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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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abgesucht, als ich ihn rufen hörte. Er winkte mich mit der Hand heran. In der feuchten Erde vor ihm waren die Hufspuren deutlich zu erkennen. Das Hufeisen, das er aus der Tasche nahm, paßte genau in die Spur.
    »Hier sehen Sie den Wert der Fantasie«, sagte Holmes. »Es ist die einzige Qualität, die unserem Gregory fehlt. Wir haben uns vorgestellt, was hätte passieren können, verhielten uns entsprechend unserer Annahme und fanden, daß wir recht hatten. Wir wollen weitergehen.«
    Wir durchquerten den marschigen Grund und gingen eine Viertelmeile auf trockenem, hartem Boden dahin. Dann fiel der Boden wieder ab. Und wieder hatten wir die Spuren. Wir verloren sie für etwa eine halbe Meile und fanden sie dann wieder, als wir uns Mapleton näherten. Holmes hatte sie als erster gesehen und wies mit triumphierendem Gesicht darauf. Die Spur von menschlichen Schuhen wurde neben den Pferdehufen sichtbar. »Vorher war das Pferd allein«, rief ich.
    »Richtig, vorher war das Pferd allein. Hallo, was haben wir denn hier?« Die doppelte Spur kehrte scharf um und führte nun in Richtung von King's Pyland. Holmes pfiff, und wieder folgten wir der Spur. Seine Augen waren nur auf diese Fährte gerichtet, aber ich erlaubte mir, auch ein klein wenig zur Seite zu sehen, und da bemerkte ich zu meiner großen Überraschung, daß die gleichen Spuren auch in der entgegengesetzten Richtung weiterliefen.
    »Ein Pluspunkt für Sie, Watson«, sagte Holmes, als ich ihn darauf hinwies. »Sie haben uns einen langen Marsch erspart, der uns auf unsere eigene Spur zurückgeführt haben würde. Wir wollen jetzt der Rückspur folgen.«
    Wir brauchten nicht weit zu gehen, die Spur endete auf einem asphaltierten Platz, der in die Ställe von Mapleton führte. Als wir näherkamen, lief uns ein Stallbursche entgegen. »Wir wollen hier niemanden haben, der hier herumlungert«, rief er.
    »Ich möchte ja nur eine Frage stellen«, sagte Holmes und steckte Daumen und Zeigefinger in die Taschen seiner Weste. »Sollte es zu früh sein, wenn ich Ihren Meister, Silas Brown, morgen früh um fünf besuchen käme?«
    »Himmel, Sir, wenn einer früh aufsteht, dann ist er es. Er ist immer der erste im Stall. Aber hier ist er schon, und Sie können ihm Ihre Frage selber stellen. Nein, Sir, ich wäre meinen Platz hier los, wenn ich Geld von Ihnen nähme. Hinterher, wenn Sie mögen. «
    Sherlock Holmes steckte die halbe Krone, die er aus der Westentasche genommen hatte, wieder ein. Ein böse dreinblickender Mann mit der Reitpeitsche in der Hand stand am Tor.
    »Was soll das, Dawson?« rief er. »Kein Herumgetratsche! Es gibt schließlich Arbeit zu tun. Und Sie, was zum Teufel wollen Sie hier?«
    »Zehn Minuten mit Ihnen reden, mein lieber Sir«, sagte Holmes mit seiner allersanftesten Stimme.
    »Ich habe keine Zeit, mit jedem Dahergelaufenen zu reden. Verschwinden Sie, oder ich mache Ihnen Beine!«
    Holmes beugte sich vor und flüsterte dem Trainer etwas ins Ohr. Der schrak heftig zusammen und wurde über und über rot. »Das ist eine Lüge! « schrie er. »Eine schreckliche, infame Lüge! «
    »Sehr gut! Wollen wir das hier in aller Öffentlichkeit diskutieren oder doch lieber in Ihrem ruhigen Wohnzimmer?«
    »Oh, kommen Sie mit, wenn das unbedingt sein muß!« Holmes lächelte. »Ich werde Sie nicht länger als ein paar Minuten war ten lassen, Watson«, sagte er. »Und nun, Mr. Brown, stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung.«
    Zwanzig Minuten dauerte es, und inzwischen hatte sich das Rot des Sonnenunterganges in Grau verwandelt, als endlich Sherlock Holmes und der Trainer wieder erschienen. Niemals habe ich jemanden gesehen, dessen Gesicht sich in kurzer Zeit mehr verändert hatte, wie das von Silas Brown. Es war aschgrau.
    Schweißperlen standen auf seinen Brauen, und seine Hand zitterte so sehr, daß die Reitpeitsche einem Espenlaub im Wind ähnlich sah. Seine hochmütige, polternde Art war wie weggeblasen.
    Wie ein geprügelter Hund an der Seite seines Herrn, so schlich er neben meinem Freund dahin.
    »Ihre Instruktionen werden ausgeführt. Es wird alles so geschehen, wie Sie es angeordnet haben«, sagte er.
    »Es darf Ihnen kein Fehler unterlaufen«, sagte Holmes und sah sich um. Der andere wand sich stöhnend, als er die Drohung in seinem Blick las.
    »O nein, es wird kein Fehler passieren. Ich werde dort sein. Soll ich es gleich ändern lassen oder erst später? «
    Holmes dachte ein wenig nach und brach dann in Gelächter aus.
    »Nein«, sagte er, »tun Sie das
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