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Das Schweigen des Glücks

Das Schweigen des Glücks

Titel: Das Schweigen des Glücks
Autoren: Nicholas Sparks
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Menschen denken immer, ein Feuer wäre leise, aber das stimmt nicht. Es klingt, als würden Teufel in Todesangst schreien, wenn das Feuer wütet. Dennoch konnte ich die Stimme meines Vaters hören, als er rief, dass er auf dem Weg sei.«
    Taylors Stimme versagte, er wandte sich ab, um die heißen Tränen, die ihm über die Wangen rannen, nicht zu zeigen.
    »Ich weiß noch, wie ich mich umdrehte und er auf mich zurannte. Er stand in Flammen. Seine Haut, seine Arme, sein Gesicht, seine Haare – alles. Wie ein menschlicher Feuerball stürzte er auf mich zu, das Feuer verzehrte ihn und er kämpfte sich durch die Flammen. Aber er schrie nicht. Er prallte auf mich, hob mich aus dem Fenster und sagte: ›Nur zu, Sohn.‹ Als mein Körper vollständig aus dem Fenster hing, ließ er mich los. Ich schlug so hart auf, dass ich mir den Fußknöchel brach – ich hörte das Krachen, als ich auf dem Rücken landete, den Blick nach oben gerichtet. Es war, als wollte Gott mir zeigen, was ich getan hatte. Ich sah, wie mein Vater seinen brennenden Arm zurückzog… «
    Taylor hörte auf zu sprechen, er konnte nicht weitererzählen. Denise saß wie erstarrt in ihrem Sessel, Tränen standen ihr in den Augen, und ihre Kehle war zugeschnürt. Als er fortfuhr, war seine Stimme kaum zu hören und er zitterte bei der Anstrengung, das Weinen zurückzuhalten, als würde es ihn entzwei reißen.
    »Er kam nicht mehr raus. Ich erinnere mich, dass meine Mom mich vom Haus wegzog und ununterbrochen schrie – und dann schrie ich auch.«
    Er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. »Daddy… nein -«, rief er mit rauer Stimme.
    Seine Stimme hallte wie ein Schuss von den Wänden zurück.
    »Komm raus, Daddy!«
    Als Taylor in sich zusammensackte, setzte Denise sich spontan neben ihn und nahm ihn in die Arme. Sie wiegte ihn, während seine abgehackten Sätze unverständlich wurden.
    »Bitte, lieber Gott… lass mich noch einmal… bitte… ich springe auch… bitte, lieber Gott… diesmal schaffe ich es…. bitte, lass ihn rauskommen… «
    Denise hielt ihn so fest sie konnte und ihre Tränen fielen unbeachtet auf seinen Nacken und Rücken, als sie ihr Gesicht an ihn drückte. Nach einer Weile hörte sie nur noch seinen Herzschlag und das leise Quietschen der Sofafedern, während er sich unablässig hin und her wiegte, und immer wieder die Worte vor sich hin flüsterte: »Ich wollte das nicht… ich wollte das nicht… «

Kapitel 27
    D enise hielt Taylor, bis er still war, verausgabt, erschöpft. Dann ließ sie ihn los und stand auf. Aus der Küche holte sie eine Dose Bier – beim Autokauf hatte sie sich ein paar Dosen zum Feiern genehmigt.
    Sie wusste nicht, was sie sonst tun oder sagen sollte. Sie hatte schon schreckliche Dinge in ihrem Leben gehört, aber nie so etwas. Taylor sah auf, als sie ihm das Bier gab. Mit fast erloschenem Gesichtsausdruck machte er die Dose auf und nahm einen Schluck, dann hielt er sie mit beiden Händen fest.
    Als Denise ihm die Hand aufs Bein legte, ergriff er sie schweigend.
    »Geht's einigermaßen?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte er ernst, »aber vielleicht war das schon immer so.«
    Sie drückte seine Hand.
    »Das ist möglich«, stimmte sie zu. Er lächelte schwach. Sie saßen ein paar Minuten schweigend beisammen, bevor sie wieder sprach.
    »Warum heute Abend, Taylor?«
    Zwar hätte sie versuchen können, ihm klarzumachen, dass er keine Schuldgefühle zu haben brauchte, aber sie wusste intuitiv, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Sie waren beide nicht darauf vorbereitet, sich den Dämonen zu stellen.
    Tief in Gedanken drehte er jetzt die Bierdose zwischen den Händen.
    »Seit Mitch tot ist, muss ich die ganze Zeit an ihn denken, und jetzt zieht Melissa weg… ich weiß auch nicht… ich hatte das Gefühl, es frisst mich auf.«
    Das hat es die ganze Zeit schon getan.
    »Warum kommst du zu mir? Warum gehst du nicht zu jemand anders?«
    Er antwortete nicht sofort, aber als er sie ansah, lag in seinen blauen Augen ein tiefes Bedauern.
    Mit einer Aufrichtigkeit, die keinen Zweifel ließ, sagte er: »Weil du mir wichtiger bist als alle anderen Menschen.«
    Bei diesen Worten stockte ihr der Atem. Da sie nichts sagte, zog Taylor widerwillig seine Hand weg, so wie damals, als sie auf der Kirmes waren.
    »Ich würde es verstehen, wenn du mir nicht glaubst«, gab er zu. »Ich würde mir wahrscheinlich auch nicht glauben, wenn man bedenkt, wie ich gehandelt habe. Es tut mir so leid – alles. Ich
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