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Das Schweigen der Schwaene

Das Schweigen der Schwaene

Titel: Das Schweigen der Schwaene
Autoren: Iris Johansen
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sondern Wertschätzung verdient. »Ich muß sofort mit Richard sprechen. Wir sehen uns dann nachher auf der Party.«
    Nadine lächelte und ging winkend davon.
    Nell flog die Treppe hinauf, wobei sie jeweils zwei Treppenstufen auf einmal nahm, und rannte dann den langen Flur hinab. Im Wohnzimmer war niemand, doch dem fröhlichen Summen entnahm sie, daß Richard im Schlafzimmer war. Sie atmete tief ein, und dann öffnete sie die Tür. »Ich will kein Kindermädchen für Jill.«
    Richard drehte sich vom Spiegel zu ihr um. »Was? «
    »Sally sagt, du denkst daran, ein Kindermädchen einzustellen.
    Aber ich will keins. Wir brauchen keins.«
    »Warum regst du dich denn so auf? « Er wandte sich wieder dem Spiegel zu und rückte seine Krawatte zurecht. »Das war doch nur so ein Gespräch. Aber es ist nicht gut, wenn man Kinder allzusehr verwöhnt. All unsere Freunde haben jemanden, der ihnen mit den Kindern hilft. Ein Kindermädchen ist so etwas wie ein Statussymbol.«
    »Du willst also eins.«
    »Nicht, wenn du es nicht willst.« Er legte die Jacke seines Smokings an. »Was ziehst du heute abend an? «
    »Ich weiß noch nicht.« Welche Bedeutung hatte es schon, was sie trug? Sie sah sowieso immer unverändert aus. »Ich schätze, das Kleid mit dem blauen Spitzenbesatz.« In ohnmächtiger Wut hatte sie die Fäuste geballt. »Und ich verwöhne Jill nicht.«
    »Das blaue Kleid ist gut. Mit dem geschwungenen Ausschnitt sehen deine Schultern wunderbar aus.«
    Sie durchquerte den Raum und legte ihren Kopf an seine Brust.
    »Ich will mich selbst um sie kümmern. Du bist so oft unterwegs, und dann leisten wir uns gegenseitig Gesellschaft. Bitte, Richard«, flüsterte sie.
    Er strich ihr sanft über das Haar. »Ich will doch nur dein Bestes.
    Du weißt, wie hart ich arbeite, damit du und Jill ein angenehmes Leben habt. Du mußt mir nur ein bißchen dabei helfen, Nell.«
    Er würde es tun. Das wurde ihr voller Verzweiflung klar. »Ich versuche ja, dir zu helfen.«
    »Und das tust du auch.« Er schob sie fort und blickte ihr ins Gesicht. »Aber ich brauche noch mehr von dir.« Erregung flackerte über sein Gesicht. »Kavinski ist der Schlüssel zum ganz großen Erfolg, Nell. Seit sechs Jahren warte ich darauf, daß es für mich einen derartigen Durchbruch gibt. Es ist nicht nur das Geld, das mich interessiert, es ist die Macht. Wer weiß, wie weit ich es noch bringe, wenn es klappt.«
    »Ich werde noch härter arbeiten als bisher. Ich werde alles tun, was du von mir verlangst. Wenn ich nur Jill behalten darf.«
    »Wir werden morgen darüber sprechen.« Er küsste sie auf die Stirn und wandte sich ab. »Und jetzt gehe ich besser runter.
    Kavinski kommt bestimmt jeden Augenblick.«
    Nachdem die Tür hinter ihm ins Schloß gefallen war, starrte sie wie betäubt auf das Holz. Sie würden morgen darüber. sprechen, und er würde sanft sein und bestimmt und ein bißchen traurig, daß er nicht in der Lage war, ihr ihren Wunsch zu erfüllen. Er würde ihr das Gefühl geben, schuldig und zugleich hilflos zu sein, und wenn sie nach Paris zurückkämen, würde er ihr einen Strauß ihrer gelben Lieblingsrosen kaufen und persönlich das Einstellungsgespräch mit dem Kindermädchen führen, damit ihr die Sache nicht noch mehr zu Herzen ging.
    »Mama, mein Badewasser wird kalt«, sagte Jill in
    vorwurfsvollem Ton. Eingehüllt in ein riesiges, rosafarbenes Handtuch stand sie barfuß an der Badezimmertür.
    »Ach ja? « Nell schluckte, denn die Furcht vor der Trennung von ihrer Tochter schnürte ihr die Kehle zu. Sie würde die kostbare Zeit mit Jill nutzen und nicht mehr darüber nachdenken, was morgen war. Vielleicht bekämen sie ja Kavinskis Gelder nicht. Vielleicht käme Richard ja zu dem Schluß, daß ein Kindermädchen doch nicht erforderlich war.
    »Dann lassen wir besser heißes Wasser nachlaufen, und dann rein mit dir ins frische Nass.«
    »Ja.« Jill machte auf dem Absatz kehrt und verschwand im Bad.
    »Du siehst aus wie eine Prinzessin.« Jill hatte die Arme um die Knie geschlungen und schaukelte vergnügt auf ihrem Bett herum.
    »Wohl kaum.« Nell schob sie sanft auf die Kissen und zog ihr die Decke bis zum Kinn. »Versuch nicht, wach zu bleiben.
    Schlaf ein bißchen, und wenn ich mit unserem Picknick komme, wecke ich dich. Eins der Mädchen ist draußen im
    Wohnzimmer.« Sie zerzauste ihrer Tochter liebevoll das Haar.
    »Falls du irgendwelche Monster siehst.«
    »Ich habe es gesehen«, sagte Jill in ernstem Ton.
    »Tja, aber du siehst es
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