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DAS SCHLOSS

DAS SCHLOSS

Titel: DAS SCHLOSS
Autoren: Tim Svart
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wunderte sich noch über die seltsame Ansammlung, als sie die Nadeln entdeckte.
    Da die Stecknadeln nicht über die sonst typischen, kugelförmigen Köpfe verfügten, waren sie Jessica nicht gleich aufgefallen. Aber nun, da sie sie erst einmal entdeckt hatte, konnte sie gar nicht mehr anders, als sie unentwegt anzustarren.
    Jemand hatte jedem einzelnen Tier eine Nadel durch die Körpermitte gebohrt und es damit auf den Waldboden gespießt.
    Jemand hatte… Der Gedanke versetzte ihr einen Schock.
    Wer um Himmels Willen sollte so etwas tun? Und warum? Angewidert von so viel Grausamkeit wollte sie aufstehen und sich so schnell wie möglich aus dem Staub machen.
    Mit einem Mal war ihr dieser vertraute Ort verdammt unheimlich geworden. Was, wenn derjenige, der die Tiere hier platziert hatte, sich noch in der Nähe befand?
    Nein, sie wollte einem solchen Menschen auf keinen Fall begegnen.
    Schon gar nicht alleine im Wald.
    Sie wollte gerade aufstehen, als ihr Blick auf den Briefumschlag fiel: Er lag unter Laub und kleineren Ästen versteckt, genau im Zentrum des Herzens. Sie zog ihn unter den Blättern hervor und betrachtete ihn. Das rosafarbene Papier war nicht beschriftet, aber die Rückseite zeigte die eingestanzten Umrisse eines Schmetterlings.
    Mit zitternden Fingern öffnete sie den nicht zugeklebten Umschlag, zog eine ebenfalls in Rosa gehaltene Karte heraus und begann zu lesen:
     
    „Schmetterlinge sind wunderschöne, zarte Geschöpfe. Ihre zerbrechlichen Flügel tragen sie mit ungeheurer Leichtigkeit von einem Ort zum anderen. Und doch sind es sprunghafte, unruhige Geister, die es nie lange an einem Ort aushalten.
    Mit Begeisterung schauen wir sie an, ohne dass es uns jemals gestattet wäre, sie zu berühren. Sie wissen um ihre Schönheit und zeigen sich gerne in den schillerndsten Farben. Sie lieben es, unsere Begierde zu wecken. Aber sie wissen auch um ihre Zerbrechlichkeit, sind eitel und fliegen jedem davon, der den Versuch wagt, sich ihnen zu nähern. Möchte man sie berühren, oder auch nur in Ruhe betrachten, muss man sie daran hindern, davonzufliegen. Notfalls mit Gewalt.
    Verstehst du, was ich damit sagen möchte?“
     
    Ihr Herz begann heftig zu schlagen und sie spürte die Panik, die sie ergriff, während sie die letzten Worte des geheimnisvollen Briefes las:
     
    „Die Schmetterlinge sind wie du, Jessica.“
     
    In diesem Moment hörte sie unmittelbar hinter sich ein Geräusch.

 
     
     
     
     
    SIEBZEHN JAHRE SPÄTER...
     

 
     
     
     
     
    KAPITEL 1
     
    Wie nahezu jeder Mensch, frönte auch er einer gewissen Leidenschaft.
    Einem Hobby, könnte man sagen. Einer Passion. Doch seine Leidenschaft unterschied sich erheblich von denen gewöhnlicher Menschen.
    Vor langer Zeit war ihm ein Sprichwort zu Ohren gekommen, das sinngemäß besagte:
    Eine Leidenschaft heißt Leidenschaft, weil sie Leiden schafft.
    Schon damals hatte er schmunzeln müssen, als er es gehört hatte, denn das Sprichwort stimmte. Auch seine Leidenschaft schaffte Leiden. Allerdings nicht für ihn selbst, was das Sprichwort wohl eigentlich hätte besagen sollen.
    Nein, seine Leidenschaft bedeutete Leiden für andere.
    Denn seine Leidenschaft war das Töten und er ging ihr mit einer Leichtigkeit und Unbekümmertheit nach, mit der andere Menschen ihre Rosenhecke zurechtschneiden oder Briefmarken sammeln.
    Im Laufe der Zeit jedoch, hatte sie sich zu einer immer schwerer zu kontrollierenden Sucht gesteigert. Die Vorfreude, die er empfand, während er sich an seine Beute heranpirschte wie ein Raubtier, versetzte sein Gemüt in einen geradezu euphorischen Zustand.
    Es war wie eine Droge.
    Natürlich wusste die junge Frau, die er an diesem Abend dafür auserkoren hatte, eben diese Leidenschaft mit ihm zu teilen, noch nichts von ihrer tatsächlichen Bestimmung.
    Er hingegen konnte sicher sein, dass sie sich völlig unbefangen auf ihn einlassen und seinem über viele Jahre hinweg antrainierten Charme erliegen würde. Und wie immer traf er seine Wahl innerhalb weniger Augenblicke mit all seiner Routine.
    Ja, diese Frau war perfekt für seine Pläne geeignet.

 
     
     
     
     
    KAPITEL 2
     
    „Wo bist du?“
    „Gleich da. Aber ich bin viel zu spät dran. Wahrscheinlich ist er schon längst weg. Ich weiß jedenfalls nicht, ob ich so lange auf mich gewartet hätte.“ Vanessa saß hinter dem Steuer des Mini. Mit der rechten Hand presste sie ihr Handy ans Ohr und sah immer wieder nervös in den Rückspiegel. Sie wusste, dass es dafür
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