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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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entgegenkommenden Laster auf, um zu überholen.
    Haußmann, der mit hoher Geschwindigkeit über den Schottergrund rasselte, wollte scharf nach rechts lenken. In diesem Augenblick gab es einen Knall.
    Der linke Vorderreifen zerriß.
    Haußmann verlor die Gewalt über den Wagen, der sich querstellte und schlitterte.
    Die Schottersteine, die emporgeschleudert wurden, prasselten gegen die Bodenwanne. Ein Getöse entstand, das die Aufschreie der Frauen fast verschlang.
    Zwanzig Zentimeter vor der Stoßstange des Lasters kam der Wagen zum Stehen. Das Sportkabrio, das Haußmann erschreckt hatte, war rechtzeitig sehr elegant zurückgetaucht und hielt knapp schrittweit hinter dem Laster. Die italienischen Fahrer traten an Haußmanns Wagen heran, besahen sich den Schaden, drückten gestenreich und achselzuckend ihr Bedauern und ihre Schuldlosigkeit aus, stiegen ein und fuhren davon.
    Karl Haußmann saß noch immer da und hielt das Lenkrad umklammert. So, als hätten seine Hände sich verkrampft. Er war leichenblaß geworden. In seinem Gesicht zuckte es. Seine Lippen zitterten.
    Erika war ebenfalls das Blut aus den Wangen gewichen. Ihre erste Reaktion war der Gedanke, Karl eine Tablette gegen Gallenbeschwerden anzubieten, doch dann fiel ihr ein, daß es ihn in Gegenwart der Gronau beschämen könnte. Und sie ließ es.
    Marion Gronau goß Kölnisch Wasser auf ein Taschentuch und rieb ihre Schläfen ein. Dann reichte sie Erika das Flakon.
    Keiner sagte ein Wort. Und das bedrückte Haußmann mehr, als wenn sie ihn mit Vorwürfen überschüttet hätten.
    Gelassen blieb Frank Hellberg. Er ließ sich die Autoschlüssel geben, holte den Wagenheber und den Ersatzreifen aus dem Kofferraum und begann mit der Montage. Als Karl Haußmann den Schock überwunden hatte, gesellte er sich zu ihm und faßte mit an.
    »Danke«, sagte er und schlug Hellberg auf die Schulter. »Fahren Sie eigentlich selber?«
    »Und wie gern.«
    »Kommen Sie mit meinem Schlitten zurecht?«
    »Kein Problem.«
    »Unter der Bedingung, daß Sie nicht über achtzig fahren, können Sie mich ein bißchen ablösen. Einverstanden?«
    »Ich wüßte nicht, was ich lieber täte.«
    Marion Gronau behauptete, die Fahrt auf den Vordersitzen nicht vertragen zu können. Da Karl Haußmann auf jeden Fall vermeiden wollte, neben ihr zu sitzen, bat er Erika, im Fond Platz zu nehmen. Karl, der neben dem chauffierenden Hellberg saß, meinte die Spannung, die zwischen den beiden Frauen knisterte, im Rücken zu spüren. Er war heilfroh, als sie nach rund vierzig Kilometern in Pescara eintrafen und ein Hotel fanden, das direkt neben einer Autoreparaturwerkstatt lag. Bevor sie morgen den Weg ins Binnenland mit seinen Bergstrecken antraten, mußten alle fünf Reifen in Ordnung sein.
    Am nächsten Tag setzte sich Frank Hellberg gleich ans Steuer. Wie selbstverständlich. Und Marion Gronau rutschte neben ihn. Es ginge ihr besser, sagte sie. Dabei wirkte sie so still, so bedrückt, daß Karl Haußmann vermutete, Frank Hellberg habe ihr den Kopf zurechtgesetzt.
    Ob der helle Junge etwas gemerkt hatte? Nur das nicht, dachte Karl. Denn seine zwiespältigen, von Eifersucht beeinflußten Gefühle ihm gegenüber waren herzlicher Sympathie gewichen.
    Hellberg erwies sich als glänzender Fahrer. Er ließ den Wagen zügig dahinrollen, reagierte frühzeitig auf Kurven und Hindernisse, so daß er scharfes Bremsen vermied. Daß er sich sogar auf Bergfahrt verstand, erwies sich, als sie das Pescaratal hinter Popoli verließen und zur Forca Caruso hinaufkurvten, um die Abruzzen zu überqueren.
    Gegen Mittag hatten sie es geschafft.
    Sie waren am Ziel.
    Eines taten sie gleichzeitig, als sie das Ortsschild erkannt hatten und in Capistrello einfuhren.
    Sie seufzten.
    Abgrundtief.
    Alle vier.
    »Wir müssen uns entschuldigen für das, was wir Ihnen da zumuten«, sagte Erika.
    »Ach wo«, entgegnete Frank Hellberg übertrieben munter. »Ich finde es ausgesprochen romantisch. Man kann doch jeder neuen Umgebung Reize abgewinnen.«
    »Wenn man den guten Willen hat«, vollendete Marion Gronau. Es klang ironisch.
    Das kleine Bergstädtchen lag unter sengender Sonne. Die Häuser aus rohem Felsgestein klebten an den Berghängen. In den mit Lehm verschmierten Mauerritzen und auf den mit flachen Platten belegten Dächern wucherte Moos. Es roch hier nach Armut, nach Elend.
    Nur zwei Gebäude ragten aus der Ansammlung halbverfallener Wohnhöhlen hervor:
    Die Kirche mit ihrem schlanken Glockenturm und dem Dach aus glasierten
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