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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
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Das Kinderstimmchen zirpte vor Frau Helene:
     
»Alles Glück des Lebens, Heil und Wohne
Wünschet heut für Sie mein dankbar Herz;
Jede Abend, jene Morgensonne
Bringe Ihnen Freude, Lust und Scherz.
Keine Krankheit, keine Lebensplage
Trübe jemals Ihre Tapferkeit . . .«
     
    »Oha!« rief Haferditzel, »stimmt nicht!«
    Die Gäste schüttelten sich vor Lachen über den Lapsus der Gratulantin wie über den drolligen
Zwischenruf des Braumeisters.
    Das kleine Mädchen blickte hilflos und verlegen auf die lachenden Gäste.
    Olga erbarmte sich des Kindes und ermunterte die Kleine, den zweiten Vers zu wiederholen.
    Zaghaft schnatterte Kleinmäulchen:
     
»Keine Krankheit, keine Lebensplage
Trübe jemals Ihre – Heiterkeit;
Ihre vielen künft'gen Tage
Sei'n voll Wonne und Zufriedenheit!«
     
    Gerührt dankte Frau Tristner der kleinen Gratulantin und fragte, was sich das Kind wünsche.
    »Einen großen Zwetschkenkrampus möcht ich!«
    Lächelnd meinte die Jubilarin: »Den kann ich dir allerdings nicht geben, weil ich einen Zwetschkenteufel nicht
besitze, aber meine Tochter wird dich nach der Tafel zum Lebzelter führen, und dort kannst du dir nach Herzenslust
wählen!«
    »Ich dank', Frau Schloßbräuerin! Können wir aber nicht gleich zum Lebzelter gehen?«
    Ein Diener überbrachte Fräulein von Zankstein einen Brief, den Benedikte hastig öffnete und las, um das
Schreiben dann sogleich in der Tasche ihres Kleides verschwinden zu lassen. Dem Amtsrichter flüsterte Dikte zu:
»All right!«
    Die auf dem Lande bei solchen Anlässen unvermeidlichen Ehrungen mußte Frau Tristner geduldig über sich
ergehen lassen, immer wieder danken und auch die Geschenke ihrer »Untertanen« entgegennehmen, bis endlich die
späte Abendstunde ein Zurückziehen in die stille Witwenstube ermöglichte.
    Doktor Thein hatte sich schon früher verabschiedet und war nach Landsberg heimgefahren.
    Benedikte wollte nach Zankstein zurück, blieb aber auf inniges Bitten im Schlosse und nächtigte in Olgas Zimmer,
da diese herzlich darum gebeten hatte. Dennoch kam es nicht zu der von Dikten erwarteten Aussprache, Olga gestand nur, von
einer unbeschreiblichen Angst erfüllt zu sein, die ihr die Anwesenheit Benediktens hocherwünscht erscheinen
lasse.
    Senta blieb sehr lange aus und schien auf das Geleite Theos zu warten, doch der Schloß- und Brauherr war von den
Kunden stark in Anspruch genommen und zog sich, als die Gäste weggefahren waren, in sein Zimmer zurück. Ihm hatte
Haferditzels Ausspruch über die »Kleine Dingin« Senta doch mehr zugesetzt als alle eigenen Gedanken
über das tolle Verhältnis. Wirksamer als die Reue war erwachte Scham, Theo schämte sich des Spieles und begann
die Reinigung seines Elternhauses zu ersehnen. Der Himmel aber mochte wissen, wie diese betätigt werden konnte, Theo
wußte es nicht.
    Drei ruhige Werktage folgten dem Festtrubel, alles ging der gewohnten Arbeit nach. Wurm erledigte nur flüchtig seine
dienstlichen Obliegenheiten, unterließ die gewohnten Rapporte und spähte unablässig nach Olga aus, die sich
aber nur in Gesellschaft Benediktens blicken und sprechen ließ. Fräulein Camacero langweilte sich, verbrachte die
meiste Zeit auf dem Diwan liegend und schickte mehrmals schlechtgekritzelte Episteln an Theo, ihn um seinen Besuch bittend.
Tristner kam aber nicht und fand sich nur zu den Mahlzeiten im Speisezimmer ein, blieb wortkarg und ging stets vor dem
Nachtisch weg.
    Am vierten Tage forderte Senta aber direkt und persönlich eine Audienz, und Theo konnte diese, da Olga und Benedikte
Zeugen der Aufforderung waren, nicht verweigern. Es geleitete Theo Fräulein Camacero höflich in den Salon des
Parterregeschosses und harrte der Strafpredigt.
    Auch der Verwalter Wurm ließ Fräulein Olga um eine kurze Besprechung bitten, erhielt aber abschlägigen
Bescheid. Aufgebracht, ja wütend, alle Etikette ignorierend, kam Wurm in das Musikzimmer, wo sich Olga mit Benedikte
eben befand, und rief heiseren Tones in wilder Erregung: »Ich muß Sie sprechen, Fräulein Olga, ich muß
heute endgültigen Bescheid haben.«
    Ruhig, doch bestimmt antwortete für Olga Fräulein von Zankstein: »Gewünschten Bescheid dürften
Sie heute erhalten!«
    Wurm wich betroffen zurück und rief: »Wie? Sie wissen?«
    »Geduld, Herr Verwalter! Heute, spätestens morgen wird die Situation für alle geklärt werden! Jetzt
aber befreien Sie uns von Ihrer nicht gewünschten Gegenwart!«
    Mit einem halberstickten Fluch
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