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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß
Autoren: Christoph Bausenwein
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Stammplatz sicher habe. Vor allem Franz Beckenbauer hatte so seine Probleme mit dem nassforschen Neuling, der sich weder unter- noch einordnen wollte. »Er glaubt, die Welt dreht sich um seinen Nabel«, bemerkte er einmal kopfschüttelnd. Als Hoeneß im Fernsehen durchblicken ließ, dass man seinen Wert bei den Bayern nicht zu schätzen wisse und es genügend andere interessante Vereine gebe, fuhr der »Kaiser« schließlich aus der Haut: Wenn er sich in diesem Alter so viel herausgenommen hätte, dann wäre man mit ihm Schlitten gefahren. Uli solle endlich mal zur Ruhe kommen. Oder verschwinden. Schließlich seien die Bayern auch ohne ihn Europapokalsieger geworden und Deutscher Meister.
    Das Betriebsklima war also nicht das allerbeste, und Uli Hoeneß war nicht der Einzige, der bei seinen Mitspielern schlecht ankam: Paul Breitner gab sich ähnlich frech, ehrgeizig und selbstbewusst. Udo Lattek und Manager Schwan wollten schließlich nicht mehr länger zusehen und beriefen in der Sportschule Grünwald eine große Aussprache ein. Uli Hoeneß’ Bericht über die Zusammenkunft fiel sehr knapp aus: »Jeder sollte seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Danach war der Burgfrieden wiederhergestellt, wenn auch auf Kosten einiger Mannschaftskollegen, die zum Saisonende verkauft wurden.« Dieses erste Jahr bei den Bayern war die wohl kritischste Phase seiner Laufbahn. Seine Karriere hätte wohl niemals so steil nach oben führen können, wäre er damals bei den Bayern gescheitert. »Meine Lektion von damals«, resümierte er: »Ich habe es mir abgewöhnt, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.« Uli Hoeneß und Paul Breitner blieben auch nach dieser Aussprache ein spezielles Pärchen, doch ihr Verhältnis zu den etablierten Spielern um den Mannschaftskapitän Beckenbauer wurde nun allmählich freundschaftlicher.
    Die Protektion durch Udo Lattek war für den jungen Nachwuchsspieler aus Ulm in seinen ersten Wochen bei den Bayern eine Last, zugleich aber auch die Lösung seiner Probleme. »Ohne Lattek«, sollte Uli Hoeneß später voller Dankbarkeit äußern, »wäre ich vor die Hunde gegangen.« Um dem Vorwurf der Begünstigung entgegenzuwirken, nahm ihn der ehemalige DFB-Jugendtrainer besonders hart ran. Er brüllte ihn so oft an wie keinen Zweiten, aber zugleich stellte er sich immer wieder schützend vor ihn. »Es gibt keinen Spieler, mit dem ich so unbarmherzig war«, resümierte Lattek. »Er hat von mir immer wieder eins auf den Deckel bekommen, aber ich habe ihn genauso gegen ungerechtfertigte Angriffe verteidigt.« Und obwohl Lattek mit Hoeneß’ Spielweise noch nicht rundum zufrieden war – insbesondere kritisierte er seine Neigung, sich vom Gegner zu leicht abdrängen zu lassen –, hielt er zu ihm und stellte ihn, gegen den Widerstand der Mannschaft, immer wieder auf. »Anderenfalls wäre er untergegangen«, begründete er seine Haltung. »Uli ist ein Glückskind des Fußballs, er war von jeher so verwöhnt, dass er einen Misserfolg nicht überwunden hätte.« Lattek wusste: Hinter der Maske des offensiv zur Schau getragenen Selbstbewusstseins steckte ein verletzlicher junger Mann.
    Zu einer zweiten wichtigen Bezugsperson beim FC Bayern entwickelte sich im Lauf der Zeit Robert Schwan. Einerseits dämpfte der wegen seiner Arroganz gefürchtete Manager die Aufmüpfigkeit der jungen Wilden Hoeneß und Breitner immer wieder, etwa durch den bei Reisen zu Auswärtsspielen üblichen Routinebefehl: »Halt, die Koffer bleiben stehen. Die tragen der Hoeneß und der Breitner.« Andererseits hatte er für die beiden, die er nur als »die Wildschweine« oder »die Gürteltiere« bezeichnete, eine besonderere Wertschätzung, insbesondere für Uli Hoeneß. Dessen intellektuelle Qualitäten hatte Schwan rasch erkannt, und er spürte wohl, dass in dem jungen Mann mehr steckte als nur ein Fußballspieler. Der Student wurde ein bevorzugter Gesprächspartner des Managers, der ihn allmählich über alle Fragen des Fußballgeschäfts aufklärte.
    Die ersten Titel und Erfolge
    Hoeneß’ Verunsicherungsphase dauerte nicht lange. Noch im Laufe seiner ersten Saison fand er zu einer tollen Form, die viele Journalisten schwärmen ließ. Am 8. Februar 1971 kam er erstmals auf das Titelblatt des »Kicker«, die Schlagzeile lautete: »Bayerns bester Kauf: Der Aufstieg des Uli Hoeneß.« Am Ende der Saison hatte es der offensive Mittelfeldspieler auf 31 Einsätze und sechs Tore gebracht, die Bayern waren knapp hinter Borussia Mönchengladbach
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