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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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einzelnen Gliedern zuwenig gesehen.
    » Wäre es nicht möglich«, schlug ich vor, »daß Straker sich die Wunde selber beigebracht hat, z.
    B. als er die Schläge auf den Kopf bekam und er sich wehrte und kämpfte, aber nicht mehr recht wußte, gegen wen?«
    »Das ist sogar mehr als möglich, es kann durchaus so gewesen sein«, sagte Holmes, »aber damit fiele der Hauptentlastungspunkt für den Angeklagten weg.«
    »Und doch«, meinte ich, »begreife ich auch jetzt noch nicht, welcher Theorie die Polizei hier folgt.«
    »Ich fürchte, daß jede Theorie auch vieles hat, was gegen sie spricht«, antwortete mein Freund.
    »Ich glaube, daß die Polizei
    der Meinung ist, Fitzroy Simpson hat dem Burschen die Droge eingeflößt. Irgendwie muß er sich einen Nachschlüssel zu den Ställen besorgt haben, die Stalltür geöffnet und das Pferd herausgeführt haben. Das Sattelzeug fehlt. So muß Simpson es wohl genommen haben. Die Stalltür hat er hinter sich offengelassen. Als er das Pferd fortführte, muß Straker ihn entweder getroffen oder überholt haben. Simpson erschlug den Trainer, ohne daß dieser von dem sich wild wehrenden Trainer eine Wunde abbekommen hat. Dann hat der Dieb das Pferd an einen geheimen Platz gebracht, oder es hat sich beim Kampf losgerissen und treibt sich nun herrenlos auf dem Moor herum. So etwa sieht der Fall in den Augen der Polizei aus. Die Theorie erscheint zwar ziemlich un- möglich, aber jede andere wäre noch unmöglicher. Wie dem aber auch immer ist, ich werde mich um die Sache kümmern, sobald wir nur erst dort sind. Und bis wir dort ankommen, gibt es weiter nichts mehr zu sagen.«
    Bevor wir die kleine Stadt Tavistock erreichten, war der Abend hereingebrochen. Das Städtchen liegt, wie der erhöhte Buckel Teil eines Schildes, genau in der Mitte des großen Kreises Dartmoor. Zwei Herren erwarteten uns am Bahnhof. Einer von ihnen war ein stattlicher blonder Mann mit einer Löwenmähne und einem Bart und hatte neugierig blickende Augen. Der andere war eine kleine, agile Person, die in Frack und Gamaschen reichlich geleckt aussah. Er trug einen gutgeschnittenen, kleinen Bart und eine Brille. Letzterer war Colonel Ross, der bekannte Sportsmann, und sein Begleiter Inspektor Gregory, ein Mann, der gerade dabei war, sich im Geschwindschritt in der Detektivabteilung von Scotland Yard einen Namen zu machen.
    »Ich freue mich, daß Sie hergekommen sind, Mr. Holmes«, sagte der Colonel. »Der Inspektor hier hat zwar getan, was er konnte, aber ich möchte alles aufbieten, um meinen armen Straker zu rächen und mein Pferd wiederzubekommen.«
    »Hat sich irgend etwas Neues ergeben?« fragte Holmes. »Es tut mir leid, aber wir kommen wirklich schlecht voran«, sagte der Inspektor. »Wir haben einen offenen Wagen vor dem Bahnhof bereitstehen, denn sicherlich möchten Sie sich gerne hier am Platz umsehen, bevor die Dunkelheit einsetzt. Wir können den Fall ja während der Fahrt besprechen.«
    Ein paar Minuten später hatten wir in einem behäbigen Landauer Platz genommen und preschten durch das hübsche alte Devonshire-Städtchen. Für Inspektor Gregory schien es nichts außer seinem Fall zu geben, und er redete pausenlos von der Untersuchung, während Holmes ihm hin und wieder eine Frage stellte. Colonel Ross hatte die Arme gekreuzt, den Hut über die Augen gezogen und sich auf seinem Sitz zurückgelehnt. Ich lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit dem Bericht der beiden Detektive. Gregory stellte seine Theorie vor, die fast die gleiche war, die Holmes mir vorhin schon im Zug entwickelt hatte.
    »Das Netz um Fitzroy Simpson ist eng gezogen«, bemerkte er, »und ich bin auch ganz sicher, daß er der Täter ist. Gleichzeitig muß ich allerdings zugeben, daß es reine Indizienbeweise sind. Jede neue Entwicklung kann sie über den Haufen werfen.« »Was ist mit Strakers Messer?«
    »Wir sind fast zu der Überzeugung gelangt, daß er sich die Wunde beim Fall selber beigebracht hat.«
    »Mein Freund, Dr. Watson, machte auf der Fahrt hierher schon eine ähnliche Bemerkung. Wenn dem so wäre, sähe es schlecht aus für Simpson.«
    »Zweifellos. Er hat weder einen Messerstich noch irgendeinen Kratzer abbekommen. Der Verdacht richtet sich eindeutig gegen ihn. Er hatte ein großes Interesse am Verschwinden des Favoriten. Der Verdacht liegt nahe, daß er dem Stallburschen das Opium beigebracht hat. Ganz gewiß war er an dem Abend im Regen unterwegs. Er hatte einen schweren Stock bei sich, und sein Schal wurde in der
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