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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
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Einzelheiten müßten aber Geheimnis
bleiben.
    Frau Tristner wollte der Kosten wegen ablehnen, doch Dikte erklärte bestimmt, daß sie sich nichts dreinreden
lasse und ihr Arrangement aus eigener Tasche bezahlen werde. Fräulein von Zankstein lehnte denn auch Wurms Anerbietungen
ab und nahm nur Theos Beihilfe an.
    Am Abend vor dem Fest kam Doktor Thein zur Gratulation ins Schloß und erhielt von Olga seine Zimmer angewiesen. Von
einer venezianischen Nacht und Fackelzug war Abstand genommen, der Abend verlief still, ohne Festlichkeit, ohne
Blumenspenden.
    Den Frühgruß blies zur Überraschung Mamas eine Militärkapelle, und ein Morgenkonzert reihte sich dem
Weckgruß an. In treuer Anhänglichkeit war die gesamte Rieder Bevölkerung erschienen, jung und alt
drängte heran, und auf Ersuchen Diktens mußte der Verwalter Wurm Ordnerdienste leisten, die Leute gruppieren und
auffordern, auf ein zu gebendes Zeichen in das Hoch auf Frau Helene Tristner einzustimmen.
    Vor dem Schlosse saß auf einem Stuhl des eigens aufgeschlagenen Podiums Frau Tristner, umgeben von ihren Kindern;
Fräulein Senta und der Verwalter Wurm standen hart am Podium, an dessen einer Ecke nun Amtsrichter Doktor Thein mit der
Festrede begann.
    Flink begab sich Benedikte in richtige Entfernung von der Gruppe, ließ sich von der Kammerzofe den Fotoapparat
reichen, stellte ein, und knipps, eine Aufnahme der Herrschaften war gemacht.
    Unruhig stand Wurm, der einen Widerwillen gegen Amateuraufnahmen zu haben schien. Auch Fräulein Senta zeigte sich
nicht eben entzückt, und als Benedikte ein drittes Mal eingestellt hatte, streckte die boshafte Florentinerin die Zunge
heraus.
    Knipps, die dritte Platte ist versorgt.
    Doktor Thein schloß eben seine Rede, und jubelnd stimmte die Bevölkerung und die unter Haferditzels
Führung stehende Brauburschenarmee in das Hoch auf Frau Helene Tristner ein. Die Kapelle schmetterte einen brausenden
dreimaligen Tusch, dann begab sich alles hübsch paarweise zur weinenden Frau, die Glückwünsche darzubringen
unter Handkuß und Händedruck.
    Benedikte trug, unbemerkt im Durcheinander, den Fotoapparat und die Platten persönlich durch den Hof auf die
Straße hinaus, wo ihr Wagen wartete. Dem alten Kutscher wurde prompte Beförderung der Platten auf die Seele
gebunden. Nun jagte das Zanksteiner Gefährt im sausenden Galopp nach Landsberg zum Entwickeln.
    Die Gratulation der Rieder war beendet, da meldete die zum Podium zurückgekehrte, befriedigt lächelnde
Benedikte, daß sämtliche Wirte und Kunden der Schloßbrauerei Ried ihre Aufwartung machen, ihre herzlichen
Glückwünsche aussprechen möchten.
    Das war für Frau Helene die größte Freude, sie lachte unter Tränen der Rührung, als die
markanten Gebirglergestalten ihr die Hand reichten und nach guter alter Sitte sprachen: »I mach halt mei Gratulation,
Schloßbräuerin!«
    Ja, das mußte die alte Frau rühren, dieser alte Brauch und das altgewohnte Wort:
»Schloßbräuerin«. So war Frau Helene jahrzehntelang genannt worden, der alte Titel in seiner
Einfachheit weckte köstliche Erinnerungen an schöne alte Zeiten, da der Gatte noch lebte, und patriarchalische
Sitten und Gebräuche herrschten in der Herrschaft, in der Brauerei und im Verkehr mit den Kunden.
    Tief bewegt dankte Frau Helene, die der Stimme nach die alten Kunden genau erkannte, jeden einzelnen Gratulanten fragte,
wie es erginge, ob die Leute zufrieden seien mit dem Rieder Bier und dergleichen mehr. Jedes Wort freute die
Schloßbräuerin, die schließlich Theo zu sich rief und ihm herzlichst für diese Überraschung der
Kundengratulation danken wollte.
    »Nicht doch, Mama! Diese nette Überraschung ist nicht mein Werk, ich wäre auf den hübschen Gedanken
gar nicht gekommen.«
    »So? Vielleicht der Herr Verwalter?«
    Wurm lächelte höhnisch und blickte unsagbar blasiert in die Luft.
    »Nein, nein!« rief Theo, »das ist Benediktens Werk! Fräulein von Zankstein hat diese
Gratulationscour arrangiert, die Wirte und Kunden eingeladen!«
    »Dikte, Herzensfreundin, ich muß dich Tochter nennen, komm, nimm meinen innigsten Dank und laß dich
küssen! O Gott, welch große Freude hast du mir bereitet!«
    Senta schnitt Grimassen, als Benedikte ohne Ziererei Frau Tristner umarmte und vor allen Leuten herzhaft
küßte.
    Die Feier wurde mit Gesang der Schulkinder beendigt, nun konnten die Tafelfreuden beginnen. Benedikte leitete an Stelle
der blinden Jubilarin die Herrschaftstafel,
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