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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3
Autoren: Don Winslow
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Carey gehört zu den Besten … gehörte jedenfalls.
    »Hör mal«, fuhr Graham fort, während Neal schmollte, »wir schnappen uns den kleinen Cody, setzen ihn seiner Mutter auf den Schoß und fahren direkt zurück nach New York. Dann kannst du dich den ganzen Sommer über amüsieren, bevor der Unterricht wieder losgeht.«
    »Was für ein Unterricht?«
    »Warst du nicht an der Dummiuniversität, als wir uns das letzte Mal gesehen haben? Und wolltest sie dazu überreden, dir einen Masturbator zu verleihen? Dabei hätte ich gedacht, darin wärst du ohnehin Weltmeister.«
    Columbia University … Englische Fakultät. Seine Möchtegern-Magisterarbeit über »Tobias Smollett: Der Außenseiter in der englischen Literatur des achtzehnten Jahrhunderts«. Kam ihm vor wie ein anderes Leben. Und wo er gerade daran dachte…
    »Augenblick mal«, sagte Neal, »ich soll doch tot sein.«
    Graham nickte. »Betörende Vorstellung, muß ich zugeben. Also, du warst tot. Jetzt lebst du. Kleiner Computerfehler. Nichts, was nicht mit ein paar Scheinchen für die Bibliothek aus der Welt zu schaffen wäre.«
    Wir müssen ihn wieder an die Uni kriegen, dachte Graham. Wenn Neal als Ermittler ausgedient hat, braucht er einen Beruf. Und weil er nichts Vernünftiges kann, kann er ebensogut College-Professor werden, was er ohnehin will.
    Neal goß sich noch eine Tasse des ausgezeichneten grünen Tees ein. Er wußte, daß es den nur gab, weil er einen ausländischen Gast hatte, also konnte er das getrost ausnutzen. Er hörte den Klängen des Morgengesangs zu, die aus dem Haupttempel drangen, eine betäubende Monotonie, die den Geist der Sänger auf das Nichts fokussieren sollte – und genau das tat sie auch.
    »Also«, fragte Neal vorsichtig, »ist alles, was ich tun muß, dir dabei zu helfen, diesen Jungen einzusammeln. Anschließend kann ich zurück nach New York und wieder an die Uni?«
    Das klang zu gut, um wahr zu sein – wieder ein echtes Leben.
    Graham fragte: »Hast du es jetzt kapiert, oder muß ich’s noch einmal aufsagen? Entscheide dich; ich will ein kaltes Bier und ein heißes Steak.«
    Neal lachte. »Es ist ein langer Weg den Berg hinunter, Graham.«
    Graham starrte ihn entgeistert an. »Was, hast du noch nie von Hubschraubern gehört? Ehrlich…«
    Neal hob seine Tasse an die Lippen, dachte nach, kippte dann den Tee zu Boden.
    »Gibt’s in dem Hubschrauber Kaffee?« fragte er.
    »Für das Geld, daß wir Ihnen zahlen, möchte ich das hoffen.«
    Neal stand auf. »Dann mal los.«
    »Wurde auch Zeit«, sagte Graham und stand ebenfalls auf.
    Dann tat Neal Carey etwas sehr Unchinesisches. Er streckte die Arme aus, schlang sie Joe Graham um den Hals und zog ihn an sich.
    »Schön, daß du mich holen gekommen bist, Dad«, sagte Neal.
    »Gern geschehen, mein Junge.«
    Und so kehrte Neal Carey aus dem Reich der Toten zurück.
     
     
2
     
    Neal erwachte zwischen den kühlen, steifen Laken des übergroßen Bettes. Er öffnete die Augen und schaute durch die Glasschiebetüren, hinter denen die Sonne wie eine fette Orange im Dunst des südkalifornischen Morgens hing. Die Klimaanlage summte vergnügt, eine angenehme Erinnerung an den Komfort, der mit Geld zu zahlen war: Vielleicht wurde es außerhalb des Hotels heiß, aber hier drinnen konnte man einstellen, welche Temperatur einem gerade beliebte. Eine angenehme Stimme hallte vom Korridor herein: »Zimmerservice.«
    Neal war sich nicht ganz sicher, ob er wachte oder träumte. Falls er träumte, war er gerne bereit, weiter zu träumen.
    »Kommen Sie rein!« rief er.
    Ein junger Kellner in gestärkter weißer Uniform rollte einen Edelstahlwagen herein, klappte eine Tischplatte aus, öffnete die seitlichen Türen des Wagens, holte ein weißes Leinentischtuch heraus und breitete es über die Platte, um so einen kleinen Eßtisch zu erhalten. Er stellte eine schmale Vase mit einer einzelnen gelben Rose darauf und legte anschließend das Besteck, das in eine Leinenserviette gewickelt war, dazu. Er trug schließlich ein silbernes Kaffeeservice und eine kleine silberne Dose herbei, in der Butterstückchen zwischen etwas Eis ruhten.
    »Ich bin Richard«, sagte er. »Gefällt es Ihnen im Beverly, Sir?«
    »Bisher schon«, entgegnete Neal, obwohl er sich kaum daran erinnern konnte, im Beverly angekommen zu sein. Er lehnte sich gegen das gepolsterte Kopfteil des Bettes.
    »Soll ich jetzt servieren, Sir?« fragte Richard. »Oder möchten Sie erst duschen?«
    Duschen? In den letzten Jahren hatte Neal
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