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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman
Autoren: Greg Bear
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lässt mich einfach zurück und tänzelt voraus. Ihre Füße bleiben niemals lange an der eiskalten Oberfläche haften. Entweder schaffe ich es, zu ihr aufzuschließen, oder eben nicht.
    Da es zu sehr wehtut, einfach stehen zu bleiben, stolpere ich ihr hinterher. Zwar kehrt etwas Kraft in meine Beine zurück, doch die Kälte saugt sie mir ebenso schnell wieder heraus. Das wird ein knappes Rennen.

    Und es kommt noch schlimmer : Entlang des langen Korridors erkenne ich dunkle Streifen und Tausende von winzigen Leuchten, aber diese Lämpchen gehen eines nach dem anderen aus. Hinter mir stürzen Wände ein, deshalb dieses schreckliche Geräusch bei meinem Erwachen. Ich glaube, man nennt diese Wände »Schotts«, vielleicht auch »Luken«. Blinzelnd mustere ich die Wände und bemerke Nuten und Einkerbungen. An diesen Stellen können sich die Schotts heben oder senken. Sicher werden sie mich demnächst so von der folgenden Strecke des Korridors »abschotten«, dass ich in der Falle sitze.
    Das hier ist ein schlechter Standort, ausgesprochen ungünstig. Ich kann nur versuchen, weiter vorzurücken, zum Licht vor mir, das zurückweicht , immer schwächer wird. Bald wird es ringsum stockdunkel sein, wenn ich mich nicht beeile, die Kleine einzuholen – die winzige Gestalt in der Ferne, die nur aus um sich schlagenden Armen und Beinen zu bestehen scheint.
    Jetzt beginne ich wirklich zu rennen, und die Beine machen sogar mit, während die Arme im Rhythmus pumpen. Die Luft erwärmt sich ein wenig, so dass ich wieder atmen kann, ohne dass es in den Lungen sticht. Wie die Kleine mir geraten hat, atme ich tief durch. Dabei fällt mir auf, dass sich Nebelwirbel von den Wänden lösen, die sich teilen, wenn ich hindurchlaufe. Während ich vorwärtseile, huschen weitere ovale Türöffnungen an mir vorbei – alle so düster und kalt wie Rattenlöcher.
    Ratten. Wieder so ein seltsames Wort. Was sind Ratten? Keine Zeit, Fragen zu stellen.

    »Komm schon!«, ruft die Kleine über die Schulter.
    Diese Aufforderung wäre gar nicht nötig gewesen, denn ich habe sie beinahe eingeholt. Mittlerweile bin ich größer; meine Beine haben sich verlängert, so dass ich schneller rennen kann, wenn ich mich darauf konzentriere. Doch dann merke ich, dass die Kleine absichtlich langsamer gelaufen ist. Plötzlich stürmt sie davon, ist mir ein großes Stück voraus und taucht in das grelle rötliche Licht ein. Gleich darauf dreht sie sich um und winkt mich zu sich. »Beeil dich! Ich hab Kleidung für dich!«
    Die Abdeckung einer Luke gleitet nach unten. Ich kann gerade noch durch die Öffnung springen, ehe sie zuknallt. Fast hätte sie mich zerquetscht oder halbiert. Der lange Korridor schert sich nicht darum. Was allem widerspricht, was ich zu wissen, zu erinnern glaube. Die nächste Luke ist nur ein paar Schritte entfernt. Während es im Boden rumort und er unter mir erbebt, laufe ich schnell daran vorbei und spüre den kalten Luftzug im Rücken, als die Abdeckung herunterknallt. Allmählich bekomme ich den Bogen raus, und das freut die Kleine so, dass sie einen Luftsprung vollführt. »Wir sind fast da!«, ruft sie.
    Welch ein Erwachen aus dem langen Schlaf! Aber jetzt habe ich das Licht fast erreicht. Die Wärme tut mir unendlich gut, und die Luft riecht angenehm. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für mich.
    Als ich einen Blick zurückwerfe, sehe ich, wie sich eine weitere Luke schließt. Bislang ist mein Leben nach der Traumzeit auf die einfachsten Dinge reduziert –
simple Formen und Objekte. Ein mit Streifen versehener Gang, Luken, ovale und runde Öffnungen, Grau-und Schwarztöne, mal abgesehen vom Licht. Außerdem ist da noch die Kleine, die, genau wie ich, Arme und Beine schwingt, rennt und hin und wieder etwas ruft. Ein Blick nach vorn: Die Kleine streckt einen Arm nach oben, legt den Kopf schief, öffnet verblüfft den Mund und starrt irgendetwas an, das ich nicht sehen kann. Plötzlich weicht sie zurück und legt schützend einen Arm übers Gesicht.
    Offenbar ist irgendetwas Neues, Entsetzliches aufgetaucht. Ich erkenne es in dem hellen Viereck, in dem die Kleine steht, in dem Licht, auf das ich zusteuere. Ein dickes dunkles Etwas, stark behaart, füllt das Viereck jetzt aus, blockiert den Weg, spreizt eine riesige Tatze, greift nach dem Rücken der Kleinen, umschlingt sie und hebt sie in die Luft. Sie schreit kurz auf und schleudert irgendetwas Winziges mit aller Kraft in meine Richtung. Es landet auf dem Gang, prallt vom Boden ab,
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