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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer
Autoren: Thomas Harris
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erschöpfenden Berichterstattung in den Medien über Jame Gumb hörten die Raspails sich den Rest an. Als die Verwandten den Rechtsanwalt Everett Yow anriefen und drohten, die Bänder bei einer erneuten Anfechtung von Raspails Testament zu verwenden, rief Yow Clarice Starling an. Die Aufnahmen enthielten die letzte Sitzung, in der Lecter Raspail tötete. Wichtiger noch, sie enthüllten, wieviel Raspail Lecter von Jame Gumb erzählt hatte:
    Raspail erzählte Lecter, daß Gumb von Nachtfaltern besessen war, daß er in der Vergangenheit Menschen enthäutet hatte, daß er Klaus umgebracht hatte, daß er einen Job bei der Lederwaren-firma Mr. Hide in Calumet City besaß, aber Geld von einer alten Dame in Belvedere, Ohio, nahm, die Fütterungen für die Mr. Hide AG vornahm. Eines Tages würde Gumb sich alles unter den Nagel reißen, was die alte Dame besaß, prophezeite Raspail.
    »Als Lecter las, daß das erste Opfer aus Belvedere kam und daß es abgehäutet war, wußte er, wer es tat«, erklärte Crawford Starling, als sie sich zusammen das Band anhörten. »Er hätte Ihnen Gumb gegeben und wie ein Genie ausgesehen, wenn Chilton sich nicht eingemischt hätte.«
    »Er machte bei mir eine Andeutung, indem er in die Akte schrieb, daß die Stellen zu willkürlich seien«, sagte Starling. »Und in Memphis fragte er mich, ob ich nähe. Was wollte er passieren lassen?«
    »Er wollte sich amüsieren«, antwortete Crawford. »Er hat sich lange, lange amüsiert.«
    Von Jame Gumb wurde nie eine Aufnahme gefunden, und seine Aktivitäten in den Jahren nach Raspails Tod wurden allmählich anhand von Geschäftskorrespondenz, Gasquittungen, Interviews mit Boutiquenbesitzern nachgewiesen.
    Als Mrs. Lippman auf einem Trip mit Gumb nach Florida starb, erbte er alles - das alte Gebäude mit seinen Wohnquartieren, seiner leeren Ladenfront und seinem weitverzweigten Keller und eine ansehnliche Geldsumme. Er hörte auf, für Mr. Hide zu arbeiten, behielt aber eine Zeitlang ein Apartment in Calumet City bei und verwendete weiter die Geschäftsadresse, um Pakete unter dem Namen John Grant zu erhalten. Er behielt bevorzugte Kunden, reiste weiterhin zu Boutiquen im ganzen Land, wie er das für Mr. Hide getan hatte, und nahm für die maßgeschneiderten Ge-wänder Maß, die er in Belvedere machte. Er benutzte seine Reisen, um Opfer auszukundschaften und sie abzuladen, wenn sie verbraucht waren - der braune Lieferwagen, der stundenlang mit fertigen Lederwaren auf der Interstate entlangbrummte, die hinten an Ständern über dem mit Gummi imprägnierten Sack für die Leichen auf dem Boden schaukelten.
    Er hatte die herrliche Freiheit des Kellers. Raum zum Arbeiten und Raum zum Spielen. Anfangs waren es nur Spiele - junge Frauen durch das schwarze Labyrinth zu jagen, ergötzliche le -
    bende Bilder in abgelegenen Räumen zu kreieren und diese her-metisch zu verschließen, die Türen nur wieder zu öffnen, um ein wenig Kalk hineinzuwerfen.
    Fredrica Bimmel begann Mrs. Lippman im letzten Lebensjahr der alten Dame zu helfen. Fredrica holte Nähsachen bei Mrs.
    Lippman ab, als sie Jame Gumb kennenlernte. Fredrica Bimmel war nicht die erste junge Frau, die er umbrachte, doch sie war die erste, die er wegen ihrer Haut tötete.
    Fredrica Bimmels Briefe an Gumb wurden unter seinen Dingen gefunden.
    Starling konnte die Briefe kaum lesen, wegen der Hoffnung, wegen der schrecklichen Bedürfnisse in ihnen, wegen der Kose-worte für Gumb, die ihre Antworten in sich schlössen: ›Liebster Geheimer Freund in meiner Brust, ich lie be dich! - Ich hätte nie geglaubt, daß ich das je sagen würde, und das allerbeste ist, es zu-rückgesagt zu bekommen.‹
    Wann hatte er sich zu erkennen gegeben? Hatte sie den Keller entdeckt? Wie sah ihr Gesicht aus, als er sich veränderte, wie lange ließ er sie am Leben?
    Das Schlimmste: Fredrica und Gumb waren tatsächliche Freunde bis zum Ende; sie schrieb ihm einen Zettel aus der Grube.
    Die Sensationsblätter änderten Gumbs Spitznamen in ›Mr.
    Hide‹ und fingen, angewidert, weil sie den Namen nicht selbst erfunden hatten, mit der Story praktisch wieder von vorn an.
    Starling, sicher im Herzen von Quantico, mußte sich nicht mit der Presse befassen, doch die Presse befaßte sich mit ihr.
    Von Dr. Fredrick Chilton kaufte der National Tattier die Aufnahmen von Starlings Gespräch mit Dr. Hannibal Lecter. Der Tattier dehnte ihre Unterhaltungen für seine Serie ›Draculas Braut‹ aus und ließ durchblicken, daß Starling als
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