle, wie Kitty vermutete, Kriegern als Unterkunft gedient, die gegen eindringende Streitkräfte kämpfen sollten, oder hatte, was wahrscheinlicher war, ein sicheres Quartier für Rinder dargestellt, wenn es zu Raubüberfällen auf Viehherden kam, ein sportliches Vergnügen, dem die eingeborenen Landgrafen und Stammeshäuptlinge in der Frühzeit Irlands des Öfteren huldigten. Auch gab es keinerlei Kamine oder Feuerstätten, woraus man schließen konnte, dass die Leiber der Tiere die einzige Wärmequelle gebildet hatten.
    Dennoch hatte die Halle durchaus ihre Besonderheiten. Über die ganze Länge der Außenmauer zog sich eine Galerie hin, in die vier mit Mittelstreben geschmückte Fenster eingelassen waren, die zum Innenhof gingen. Von der Decke hing ein Kronleuchter aus schwerem Schmiedeeisen von fünf Fuß im Durchmesser. Er hatte zwei innere Ringe und konnte mit Kerzen bestückt werden, mindestens hundert, wie Kitty gezählt hatte. Den Fußboden bildeten dunkelgraue Steinplatten, die den Ehrgeiz hatten, schwarz zu wirken. Sie waren von den trappelnden Hufender Rinder geglättet, nicht minder von den klobigen Stiefeln der Landwirte, der Bogenschützen und später der Musketiere, die es sich zur Herzenssache gemacht hatten, die heilige Erde der Heimat gegen die Raubzüge der Dänen, die Einfälle der Normannen, die Landung der Spanier und schließlich die Invasion der Cromwell’schen Truppen zu verteidigen.
    Nun aber sollte die Halle höheren Zwecken dienen, sollte ein Ort der Lustbarkeit und des Gesangs sein, des Tanzens und
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