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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman
Autoren: Greg Bear
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irgendetwas im Magen gehabt, wäre es bestimmt nicht drinnen geblieben.
    Die ganze Situation ist mehr als seltsam. Als ich mich erst vor, dann zurück und schließlich zur Seite beuge, heben meine Füße wie von selbst ab. Ein Fuß senkt sich gleich darauf wieder zu Boden, stößt sich unwillkürlich ab, und ich beginne so zu trudeln, dass ich nicht mehr weiß, wo oben und wo unten ist. Schneller und schneller gleite ich die Röhre entlang, pralle wie ein Ball auf, wirbele herum, pralle erneut vom Boden ab und mache Bekanntschaft mit der gegenüberliegenden Wand. Nachdem
ich mehrmals aufgeprallt bin, komme ich mit diesem Gang besser klar – vielleicht auch der Gang mit mir –, jedenfalls schwebe ich einfach hindurch, ohne mich bewusst zu bewegen. Allerdings macht mir das Schwindelgefühl schwer zu schaffen, denn man möchte sich dabei ständig zu Boden fallen lassen, und da das unmöglich ist und es nur ein Vorwärts und Rückwärts gibt, droht die Gefahr, sich einmal um sich selbst zu drehen und danach dorthin zurückzukehren, zurückzu schweben , von wo man gekommen ist.
    Ich darf die kleinen Lichtquellen vor mir nicht aus den Augen lassen, denn sie bieten Orientierung. Glücklicherweise habe ich offenbar scharfe Augen und merke deshalb, wenn ich in die Gegenrichtung zu schweben beginne.
    Aber an Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Schlafen darf ich erst, wenn es wieder ein Oben und Unten gibt.
    Wie bizarr diese Art der Fortbewegung ist! Ich stoße mich mit den Händen ab und gleite von einer Seite zur anderen. Zwar kann ich die Arme schwenken, aber sie sind nicht zum Fliegen geschaffen. Und da ich nackt bin, kann ich nicht mal ein Hemd , einen Pullover oder sonst was ausziehen und als Segel einsetzen. Allerdings würde das vermutlich sowieso nicht klappen.
    Wenigstens gibt es Reibung – das ist das erste Lehrerwort, das sich als nützlich herausstellt. Es tut weh, mit bloßen Händen und Füßen an den Tunnelwänden aufzuprallen, denn wegen der Kälte vorhin sind meine Glieder immer noch äußerst empfindlich. Aber nach
und nach schaffe ich es, mich zu orientieren und die Flugrichtung bewusst zu steuern, lerne es, mich einfach durch die langgestreckte Kurve treiben zu lassen und hin und wieder an den Wänden abzustoßen.
    Auch mein Magen hat sich beruhigt. Nur gut, dass er leer ist.
    Das Licht vor mir ändert sich nach und nach. Erst wirkt es rötlicher, dann bläulicher. Irgendetwas muss sich da vorne befinden, eine Öffnung an der Röhrenwand. Ich brauche etwa fünfzig Sprünge und muss mich fünfzigmal abstoßen, bis ich endlich da bin. Die Öffnung führt zu einem größeren Raum, zu einer leeren Kammer, in der verschiedene große und kleinere Objekte umhertreiben. Unbekümmert strample ich vorwärts.
    Plötzlich schwabbelt etwas Breites, Schwarzes, Massives aus dem Nirgendwo auf mich zu und drückt mich so gegen die äußere Wand, dass ich fast zerquetscht werde. Mühsam löse ich mich aus den großen, hin und her schwankenden Gliedern, von den Panzerplatten und dem verfilzten Pelz. Aus dem Pelz sickert ein großer Klacks dunkler Flüssigkeit und klatscht gegen mein Gesicht. Mit leisem Schmatzen legt sich die dunkle Flüssigkeit so um meinen Kopf, dass ich weder sehen noch atmen kann. Sie ist so zäh und dickflüssig wie Sirup und riecht giftig, widerlich süß, brennt auf meiner Haut, und falls sie mir in die Augen gerät …
    Indem ich mit Händen und Armen heftig um mich schlage und mir den Kopf abwische, kann ich das eklige Zeug größtenteils vom Schädel lösen, aber ein dünner
Film bleibt daran kleben. Als ich die Arme ausstrecke und schüttele, um mir die Finger zu säubern, fliegen dicke Tropfen zur gegenüberliegenden Wand hinüber oder bespritzen andere Objekte.
    Blinzelnd versuche ich, durch den Nebel irgendetwas zu erkennen. Ich bin halbblind. Nachdem ich meine Ohren gesäubert habe, ist alles, was ich hören kann, ein Stoßen, Klopfen und Saugen. Immer noch halte ich mich mit einer Hand an einem Büschel Fell an der Flanke des toten Geschöpfes fest, das mich fast zerquetscht hätte. Die kleinen und großen Objekte in diesem Raum sind teils unregelmäßig, teils geometrisch – also sanft geschwungen oder rechteckig – geformt und wirken wie Teile eines Baugefüges oder einer Maschinerie.
    Aus den leblosen Objekten in meiner Umgebung, die ich nicht genau erfassen kann, treten weitere dunkle Blasen aus, die zusammenstoßen und danach miteinander verschmelzen. Als ich einer davon
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