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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
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unterstützt von Olga, die dem Verwalter so offenkundig auszuweichen bestrebt
schien, daß es Doktor Thein auffallen mußte und mit nicht geringer Freude und Hoffnung erfüllte. Willig
unterstellte er sich dem Kommando beider Damen.
    Fräulein Senta hatte sich bislang arg gelangweilt und über fade Familiensimpelei gespottet, sie taute erst auf,
als sie merkte, daß an der Tafel ihr der Platz neben dem Schloßherrn angewiesen war. Theo leitete die zum
Servieren beordneten Brauburschen, gab es doch heute Mama zu Ehren wahrhaftigen »Bock«, eigens gebraut für
den Geburtstag, und auf diesen Trank freute sich ganz Ried, zumal dieser Trunk auch noch kostenfrei verzapft wurde.
    Mit Luchsaugen hatte der Verwalter Wurm die Zettel, welche die Sitzfolge ordneten, gelesen und seinen Namen richtig
gefunden, doch war Olga nicht seine Tischnachbarin, er kam neben den Amtsrichter zu sitzen. Eine lästige Nachbarschaft,
die nicht geeignet war, seine ohnehin üble Laune zu bessern. Wurm kam von den Gedanken nicht los, daß
Fräulein von Zankstein intrigiere, den Kampf gegen ihn aufnehmen wolle. So fein Wurm seine Pläne gesponnen, auf die
Gegnerschaft dieser resoluten Dame hatte er nicht gerechnet; es war aber die Feindschaft der Zanksteinerin
möglicherweise gefährlicher denn jede andre.
    Programmgemäß wurde die Musikkapelle zuerst gespeist, damit sie die Tafelmusik besorgen konnte. Und Mama
Tristner, der die Speisen zerkleinert werden mußten, löffelte im Stübchen das Wenige, was ihr die freudige
Erregung zu essen erlaubte, unter Beihilfe der Tochter.
    Der Festtafel, an der auch alle Gratulanten und Kunden der Schloßbrauerei teilnahmen, mußte Frau Tristner
präsidieren, so gut und schlecht dies der blinden Dame eben möglich war. Unterstützt wurde sie dabei von Dikte
und Olga.
    An Stelle Wurms, der sich wegen Unpäßlichkeit entschuldigte, sollte der Braumeister Haferditzel den Trinkspruch
auf Frau Helene Tristner ausbringen. Diese Zumutung brachte den bärenstarken Menschen vorzeitig zum Schwitzen, die
Nähe der mutwillig kokettierenden Senta tat das ihrige, um Haferditzel um den Rest seines Verstandes zu bringen. Man hat
noch nicht erlebt, daß ein Braumeister ein Redner ist; was Haferditzel auch vorbrachte, wirkte geradezu
zwerchfellerschütternd auf die Gäste an der Herrschaftstafel. Mit fetter Stimme hub er an: »Frau
Schloßbräuerin und ös Weibets und Mannerleut, hört's zu! Versammelt sein wir, und einen sakrischen
süffigen ›Bock‹ haben wir auch, das Essen wird nicht schlecht sein, weil man im Schloß Ried allweil
gut kocht! Später gibt's auch etliche gute Tröpferln Wein zum geöhrten Geburtstag von unsrer lieben guten Frau
Schloßbräuerin! Das Reden ist meine Sach nicht, ist a Dummheit von die andren, daß sie mich dazu bestimmt
haben, ich kann's nicht derpacken, lieber lupf ich alleinig a Mutterfaß und trink einen Hektobanzen auf einem Sitz aus.
Auch scheniert mich, daß soviel und nudelsaubere Weiberleut, etwas z' dünn für mich freilich, da sein und
mich so dreckig anlachen, mit Verlaub. Mit meiner Rederei kommt nichts Gescheites heraus, das merk ich bereits selber, also
lebe hoch die Frau Schloßbräuerin, vivat hoch, hoch, hoch soll sie leben, dreimal hoch und die Herren Kinder
daneben!«
    Die Tafelgäste lachten aus vollem Halse und vermochten kaum in die Hochrufe einzustimmen.
    »Haferditzel soll zu mir kommen!« rief Frau Helene.
    Der Bär war eben von Senta in Beschlag genommen worden, die mit ihm übermütig »Schmollis«
trinken wollte, er rief daher: »Gleich, Bräuerin, muß grad noch dem Dirndlfräulein Bscheid trinken, hat
soviel Durst, die kleine Dingin!«
    Das homerische Gelächter veranlaßte Senta, auf weitere Attacken gegen den tappigen Bären schleunigst zu
verzichten.
    Mit wuchtigen Schritten trollte Haferditzel zur Gebieterin, die ihm für seine gut gemeinte Ansprache herzlich
dankte.
    »Ist gern g'schehen, Bräuerin, die kleine Dingin hat aber den Teufel im Leib, das darfst mir glauben,
Schloßbräuerin: Tu sie bald weiter, sonst setzt es was ab!«
    Thein und Dikte wechselten bedeutungsvolle Blicke, Theo senkte betroffen den Kopf, Wurm musterte mit besonders scharfen
Blicken die jungen Herrschaften. Der Naturmensch Haferditzel hat ein wahres Wort gesprochen, das empfand man deutlich.
    Im Saal erschien nun festlichgekleidet, mit weißblauer Schärpe umgürtet, Schulmeisters Töchterlein,
das »Braten-Verslein« zum Geburtstagsfeste aufzusagen.
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