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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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blitzte ihn vorwurfsvoll an. »Du weißt, was sie mit dir tun, wenn sie hören, wie du mich angesprochen hast, Loytan.« Ihr Begleiter ließ seine Blicke über die leere Reihe schweifen. »Nun, es ist keiner da, der mich dafür zur Rechenschaft ziehen könnte, dass ich die Wahrheit sage«, antwortete er leise, aber fest. »Ihr seid die Prinzessin, und Eure Mutter wäre die Königin von Weyurn, wenn es den verfluchten Drachen ...«
    Coira legte ihre Hand auf seinen Mund. »Sei still! Du redest dich um dein Leben! Sie haben ihre Augen und Ohren überall.«
    Vor dem inneren Auge sah sie ihre Mutter, die im eigenen Palast als Gefangene lebte und den Ring der Schande um den Hals trug. Den gesamten Umlauf über stand sie unter Bewachung, gedemütigt und ihrer Macht beraubt. Wenn der Drache beschloss, sie nicht mehr am Leben zu lassen, konnten seine Diener den Ring zuziehen und sie qualvoll ersticken lassen.
    Coira würde vieles geben, um sie befreien zu können. Sie atmete langsam aus. »Schau nach vorn und genieße, was uns die Nachfahren des Unglaublichen in diesem Zyklus bieten, wenn sie den Besten unter sich suchen.«
    Loytan roch an ihrer Hand, lächelte sie ergeben an und wandte sich der Bühne zu. Der Ausrufer deutete mit seinem Rohrstock ans Ende der Reihe, die aus nicht weniger als elf Männern und sechs Frauen bestand.
    Sie trugen auffällige, extravagant geschnittene Kleidung; das Wort bunt wäre für die Stoffe sicherlich erfunden worden, wenn es nicht schon vorher existiert hätte. Und doch dienten die Röcke, Kleider, Hosen, Hüte, Stiefel und anderen Dinge einzig und allein dazu, ihren Besitzer oder ihre Besitzerin noch mehr von den anderen abzuheben. Nur der Letzte von ihnen fiel aus der Reihe.
    Er war der Einzige, dem der Schneider Sachen genäht hatte, dienicht passten. Oder seine Haltung war derart miserabel, dass die Falten und Säume ungünstig fielen.
    Wie es sich für einen Spross des Unglaublichen gehörte, wuchsen ihm braune Haare, die er nackenlang trug, und er hatte wenigstens im Ansatz aristokratische Züge; allerdings wölbten sich seine Wangen nach vorne und raubten dem Vornehmen etwas von der Wirkung. Sein Kinnbärtchen, das Markenzeichen des Unglaublichen Rodario und Begründer zahlreicher Dynastien von Schauspielerlegenden in vielen Regionen des Geborgenen Landes, hing traurig herab und wirkte zerzaust.
    »Er nennt sich und ich gebe zu, dass es einfallsloser nicht mehr gehen kann Rodario der Siebte! Applaus, bitte!« Der Ausrufer hob ruckartig die Arme, um die Menschen anzufeuern, doch das Klatschen erfolgte nur vereinzelt und verstummte rasch. »Bei den Göttern«, meinte Loytan amüsiert. »Welch eine traurige Gestalt unter so vielen Pfauen! Er wird nicht einmal einen Trostpreis gewinnen.«
    »Ich finde es ... sehr geschickt«, verteidigte Coira ihn auf der Stelle. Sie hatte Mitleid mit dem RodarioNachfahren, der eine schon tragische Bekanntheit innehatte. »Er ... hebt sich ab.«
    »Als das schlechte Beispiel, gewiss.« Loytan lachte laut auf. »Er ist meiner Meinung nach wie in jedem Zyklus der Erste unter den Letzten. Wollen wir wetten, Prinzessin?« Er strahlte sie an, dann sah er an ihr vorbei, und sein Gesicht verlor die Fröhlichkeit. Breite Schatten fielen über sie; Coira drehte sich erschrocken um.
    Hinter ihnen hatten von ihnen unbemerkt vier Lohasbrander die Tribüne betreten und waren auf dem Weg zur ersten Reihe. Sie trugen schwere Lamellenrüstungen unter ihren Mänteln, die Helme waren einem Drachenleib mit angelegten Flügeln nachempfunden. Um ihren Hals hing jeweils eine Silberkette mit dem Splitter einer dunkelgrünen Drachenschuppe, das Zeichen ihrer unbestrittenen Macht in Weyurn. Damit standen sie über allem und jedem, außer ihrem Meister.
    Coira neigte sich zur Seite und blickte suchend über den Platz, bis sie die Orks entdeckt hatte. Die Kreaturen gehörten zu den Lohasbrandern und waren deren gefügige Diener. Jetzt harrten sie in einer Seitenstraße aus und stopften Fleisch in sich hinein. Wegen der Kälte dampfte es, und sie wollte lieber nicht wissen, ob es rohe warme Brocken oder frisch zubereitetes Kesselfleisch waren.Der vorderste der Männer grinste Loytan an. Er war feist und muskulös zugleich, im breiten Gesicht wucherte ein hellblonder Bart. »Habe ich da eben etwas gehört, was besser unausgesprochen bleiben sollte? Ihr kennt das Gesetz, Graf Loytan von Loytansberg. Es gilt auch oder gerade für Adlige wie Euch.« Er sammelte Rotz im Mund und spie
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