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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib
Autoren: Julius Wolff
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die Deputation an den Pfalzgrafen wurden Florian Gersbacher, Lutz Hebenstreit und Peter Armbruster als Sohn des Bürgermeisters gewählt, und zwei Tage nach dem Besuch auf der Wachtenburg fuhren sie mit dem Briefe des Reichsfreiherrn ab. Da jedoch in dem von Gersbacher gestellten, viersitzigen Fuhrwerk noch ein Platz frei war, nahmen sie zu seiner überschwenglichen Freude den jetzt wie ein Sohn des Hauses mitsamt seinem Patz auf dem Abtshofe wohnenden Schneckenkaschper mit, daß er auch einmal ein Stückchen Welt, in Sonderheit das schöne Heidelberg zu sehen bekäme.

Dreiundzwanzigstes Kapitel.
    Von ihrer Auswanderung aus der Pfalz war zwischen Franz und Trudi nicht mehr die Rede gewesen, seit sie notgedrungen den Entschluß dazu gefaßt hatten. Das war an demselben Tage morgens geschehen, da Kaspar mittags auf dem Abtshofe das Auftauchen Ebendorffers in Wachenheim gemeldet hatte, und vor der gegenwärtigen Sorge, welche Folgen sein Erscheinen für Trudi haben würde, mußten alle auf die Zukunft gerichteten Pläne zurücktreten. Als aber die von der Anwesenheit des Meiers drohende Gefahr nicht allein mit ihm selber verschwunden war, sondern auch mittelbar das tatkräftige Vorgehen der Stadtgemeinde gegen jede Freiheitsbeschränkung in Trudis Dasein zuwege gebracht hatte, dachten die Liebenden nicht mehr daran, das schöne Pfälzerland fluchtartig zu verlassen. Lebten sie doch jetzt der frohen Hoffnung, daß ihnen durch die angerufene Gnade des Pfalzgrafen das Verbleiben hier ungekränkt gestattet und zugleich das einzige ihrer ehelichen Verbindung entgegenstehende Hindernis beseitigt werden würde.
    Die Zeit des Wartens auf die Rückkehr der nach Heidelberg Entsandten kürzte Franz der Geliebten durch häufige Besuche, bei denen er sie seiner unbegrenzten Siegesgewißheit teilhaftig zu machen nicht müde wurde. Sie hing mit unverwandten Augen an seinen redseligen Lippen, als wollte sie in sein Innerstes schauen, ob er von der Erfüllung ihres und seines sehnlichsten Wunsches wirklich so fest überzeugt wäre wie er vorgab. In wechselnder, bald gehobener, bald bedrückter Stimmung lauschte sie seinen treuherzigen Versicherungen, sie mit einem träumerischen Lächeln oder einem schwermütigen Seufzer begleitend. Denn sie, die in früherer Zeit soviel Bitternis und Leid zu ertragen und in jüngster Zeit soviel Schrecken und Angst auszustehen gehabt hatte, wagte noch nicht, nun auf einmal an ein so großes Glück zu glauben, das ihr jetzt nicht mehr in nebelhafter Ferne aufdämmerte, sondern schon aus greifbarer Nähe winkte.
    Als aber der dritte und auch der vierte Tag nach der Abfahrt der Deputation verging, ohne sie zurückzubringen, sank Trudis Hoffnung tiefer und tiefer, und auch Franzens Zuversicht geriet in ein so bedenkliches Schwanken, daß er seine wachsende Befürchtung kaum noch verhehlen konnte.
    Endlich gegen Abend des fünften Tages kam Kaspar spornstreichs angetrabt und wurde von Patz mit einem so unbändigen Freudengebell begrüßt, daß die Insassen des Abtshofes sofort an der Haustür erschienen. »Wir sind wieder da!« rief er atemlos aus, »und die andern lassen euch sagen, allem Anschein nach hätten sie ihren Zweck erreicht, aber genaues wüßten sie nicht.«
    »Wo sind sie denn?« fragten Madlen und die Mädchen wie aus einem Munde.
    »Sie sind gleich um die Stadt herum bis an den Burgberg gefahren, um Peter da abzusetzen, der dem Freiherrn ein Schreiben des Pfalzgrafen übergeben soll. Ich bin am Tor ausgestiegen und so schnell ich konnte hergelaufen.«
    »Da müssen wir uns also gedulden, bis sich Peter von der Wachtenburg einfindet,« sprach der Bürgermeister. »Vielleicht läßt uns Dieter durch ihn die Entscheidung des Pfalzgrafen mitteilen.«
    Kaspar flüsterte Ammerie zu: »Ich habe schrecklichen Hunger; wir haben uns unterwegs nicht Zeit genommen, was Ordentliches zu essen.«
    »O mein liebes Käschperle, komm' mit in die Speisekammer, ich will dich füttern,« erwiderte Ammerie, faßte den hoch aufgeschossenen Jungen am Arme und zog ihn mit sich fort.
    Madlen und Trudi saßen etwas beklommen da und schwiegen, während Christoph im Zimmer rastlos auf und ab schritt.
    Nach einer Weile hub Madlen an: »Allem Anschein nach hätten sie ihren Zweck erreicht, lautete die Bestellung. Das klingt doch eigentlich günstig.«
    Christoph zuckte die Achseln und sagte: »Ja, ja, aber der Schein trügt, und was man wünscht, das glaubt man auch gern.«
    »Der Pfalzgraf hätte ihnen doch seinen
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