Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DAS SCHLOSS

DAS SCHLOSS

Titel: DAS SCHLOSS
Autoren: Tim Svart
Vom Netzwerk:
ich es seltsam finden?“
    „Weil Bier trinkende Frauen eine Minderheit darstellen?“ Sie sah ihn an, während sie den gestreiften Strohhalm ihres Cocktails zwischen Daumen und Zeigefinger drehte.
    „Sie haben eben Geschmack. Darf ich Ihnen eins bestellen?“
    „Nein, vielen Dank. Aber das ist wirklich nicht nötig.“ Sie beugte sich über den Strohhalm und saugte kräftig daran. Kid beobachtete, wie die blutrote Flüssigkeit das Innere des Strohhalms hinaufwanderte und zwischen ihren Lippen verschwand.
    Etwas zu schmal , dachte er. Ihre Lippen sind etwas zu schmal. Und ihre Augen stehen eine Nuance zu dicht nebeneinander. Sie sieht gut aus, aber aus der Nähe betrachtet, ist sie keine perfekte Schönheit. Auf einer Skala von Eins bis Zehn vielleicht eine Sieben. Höchstens eine Acht.
    Nicht schlecht für den Anfang. Der Abend war schließlich noch jung.
    Sie setzte den Strohhalm ab und wischte einen Tropfen des roten Getränks aus ihrem Mundwinkel.
    „Außerdem wäre es dem edlen Spender gegenüber äußerst unhöflich, seinen Drink zu verschmähen und stattdessen ein Bier zu trinken. Was würden Sie sagen, wenn Sie mir einen Drink spendiert hätten und ich würde Ihnen gestehen, dass ich ihn nicht mag?“
    „Was glauben Sie, was ich denken würde?“
    „Wären Sie gekränkt?“
    „Nein.“ Kid schob eine kurze Pause ein. „Vielleicht ein bisschen beleidigt.“
    Sie lächelte, warf den Kopf nach hinten und löste mit einer geschmeidigen Handbewegung das Gummi aus ihren Haaren. Sie schüttelte die rotblonde Mähne und streifte das Gummiband über ihr Handgelenk.
    „Ich heiße übrigens Sandy. Das heißt, eigentlich Sandra, aber das mag irgendwie niemand sagen. Seit dem Kindergarten bin ich für alle nur Sandy.“
    „Was ist dir lieber? Sandy oder Sandra?“
    „Früher habe ich Sandy gehasst, aber irgendwann hatte ich mich dran gewöhnt. Und mittlerweile kommt es mir sogar komisch vor, wenn mich jemand Sandra nennt. Eigentlich machen das nur meine Eltern. Und die eigentlich auch nur, wenn sie was zu motzen haben. Wie heißt du?“
    „Kid. Ich bin Kid. Freut mich, dich kennen zu lernen.“ Er streckte ihr seine Hand hin, aber sie ignorierte die Geste und griff stattdessen zu ihrem Cocktail.
    „Kid? Etwa so wie der…“
    „Wie der Musiker. Genau.“
    „Sorry, wahrscheinlich kannst du diesen Spruch auch schon nicht mehr hören. Manchmal sollte ich eine Sekunde nachdenken, bevor ich losplappere.“
    „Nein, kein Problem.“
    „Wirklich?“
    „Ja, alles cool.“ Kid trank einen Schluck. Dann winkte er dem Barkeeper mit seiner leeren Bierflasche zu und signalisierte ihm mit zwei Fingern seine neue Bestellung.
    „Was hat dich eigentlich in diesen Dorftreff verschlagen?“
    „Du meinst, wegen meinem Rucksack?“
    „Ja. Normalerweise verirren sich hier kaum Fremde hin und wenn, dann nicht mit ihrer kompletten Wanderausrüstung.“
    „Das war ehrlich gesagt auch eher eine Notlösung.“
    „Aber immerhin hast du gleich eine nette Bekanntschaft gemacht.“
    „Eingebildet bist du wohl gar nicht, oder?“ Sie lachte und Kid sah einen aufgeklebten Brillianten auf einem ihrer Eckzähne.
    „Ich meinte eigentlich nicht mich, sondern ihn.“ Er deutete mit den Augen in Richtung des Barkeepers.
    „Wie kommst du denn darauf?“
    „Na, immerhin hast du ihm einen Liebesbrief geschrieben, nachdem er dir den Drink gebracht hat.“
    „Einen Liebesbrief, den er gleich wieder weggeworfen hat. Nachdem er mir den Drink gebracht hat, den ich nicht mochte. Kein wirklich guter Start, wenn du mich fragst.“
    „Richtig. Den Drink, den du nicht mochtest.“
    „Und den ich nicht bestellt habe.“
    „Logisch. Warum solltest du auch? Du magst ihn ja nicht einmal.“
    „Eben. Und, was sagt uns das?“
    „Ich weiß nicht. Sag du es mir.“
    „Vielleicht, dass ich ihm nicht meine Telefonnummer gegeben habe?“
    „Hast du nicht?“
    „Hab ich nicht.“
    „Was denn dann?“
    „Ein kleines Geheimnis zwischen ihm und mir.“ Sie lächelte verheißungsvoll.
    Der Barkeeper kam zu ihnen und stellte zwei Bierflaschen auf den Tresen. Sandy winkte ihn zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte wortlos, räumte das noch dreiviertel volle Cocktailglas ab und schüttete den Inhalt in das Spülbecken hinter der Theke.
    „Ich glaube, den hast du endgültig vergrault.“ Die Musik war inzwischen so laut aufgedreht geworden, dass Kid Sandy regelrecht ins Ohr brüllen musste, damit sie verstehen konnte, was er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher