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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto
Autoren: Horace Walpole
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Isabellens Herzen? Ihre Hoheit können was Sie wollen, antwortete Bianca. Sicher und gewiß. Aber können Ihre Hoheit auch schweigen? wenn mich Ihre Hoheit je verriethen. – Das werd' ich nicht, sprach Manfred. – Ja, wenn ich verlangen dürfte, daß mirs Ihre Hoheit zuschwüren. Heilige Mutter! wenn man jemals dahinterkäme, ich habe so etwas gesagt. Nun, Wahrheit bleibt Wahrheit! Ich glaube nicht, daß Fräulein Isabelle jemals den gnädigen Junker, Ihrer Hoheit Herrn Sohn, von Herzen lieb gehabt hat. Es war doch so ein hübscher, junger Herr. Gewiß und wahrhaftig! wär' ich eine Prinzessin – aber Gott sey mir gnädig! ich muß Fräulein Matilden aufwarten, sie wird sich wundern, was aus mir geworden ist. – Halt! rief Manfred, du hast meiner Frage nicht genug gethan. Hast du je eine Bestellung ausgerichtet? Briefe getragen? – Ach! du lieber Himmel! rief Bianca. Ich solte Briefe tragen? Das wollt' ich nicht, wenn ich eine Königin werden könnte. Ich bin arm, aber ich hoffe, Ihre Hoheit halten mich für ehrlich! Haben Ihre Hoheit nicht gehört, was mir Graf Marsigli bieten ließ, als er um Fräulein Matilden anhielt? Ich habe keine Zeit, deine Historien anzuhören, sprach Manfred. Ich zweifle an deiner Ehrlichkeit nicht. Aber eben um der Ehrlichkeit willen, bist du verpflichtet, mir nichts zu verhehlen. Wie lange ist Isabelle mit Theodoren bekannt? Ihre Hoheit wissen auch alles! rief Bianca. Nur ich weiß leider ganz und gar nichts. Theodor ist freylich ein wackrer junger Mann, und, wie Fräulein Matilde sagt, das wahre Ebenbild Alfonso des Guten. Haben's Ihre Hoheit auch bemerkt? – Ja, ja – nein – Quäle mich nicht, sprach Manfred. Wo hat sie ihn gesehn? und wann? – Wer? Fräulein Matilde? fragte Bianca. Nein, nein, nicht Matilde, Isabelle. Wann hat Isabelle Theodoren zuerst kennen lernen? Heilige Mutter! antwortete Bianca, wie soll ich das wissen? Du weißt es, erwiederte Manfred, und ich will, ich muß es wissen. – Gott bewahre! Ihre Hoheit ist doch nicht eifersüchtig auf den jungen Theodor? fragte Bianca. – Eifersüchtig? warum solte ich eifersüchtig seyn? Nein, nein, vielleicht geb' ich sie zusammen, wenn Isabelle nichts dawider hat. – Dawider? Nein, dafür steh' ich, sagte Bianca. Es ist ein so hübscher Junge, als jemals einen christlichen Boden betreten hat. Wir mögen ihn alle gern leiden. Es ist keine Seele von uns in der Burg, die ihn nicht gern zu unserm Fürsten hätte, – ich meine, wenn es dem Himmel gefallen solte, Ihre Hoheit abzufordern. – In der That? sprach Manfred, geht das so weit? Der verfluchte Pfaff! Ich darf keine Zeit verlieren. Geh, Bianca, bediene Isabellen: aber ich befehle dir, kein Wort von dem zu verrathen, was unter uns vorgefallen ist. Such ein wenig auszuspähen, wie sie gegen Theodor gesinnt ist. Bring mir gute Neuigkeiten, und wo der Ring war, sind mehr. Erwarte mich am Fuß der Windeltreppe. Ich gehe jetzt, den Markgrafen zu besuchen: wenn ich wiederkomme, reden wir weiter.
    Nach einigen allgemeinen Gesprächen ersuchte Manfred Friedrichen, die beyden Ritter aus seiner Gesellschaft zu entlassen, weil er über dringende Geschäfte mit ihm zu reden habe. Sobald sie allein waren, begann er auf eine schlaue Weise den Markgrafen über Matilden auszuforschen. Da er ihn nach seinem Wunsche gestimmt fand, ließ er einige Winke fallen, wie schwer es halten würde, die Heyrath zu vollziehn, bis – Indem stürzte Bianca ins Zimmer mit so wilden Blicken und Gebehrden, daß sie den höchsten Grad des Schreckens verriethen. O! gnädiger Herr! gnädiger Herr! rief sie; wir sind alle verlohren! Er ist wieder da! er ist wieder da! Wer ist wieder da? fragte Manfred Erstaunens voll. O der Riese! seine Faust! sein Handschuh! Gott steh mir bey! Ich verliere noch den Verstand darüber! rief Bianca. In der Burg bleib ich keine Nacht länger. Wo soll ich hin? Meine Sachen können morgen nachgeschickt werden! Wär' ich nur Francesco's Frau! Das kommt davon, wenn man zu hochmüthig ist! Was hat dich so erschreckt, armes Mädchen? sagte der Markgraf. Hier bist du sicher: fürchte nichts. O! Ihre Hoheit sind aus der Maaßen gütig, antwortete Bianca, aber ich wage nicht, – Ich bitte, lassen Sie mich gehn. Ich will lieber nackend in die Welt hinaus, als eine Stunde länger unter diesem Dach bleiben. Du bist nicht gescheut, sprach Manfred. Unterbrich uns nicht, wir sprechen hier von wichtigen Dingen. Mein Fürst, dies Mädchen hat hysterische Zufälle. Geh hinaus, Bianca. –
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