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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar
Autoren: Emma Seymour
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geschenkt. Das ist die Wahrheit, Signora.« Er wandte sich an Porzia. »Du lügst, weil du dich an mir rächen und deine Herrin verletzen willst. Aber noch ist es nicht zu spät. Gestehe alles, und du wirst sehen, dass Donna Beatrice dir vergibt.«
    Porzia begriff plötzlich, dass sie zu weit gegangen war und es keinen Ausweg gab. Sie sank auf die Knie.
    »Vergebung!«, schluchzte sie. »Ich habe die Brosche genommen und sie unter meiner Liegestatt versteckt! Ja, ich habe gelogen, aber ich schwöre, ich werde es nie wieder tun. Der Teufel hat mich in Versuchung geführt. Habt Erbarmen, Herrin! Habt Erbarmen!«
    Aber davon wollte Beatrice nichts wissen. Sie war vollkommen außer sich. Es spielte keine Rolle für sie, dass Jacopo alles abgestritten hatte – auch von ihm fühlte sie sich hintergangen. Ihre Eltern, ihre Amme, der Mann, den sie geheiratet hatte, ihr Geliebter, ihr Dienstmädchen und wer weiß wie viele andere Personen... Sie alle hatten ein Netz aus Lügen und Ausflüchten gesponnen, in dem sie sich immer mehr verfing und das sie langsam erstickte. Doch jetzt konnte sie sich endlich rächen.
Nicht nur an Porzia, sondern an allen. Ein Gefühl des Triumphes breitete sich in Beatrice aus. »Ich vergebe dir nicht, und du bekommst auch nicht mein Erbarmen, weil du es nicht verdienst«, sagte sie eisig. »Der Tod soll deine Strafe sein. Ein langsamer und qualvoller Tod.«
    Porzia schluchzte noch lauter. »Ich beschwöre Euch, Herrin, verschont mich! Ich erwarte ein Kind! Ein Kind von Eurem Gemahl!«
    Dieses unerwartete Geständnis ließ Beatrice zögern. Ein roter Schleier des Zorns legte sich vor ihre Augen. »Dann sterbt ihr beide!«, entschied sie.
    »Ich bitte Euch, Signora!«, warf Jacopo ein. »Gebt ihr die Strafe, die Ihr für angemessen haltet, aber verschont das Leben des ungeborenen Kinds.«
    »Das geht Euch nichts an«, entgegnete Beatrice. »Ich regle es auf meine Weise.«
    »Ihr schickt Euch an, ein Verbrechen zu begehen, das für immer auf Eurem Gewissen lasten wird«, mahnte Jacopo.
    »Da irrt Ihr Euch. Dies ist kein Verbrechen, sondern Gerechtigkeit.«
     
    Zwei Männer waren nötig, um Porzia in das Zimmer ganz oben im Turm zu zerren. Sie banden ihr die Arme auf den Rücken und stießen sie zu Boden, bereiteten dann das Grab vor.
    Beatrice kam kurze Zeit später, und als Porzia sie sah, schrie sie und wand sich hin und her.
    Gleichmütig trat Beatrice näher, bückte sich und öffnete das Bündel, das sie mitgebracht hatte. »Hier ist die Rubinbrosche, die dir so gefällt«, sagte sie und steckte ihr
die Brosche an die Brust. »Und dies...«, fügte sie hinzu und hängte ihr das Kreuz von Byzanz um den Hals, »ist ein Kleinod, das allen seinen Besitzern Kummer und Leid gebracht hat. Es soll dich in die Hölle begleiten.«
    »Ich verfluche Euch!«, heulte die tränenüberströmte Porzia. »Ich verfluche Euch und Eure ganze Familie!«
    »Schweig, Hexe!« Beatrice versetzte ihr eine Ohrfeige und gab dann den wartenden Männern ein Zeichen.
    Sie zogen Porzia in die Nische und begannen damit, die Mauer zu errichten.
    Sie arbeiteten schnell und wollten rasch fertig werden, damit sie nicht mehr die herzzerreißenden Schreie hören mussten.
    Beatrice blieb reglos stehen, bis der letzte Ziegelstein die Mauer vervollständigte.
    Sie ging erst, als aus Porzias Weinen ein leises Wimmern geworden war, und sie warf keinen Blick zurück.
     
    Elena bewegte sich unruhig, als Nicholas’ Stimme sie aus der Vergangenheit in die Gegenwart zurückholte. Als sie erwachte, hatte sie noch Porzias Schreie in den Ohren. Sie wälzte sich hin und her und schüttelte dabei den Kopf.
    »Ganz ruhig. Entspann dich. Es ist alles vorbei.« Nicholas umarmte sie.
    Elena gab sich seiner Umarmung hin, und Tränen rannen ihr über die Wangen. Nicholas hielt sie wortlos, wiegte sie wie ein verängstigtes Kind und gab ihr Gelegenheit, den Schmerz aus sich herauszulassen. Aber auch er war tief erschüttert.
    »Es war zu viel für mich«, sagte Elena schließlich. »Zu
sehen, wie die Männer die Mauer errichteten und Porzia lebendig begruben... Sie schrie und flehte um ihr Leben, aber ich habe nichts anderes gefühlt als eine düstere, makabre Zufriedenheit. Es war schrecklich.Wie habe ich sie auf diese Weise umbringen können?«
    »Nicht du hast sie umgebracht, sondern Beatrice.«
    »Niemand verdient ein so grausames Ende. Und das ungeborene Kind...«
    »Ja, es ist schrecklich, ich weiß«, murmelte Nicholas. »Aber das alles geschah
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