Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
schließlich zum Tod des Organismus. Die allerwenigsten Mutationen hatten einen positiven Effekt.
    Auf dem Mars wären die Chancen einer positiven Mutation wegen der stetig sich verschlechternden Bedingungen noch viel geringer.
    Doch hatte es auch kurze Warmphasen gegeben, als Wasser auf der Oberfläche geflossen war. Nur daß das Leben davon nicht profitiert hatte. Die Evolution verlief nämlich zu langsam, um rechtzeitig auf die verbesserten Bedingungen zu reagieren.
    Was sonst? Lautete das Geheimnis des Erfolgs vielleicht doch Kooperation – und nicht Konkurrenz?
    Sie ließ den Blick über die Kameraden schweifen, die sich im kleinen Gemeinschaftsraum des Habitats versammelt hatten. Fünf zähe Typen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die sich zu einem effizienten Ganzen fügten. Vier von ihnen hatten für achtzehn harte Monate auf dieser eisigen, im Quasi-Vakuum hängenden Rostkugel überlebt und waren dem Tod von der Schippe gesprungen – wegen ihrer überlegenen Leistungsfähigkeit. Das war es, was das Unterbewußtsein ihr einzuflüstern versuchte.
    Doch würde das auch im planetaren Maßstab funktionieren?
    Man suche sich einen Partner mit den erwünschten Merkmalen, anstatt die Entwicklung im Alleingang zu versuchen. Eine kurze feuchte und warme Periode hatte die Matten aus den Kratern gelockt und ihnen eine neue Heimat auf den Seeböden gegeben. Lichtempfindliche Organismen, die aus der Matte herausgelöst wurden – diese ›Shrimps‹? – waren in der Lage, die Seen zu kolonisieren und sich im kurzen Sommer zu vermehren, in dem die Atmosphäre Bestand hatte. Vielleicht waren sie sogar zur Photosynthese befähigt!
    Nur denjenigen Lebensformen, die Partner fanden, mit deren Hilfe sie das Potential der feuchten Periode voll ausschöpften, wäre Erfolg beschieden gewesen. Glühende Matten und Photosynthese treibende Mikroben. Schwimmende Formen und Schutzüberzüge. Peroxid-Fresser und wäßrige Membranen – alle teilten irgendwie ihre Ressourcen.
    Eine ganze Ökologie, die tief in den Untergrund verbannt worden war und trotzdem eine Alternative zur Darwinschen Maxime des
    ›Fressens und Gefressenwerdens‹ gefunden hatte …
    Dennoch waren alle Lebensformen ins wachsende Netzwerk von Organismen, ob groß oder klein, verwoben … das Konzert der Evolution. Organismen fanden noch immer den Tod, Gene wurden ausgemerzt …
    Und sie erkannte, daß das System das Potential für eine noch dichtere Vernetzung besaß … tief im Innern einer schlafenden Welt.
    * * *
    Sie arbeitete im allmählich sich erholenden Gewächshaus, um Seelenfrieden zu finden und die Phantasie anzuregen. Obwohl Viktor darauf bestand, daß sie den Helm aufbehielt, klappte sie das Helmvisier hoch und ließ sich von der weichen Luft umfächeln. Und mit der Zeit …
    Die Mars-Matte in der Nebelkammer hatte nun eine Art Wachstumsgrenze erreicht. Wenn sie mehr Zeit hatte, würde sie die Matte veränderten Umweltbedingungen aussetzen und sehen, was geschah.
    Nach dem Start, sagte sie sich. Dann hätte sie mehr Zeit als genug.
    In der Zwischenzeit pflanzte sie weitere Gemüsesorten an. Marc war nun jeden Tag mit der Atomrakete zugange; allerdings würde sie sich nach seinem Abflug ohnehin allein ums Gewächshaus kümmern müssen.
    Marc war nicht wieder ins Habitat gezogen. Er und Raoul verbrachten die meiste Zeit mit Arbeiten in der Airbus-Landezone und fuhren dann am späten Nachmittag zurück, nur um zu essen und zu schlafen.
    Eines Tages war Raoul allein zurückgekommen. Zu Julia und Viktor hatte er nur gesagt, er habe sich lang genug auf dem Mars aufgehalten.
    Heute wollte sie sich selbst ein Geschenk machen. Drüben in der Ecke stand ein Kunststoffkübel mit ihrer grünen Seelenverwandten, einer Latschenkiefer. Die Samen hatte sie vor dem Start von der Erde gesammelt, als sie in der kalifornischen Sierra einen Wanderurlaub unternommen hatte. Die vom Wind zerzausten und von Schneestürmen geschundenen Bäume klammerten sich in kleinen Gruppen an den steinigen Boden. Die an der Baumgrenze wachsenden Latschenkiefern waren kaum größer als Sträucher. In einer Schneewächte hatte sie einen angefressenen Zapfen gefunden und ihn mitgenommen.
    Die an Kälte und Trockenheit angepaßten Latschen, die in großer Höhe in sauerstoffarmer Luft existierten, brachten die besten Voraussetzungen für ein Leben auf dem Mars mit. Der Baum war im Gewächshaus prächtig gediehen. Er hatte die erstaunliche Höhe von sechzig Zentimetern erreicht und viele
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher