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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
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Camacero heißt? Na, ich hätte es früher auch nicht gewußt
und bin erst durch die Zuschrift der Münchner Polizeidirektion aufgeklärt worden. Die hauptstädtische
Behörde hat auf Grund des von mir eingeschickten Festgruppenbildes in Fräulein Senta Camacero eine wegen Diebstahls
und sonstiger tugendreicher Dinge gesuchte Sängerin mit dem klangvollen Namen Ursula Kasbeizer erkannt. Dieser Dame
werden wir jetzt einen amtlichen Besuch abstatten und Quartier im Gerichtsgefängnis anweisen!«
    Theo glaubte versinken zu müssen, er bedauerte in diesem Augenblick die gediegene Festigkeit des Parkettbodens im
Kontor. Ächzend stotterte er: »Ursula Kasbeizer – gräßlich! Oh, welch ein Schaf war
ich!«
    »Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!« meinte lächelnd der freundliche Richter und
fügte bei: »Na, Kopf hoch, Herr Tristner! Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar und mitunter von
größerer Leichtgläubigkeit und Liebestollheit wie Sie! Die Ursula ist verdammt hübsch, könnte auch
ganz anderen Männern in reiferen Jahren den Kopf verdrehen und Goldstücke entlocken. Hoffentlich war Ihre Beziehung
nur ein Flirt! Wollen Sie mich begleiten und der Verhaftung beiwohnen?«
    »Ich bitte um Dispens! Übrigens, glaube ich, daß Fräulein Senta das Schloß bereits ohne
Abschied verlassen haben wird!«
    »Das würde ich lebhaft bedauern! Haben Sie von Vorbereitungen zu plötzlicher Abreise etwas
gemerkt?«
    »Ich befand mich mit den Damen im Salon; Fräulein von Zankstein wollte Senta zum Bleiben veranlassen, doch die
Camacero flüchtete ganz plötzlich, und im selben Augenblick wurde ich zu Ihnen gerufen.«
    »Dann wird der Vogel wohl bereits entwischt sein!« rief Doktor Thein und bat, ihn zu den Zimmern der Kasbeizer
zu führen.
    Nun Theo die kompromittierende Freundin geflüchtet glaubte, konnte er sich zum Führer anbieten. Beide Herren
begaben sich in das zweite Stockwerk und fanden die Zimmer Senta-Ursulas leer. Weitere Nachforschungen Doktor Theins ergaben,
daß die Dame ohne Hut ein zufällig nach Ried fahrendes Fuhrwerk zum Umkehren gen Landsberg veranlaßt
hatte.
    Der Amtsrichter ließ sofort Verhaftungsbefehle an die Gendarmerie nach Landsberg depeschieren, verständigte die
Bahnstation telegraphisch und sandte eine weitere Depesche nach München behufs Empfangnahme des Fräuleins bei ihrer
Ankunft in der Hauptstadt.
    Ins Schloß zurückgekehrt, fand Doktor Thein Fräulein Benedikte in reger Unterhaltung mit Theo, und diskret
zog er sich in das Musikzimmer zurück, wo er Olga antraf, die ihm demütig und gesenkten Blickes entgegen ging und
mit bebender Stimme sprach: »Sie haben mich aus Not und Elend gerettet! Ich möchte Ihnen aus tiefstem
Herzensgrunde danken, vermag aber nicht die rechten Worte zu finden! O Gott, was müssen Sie von mir denken?«
    »Keinen Dank, liebes Fräulein Tristner. Ich habe ja nur meine Pflicht als Beamter erfüllt! Was ich von
Ihnen denke, will ich Ihnen offen sagen: Sie waren leichtgläubig und haben sich umgarnen lassen. Diesen Fehler haben Sie
überreichlich gebüßt die letzten Wochen hindurch, Qual wahrlich genug ausgestanden! Es ist alles
gesühnt, danken wir Gott, daß der zweite Gauner noch rechtzeitig abgefangen werden konnte. Wir wollen über
das Vergangene kein Wort weiter verlieren, blicken wir hoffnungsvoll in die Zukunft! Es würde mich freuen, wenn auch
Sie, liebes Fräulein Olga, mich als Freund anerkennen wollten!«
    Beklommen erwiderte Olga: »Müssen Sie sich denn nicht meiner schämen?«
    »Wüßte nicht warum! Ich würde mich glücklich schätzen, wenn Sie sich entschließen
könnten, eines strohtrocknen Amtsrichters geliebte Gemahlin zu werden! Herrgott, nun ist's geschehen, ich habe Ihnen
meine Liebe im Dienst erklärt! O Gott, was werden nun Sie von mir denken?«
    Erglühend, glückstrahlend rief Olga: »Welch lieber, herzensguter Mann sind Sie, mein Retter!«
    »Hol der Geier das Gerichtsverfassungsgesetz und die ganze Strafprozeßordnung, ich werbe mitten im Dienst!
Olga, wollen Sie meine Frau werden!«
    Olga Tristner vermochte im Übermaß des Glückes und der Erlösung aus Qual und Sorge nur zu nicken.
    Flink nahm Doktor Thein, diesmal keineswegs strohtrocken, das Mädchen in seine Arme und küßte seine Braut
herzhaft, tüchtig, immer wieder.
    Im Empfangssalon wurde Theo von Benedikten gehörig der Text gelesen, sein Sündenregister aufgerollt, soweit
Fräulein von Zankstein davon Kenntnis haben
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