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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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ihr nicht versucht habt, die Leute um Menennery Luck aufzuhalten. Aber warum helft ihr ihnen nicht, wenn sie nach neuem Land suchen wollen?«
    »Wie das?« fragte Bieterolf verständnislos.
    »Gebt ihnen die Flugmaschine!«
    »Aber ... sie ist beschädigt! Der ganze Leib soll aufgeschlitzt sein ...«
    Wie auf ein Kommando hin wandten sich alle zu Guntram um.
    »Stimmt das?« wollte Galus wissen.
    Guntram senkte den Blick und nickte. Er spürte die Hand von Agnes auf seinem Arm.
    »Nur so war es ihm möglich, Wasser und Eis von der anderen Seite der Welt hierher zu bringen!« sagte sie stolz.
    Galus verschränkte die Arme auf dem Rücken. Mit hochgezogenen Schultern kam er auf Guntram zu. In seinen Augen leuchtete ein eigenartiges Feuer.
    »Du wärst bei deiner Rückkehr beinahe abgestürzt. Stimmt’s?«
    Guntram spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. Er hatte plötzlich das Gefühl, vor einem unheimlichen Magier zu stehen. Galus schien zu ahnen, was Guntram dachte. Er lächelte kaum merklich.
    »Du hast sehr schnell die Mechanik der Maschine zu handhaben verstanden!«
    »Ja ... das heißt, nein ...«
    »Hast du die Hebel für die Steuerung denn nicht von Hand bedient?«
    »Ich ... ich wußte gar nicht, daß Hebel da sind ...«
    »Interessant! Höchst interessant!« sagte Galus gedehnt. »Besonders, wenn die Menschen, die von draußen gekommen sind, von dieser Fähigkeit erfahren. Sie wollen hierbleiben, aber sie halten nicht sehr viel von Zauberei und Okkultismus!«
    »Guntrams Flug hatte nichts mit Zauberei zu tun!« knurrte Meister Lamprecht ärgerlich. »Wir haben ihm nur mit dem Wissen der Eingeweihten geholfen, das noch von den Tempelherren stammt. Ihnen gehörte vor siebenhundert Jahren dieses Buch.«
    »Und diese Edelsteine dort?«
    »Sie haben nur verstärkt, was wir gesprochen und gedacht haben!«
    »Das könnte sogar stimmen.« Galus nickte nachdenklich. Er rieb die Hände gegeneinander und ging langsam an den Clan-Chefs entlang.
    »Ich nehme an, ihr wißt, wer ich bin«, sagte er beiläufig. »Zumindest du, Otto, solltest mich kennen! Immerhin gehörten meine Vorfahren einmal zu deiner Familie ...«
    Otto der Friedfertige biß die Zähne zusammen. Es war ihm unangenehm, daß Galus diese alte Schande wieder erwähnte.
    »Du brauchst dich nicht zu schämen, Otto!« sagte Galus kühl. »Es hat zu allen Zeiten Männer gegeben, die mit der Isolierung unter dem Dach dieser Kathedrale nicht einverstanden waren. Das kam in den ersten Jahrhunderten noch viel häufiger vor als später.«
    Er wandte sich zu Bieterolf.
    »Ist euch beim Studium der Ahnentafeln eigentlich nie aufgefallen, daß es fast immer Eingeweihte oder für ganz bestimmte Aufgaben vorgesehene Angehörige eures Volkes waren, die aus der Dorfgemeinschaft ausbrachen?«
    »Zweifler, die schwach geworden waren«, knurrte Bieterolf verächtlich.
    »Du sprichst, wie du es weißt! Könnte es nicht sein, daß diese Aufsässigen aus edelsten Motiven einige von euren Geheimnissen verraten wollten? Wollten sie vielleicht nur den Menschen zeigen, wie sie sich von ihrer Angst befreien können?«
    »Vielleicht sind die Menschen wirklich an ihrer eigenen Angst gestorben«, sagte Guntram. »Sie hatten nichts mehr, was sie hielt!«
    Die Clan-Chefs blickten den Enkel Wolframs sehr erstaunt an.
    »Ich habe gesehen, was aus der Welt geworden ist«, fuhr Guntram fort. »Und ich weiß auch, was Galus meint. Zuerst verstand ich nicht, was Meister Wolfram mir unten in den Bleikellern sagen wollte. Ich dachte, daß die böse Luft von draußen ihn ebenfalls mutlos gemacht hätte. Aber es war etwas ganz anderes.«
    Bieterolf stieg von seinem Schemel. Zusammen mit Meister Friedrich und Meister Lamprecht kam er auf Guntram zu. Galus stellte sich zwischen sie.
    »Er ist noch jung«, sagte er, »aber er scheint tatsächlich zu wissen, wovon er redet. Sprich weiter, Guntram!«
    Agnes warf Guntram einen zustimmenden Blick zu.
    »Ich hatte lange Zeit, um über das nachzudenken, was mir mein Großvater vor seinem Tod mitgeteilt hat. Nachdem ich nun gesehen habe, wie draußen alles endete, halte ich uns und das ganze Sakriversum für den furchtbarsten Denkfehler in der Entwicklung der Menschheit!«
    »Guntram!« rief Agnes entsetzt. »Du darfst dich nicht versündigen!«
    »Das haben wir bereits getan«, sagte Guntram bitter. »Wir haben stets in der Annahme gelebt, daß wir isoliert sind, aber das Gegenteil war der Fall! Denn wer aus seinem Wissen ein Geheimnis macht, hat Angst
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