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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars
Autoren: Gregory Benford
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anzuschlagen. Nun, er soll sich schon mal dran gewöhnen. Diese Tonart wird er wahrscheinlich für die nächsten paar Jahre hören.
    »Im Gegenzug für die Lieferung der Proben bekomme ich die DNA-Analysen. Außerdem schicken Sie mir im nächsten ERV, das Sie starten, eine Tonne biologischer Labor-Ausrüstung mit. Mit einer Tonne meine ich eintausend Kilogramm. Ich werde die Ausrüstung zusammenstellen.«
    Sie hielt inne, bevor sie zum großen Sprung ansetzte. »Und einen Biologen. Ich brauche einen Mitarbeiter. Stellen Sie mir eine Liste von Astronauten mit einer biologischen Qualifikation zusammen.
    Ich werde mir dann einen aussuchen. Sie schicken ihn – oder sie – mit dem nächsten ERV her.«
    Sie lächelte, um den Worten die Schärfe zu nehmen. Das war wirklich eine verkrüppelte Kommunikation, wenn man in die Kamera sprach, ohne eine Rückmeldung zu bekommen. »Sie geben mir, was ich will – oder Sie bekommen gar nichts. Über das, was ich hier finde, gelangen keine Informationen mehr an die Öffentlichkeit. Keine Videos von zukünftigen Abstiegen in die Fumarole. Nix, null, nada.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Ich erwarte, daß meine Kollegen die anhand meiner Proben erstellten Forschungsberichte mir zur Durchsicht vorlegen. Gleich als erstes. Bevor sie ans TriVid oder Printmedien durchsickern. So wird das in der Wissenschaft gehandhabt. In seriöser Wissenschaft.«
    Sie grinste innerlich. Das war nämlich ein Seitenhieb gegen die
    ›Reine-Erde‹-Fanatiker. Obwohl die Proben nach menschlichem Ermessen tot waren, wurde die DNA durch eine spezielle Konservierungsmethode nicht beschädigt. Es war zu erwarten, daß die Proben nach nicht einmal einer Woche auf jede nur vorstellbare Art und Weise in Scheibchen und Stückchen geschnitten waren. Jedes größere DNA-Labor auf der Erde wetzte in froher Erwartung schon das Skalpell. Eifrige Wissenschaftler würden die spezifischen Mars-Gene identifizieren und isolieren, auf irdische Anaerobe übertragen und binnen eines Monats lebensfähige Pseudo-Marsianer gezüchtet haben.
    Der Gang der Wissenschaft. Wettbewerb. Eine verläßliche Konstante.
    * * *
    Sie war natürlich nicht in der Lage, ihre Spekulationen auch zu beweisen. Dazu waren ihre Kenntnisse der Mars-DNA noch zu gering.
    Doch eines Abends im Hab, als sie von der Knochenarbeit der Wassergewinnung in den Pingos fix und fertig waren, war ihr die Erkenntnis gekommen. Nun wußte sie, worauf sie achten mußte, nachdem ihre Proben den Weg in die irdischen Labors gefunden hatten.
    Der DNA-Code enthielt wahrscheinlich die Antwort. Der Code der irdischen DNA war glücklicherweise redundant: ein Fehler im Code war mit einer Veränderung der Aussprache zu vergleichen, wodurch aber nicht unbedingt die Bedeutung verändert wurde. Es gab verschiedene Schreibweisen für ein- und dieselbe Aminosäure.
    Zumal es auch in den Proteinen selbst Abschnitte gab, wo der Austausch einer Aminosäure keine Rolle spielte. Eine Fehlertoleranz ohne Konsequenzen.
    Sie war bisher der Ansicht gewesen, dies sei eine Reaktion auf einen schnell sich entwickelnden Planeten mit vielen Mutagenen: eine Darwinsche ›Wundertüten-Welt‹. Eine Welt mit vielfältigen Lebensformen hielt die Balance zwischen Bewährtem und Neuem – eine Strategie, die sich über Milliarden von Jahren auf einem Planeten entwickelt hatte, auf dem das Karussell der Evolution sich unablässig drehte.
    Die Klimaschwankungen auf der Erde veränderten auch die Regeln des Überlebens: Warm- und Kaltzeiten wechselten sich ab. Deshalb postulierten manche Wissenschaftler die ›Red Queen‹-Hypothese: man mußte in Bewegung bleiben, um am selben Ort auszuharren. Die Biota entwickelten sich im ›Schnelldurchlauf‹, um nicht den Anschluß zu verlieren. Das Tempo war atemberaubend, und eine Spezies hatte eine durchschnittliche Lebensdauer von nur einer Million Jahren, bis ihr die Luft ausging.
    Was würde nun auf dem Mars geschehen, der vielleicht nur ein goldenes Zeitalter der Evolution erlebt hatte und die lange Dämmerung eines Einweg-Selektionsdrucks? Der Boden wurde immer kälter und immer trockener, die Atmosphäre immer dünner. Harte Zeiten … für alle Zeiten.
    Wäre der DNA-Code auf dem Mars konservativer, einfacher und präziser?
    Ohne plötzliche Klimaveränderungen entfiel auch die Notwendigkeit der Redundanz. Jeder einzelne Fehler wäre signifikant.
    Und der Preis? Eine langsamere Evolution. Selbst auf der Erde führten die meisten Mutationen zu Mißbildungen und
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