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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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Narbe verlief von der Stirn weiter durch das schulterlange Haar bis zum Scheitelpunkt des Kopfes. Er warf den Helm auf den Boden und schüttelte einen Handschuh ab, danach zeigte er das goldene Mal, das er an seiner Hand trug. »Berühre es, wenn du möchtest, Boindil. Es ist mein ewiges Andenken im Kampf um den Thron des Großkönigs, obwohl ich niemals wirklich Anspruch darauf gehabt hatte.« Auffordernd streckte er die Hand aus.
    Ingrimmsch strich über die gelbgoldenen Sprenkel, dann sah er erkundend in Tungdils Antlitz.
    Der Zwerg lächelte, und es war das alte Lächeln. Das wohlbekannte und so unendlich lange nicht mehr gesehene Lächeln!
    »Vielleicht soll ich dir erzählen, wie du mich glauben machen wolltest, dass man Zwerginnen mit stinkendem Ziegenkäse einreibt, um sie von sich einzunehmen?« Er beugte sich langsam nach vorne und zwinkerte. »Ich habe es niemals angewandt. Hast du es bei Goda tun müssen?«
    Die Maga lachte auf.
    »Du bist es wirklich!«, brach es aus Ingrimmsch hervor. Er ließ den Griff des Krähenschnabels los, breitete die Arme aus und riss Tungdil an sich. »Bei Vraccas, du bist es!« Es wurde heiß in seinen Augen, und Tränen schössen ein. Gegen die Rührung vermochte er nichts zu unternehmen. Er drückte Tungdil an sich, und dabei fiel es ihm vor lauter Freude nicht auf, dass seine Umarmung nicht erwidert wurde. Schließlich löste er sich von Tungdil und wandte sich den Zwerginnen und Zwergen zu, die ihn gespannt beobachtet und belauscht hatten. »Seht!«, rief er beschwingt und hob den Kopf, damit seine Stimme bis zu den Zinnen von Übeldamm schallte. »Seht, der Held ist zu uns zurückgekehrt! Das Geborgene Land wird bald schon vom Joch des mannigfachen Bösen befreit werden!« Er klopfte auf die schwarze Rüstung. »Ho, Lohasbrand, LotIonan und ihr anderen Ausgeburten Tions: Jetzt gibt es keine Gnade und keinen Ausweg mehr für euch!«
    Goda strahlte und wischte sich Tränen der Freude und Erleichterung aus den Augen, und die Zwergenkriegerinnen und Krieger hinter ihr starrten den Helden, den die meisten von ihnen nur aus Erzählungen kannten, unverwunden und in tiefer Ehrfurcht an. Eine Legendengestalt war zu ihnen zurückgekehrt und hatte darüber hinaus bei seinem Erscheinen das furchterregendste Wesen der Schwarzen Schlucht in die Flucht geschlagen.
    Die Worte von Ingrimmsch waren bis zu der Besatzung der Festung gedrungen. Hörner und Trommeln erklangen und verkündeten die Nachricht. Es waren besondere Tonfolgen, eigens komponiert für den bedeutungsvollen Umlauf, an dem Tungdil zurückkehrte, damit es alle erfuhren.
    »Ich kann mir sehr gut vorstellen«, sagte Ingrimmsch feixend, »dass einige glauben werden, die Fanfarenbläser hätten sich vertan und wollten eigentlich einen ganz anderen Befehl spielen.« Er schlug Tungdil auf die Schulter und bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. »Lass uns in die Festung einziehen und die Schwarze Schlucht hinter uns lassen. Es ist Zeit, dich gebührend willkommen zu heißen. Und dann musst du uns berichten, was sich in all den Zyklen zugetragen hat! Auch wir haben viel zu erzählen.« Er bückte sich und reichte ihm Helm und Handschuh. Dabei sah er ihm fest ins Auge. »Du kannst nicht ermessen, wie glücklich ich bin, dich zu sehen, Gelehrter.«
    Tungdil nahm seine Sachen an sich und wandte sich halb um, den Blick zur Schwarzen Schlucht gewandt. »Sie werden zurückkehren, Ingrimmsch. Der Kordrion war zu überrascht; sobald seine Wunden geheilt sind, wird er sich wieder aus seinem Versteck wagen. Zudem wird bald die Kunde vom Ende der Barriere umgehen. Die Scheusale werden ein Heer aufstellen, um auszubrechen ...«
    Boindil hob den Arm und wies auf die hohen, dicken Mauern der Festung. »Deswegen steht sie hier und trägt den Namen Übeldamm«, unterbrach er seinen Freund. »Sie werden nicht entkommen, kein einziges hässliches Exemplar. Und den Kordrion pieksen wir hübsch so lange mit unseren besonders schweren Speeren, bis er aussieht wie ein Igel und tot umfällt.« Er sah stolz zu Goda. »Aus ihr ist eine echte Maga geworden. Sie ist unsere stärkste Waffe.«
    Tungdil betrachtete die Zwergin, die einen Schritt nach vorn gemacht hatte, mit einem Blick, in dem Befremden lag. »Ihr werdet sie brauchen«, meinte er leise und sah wieder zur Felsspalte.Ingrimmsch lächelte. »Wir sind mehr als zuversichtlich, Gelehrter. Da du jetzt unter uns bist, kann die Kinder des Schmieds nichts mehr schrecken.« Er setzte sich in
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