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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima
Autoren: Franziska Wulf
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Sie hatte eine geräumige Eigentumswohnung im dritten Stock eines Jugendstilbaus im Hamburger Stadtteil Winterhude. Die Straßen hier in diesem alten, nahe der Alster gelegenen Stadtteil waren schmal, die Häuser stammten zum größten Teil aus dem 19. Jahrhundert. Damals hatte noch niemand an Autos oder den Bau von Garagen gedacht, und Parkplätze waren eine Rarität, um die jeder Anwohner verbissen kämpfte. Wenn sie abends vom Dienst kam, musste Beatrice meistens ein paar Mal um den Block fahren, bevor sie ein oder zwei Straßen weiter endlich eine freie Parklücke entdeckte. Doch heute hatte sie nicht lange suchen müssen – direkt vor ihrem Hauseingang war ein freier Parkplatz, als wäre er extra für sie reserviert worden.
    Vielleicht ist heute mein Glückstag und mir ist es nur noch nicht aufgefallen, dachte sie, nahm ihre Tasche vom Beifahrersitz und stieg aus.
    Doch noch während sie den Wagen abschloss, fiel ihr Blick auf den beleuchteten Hauseingang. Dort oben auf dem Treppenabsatz stand ein Mann. Sie konnte zwar sein Gesicht nicht deutlich sehen, aber sie erkannte ihn an seiner Haltung.
    Markus!, dachte sie panisch und überlegte, ob sie sich nicht einfach wieder in ihren Wagen setzen, sollte. Vielleicht hatte er sie ja noch nicht gesehen… Doch es war zu spät. Er winkte ihr bereits zu.
    Zögernd ging sie um ihr Auto herum, überquerte den schmalen Bürgersteig und stieg langsam die Stufen zum Hauseingang hinauf.
    »Guten Abend, Beatrice!« Markus nahm ihre Hand und küsste sie auf beide Wangen. Er hatte oft geschäftlich in Frankreich zu tun und sich dort diese Begrüßung unter Freunden angewöhnt – eine Eigenart, die Beatrice nicht sonderlich schätzte. Es kam ihr oberflächlich und verlogen vor.
    »Guten Abend. Waren wir etwa verabredet?« Beatrice runzelte die Stirn. Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Dabei hatte sie eigentlich ein gutes Gedächtnis.
    »Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich warte noch nicht lange. Außerdem komme ich nur vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Ich wollte wissen, wie es dir geht.« Er fuhr sich durch sein helles, bereits schütteres Haar und trat verlegen von einem Bein aufs andere. »Doch wenn es dir nicht passt…«
    »Aber nicht doch. Komm mit hinauf. Ich freue mich über deinen Besuch«, erwiderte Beatrice und ärgerte sich im gleichen Augenblick über sich selbst. Weshalb konnte sie nicht einfach die Wahrheit sagen? Sie war müde, sie wollte jetzt keinen Besuch haben. Markus wäre ihr vermutlich noch nicht einmal böse gewesen. Er konnte nicht erwarten, dass er zu jeder Tages- und Nachtzeit bei ihr willkommen war.
    »Du kommst sehr spät«, sagte Markus, während er hinter ihr die Treppen in den dritten Stock hinaufstieg. »Hast du nicht um halb fünf Feierabend?«
    »Eigentlich schon«, antwortete Beatrice. Noch fielen ihr die steilen Treppen nicht schwer. In ein paar Wochen würde das sicherlich anders werden. »Aber die Röntgenvisite hat heute lange gedauert, und anschließend kamen noch zwei NRWs in die Aufnahme. Ich konnte die Kollegen nicht im Stich lassen.«
    Sie schloss die Wohnungstür auf, streifte sich die Schuhe von den Füßen und warf ihren Mantel achtlos über eine Stuhllehne. Hinter ihr trat Markus ein. Sorgfältig faltete er seinen Trenchcoat zusammen, legte ihn über Beatrices Mantel und zog ebenfalls seine Schuhe aus. Wie immer trug er teure italienische Slipper, die so sauber waren, als wären sie noch nie in Kontakt mit Hamburgs Gehwegen und Straßen gekommen. Ein Trugschluss, wie Beatrice wusste. Er pflegte einfach seine Schuhe sehr gründlich zu putzen. Jeden Abend.
    Beatrice ging in die Küche.
    »Hast du schon etwas gegessen?«, rief sie Markus über die Schulter zu und versuchte zu übersehen, dass er ihre Schuhe in Reih und Glied neben seine stellte. Er räumte immer hinter ihr her. Einer der Gründe, weshalb sie vor einem Jahr die Beziehung mit ihm beendet hatte. Natürlich in aller Freundschaft. Markus war ein Perfektionist vom Scheitel bis zur Sohle. Mit ihm konnte man nicht streiten.
    »Nein, noch nicht«, antwortete er und kam ihr nach.
    Die Küche war nicht besonders aufgeräumt; das Frühstücksgeschirr stand noch auf dem Esstisch, schmutzige Gläser und Töpfe vom Vortag stapelten sich neben dem Toaster und einem offenen Paket Knäckebrot auf der Arbeitsplatte. Am Ende eines Tages fehlte manchmal die Kraft selbst für die notwendigsten Handgriffe. Doch Beatrice wusste, dass Markus einen
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