Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß
Autoren: Christoph Bausenwein
Vom Netzwerk:
Vorstellungen und die der interessierten Vereine unter einen Hut zu bringen. Manche Unterhändler tauchten mehrmals bei der Familie Hoeneß in Ulm auf, aber eine Entscheidung wollte nicht fallen. Und dann ging alles plötzlich doch noch ganz schnell.
    »Schon beim letzten Jugendländerspiel 1969 in Einbeck gegen Dänemark hatte mich unser damaliger Trainer Udo Lattek beiseite genommen und mir empfohlen, mich vorerst nirgends zu binden«, erläuterte Hoeneß sein zögerliches Verhalten. Kurz darauf rief der Bayern-Manager Robert Schwan im Hause Hoeneß an, erklärte, dass Udo Lattek als neuer Trainer der Münchner verpflichtet sei, und kündigte seinen Besuch für den nächsten Tag an. Schwan kam, und der Umworbene war sofort begeistert. »Er hielt keine langen Vorträge oder versprach mir das Blaue vom Himmel herunter. Er sagte nur: Die Chancen für mich stünden gut, da der FC Bayern einen Neuaufbau um die Stützen der Mannschaft – Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Sepp Maier, Franz Roth und Hans-Georg Schwarzenbeck – im Sinn habe.« Das waren fünf große und berühmte Namen, Nationalspieler allesamt, die im Dress der »Roten« 1967 den Europacup der Pokalsieger und 1969 die Deutsche Meisterschaft errungen hatten. Die Erfüllung des großen Traums, den er bei der WM in England geträumt hatte – einmal neben einem Franz Beckenbauer auf dem Platz zu stehen –, war zum Greifen nah. Diese Stars also würden bald seine Mitspieler sein: der kurzbeinige Mittelstürmer Gerd Müller mit der eingebauten Torgarantie, dessen rasche Auffassungsgabe auf dem Platz im eigenartigen Kontrast stand zu seinem etwas trägen Gemüt; der katzengewandte Torwart Sepp Maier, der stets den Kasper spielte, aber in Wahrheit immer viel ernster war, als es schien; der ebenso bissige wie stämmige Mittelfeld-Rackerer »Bulle« Roth, vor dessen hartem Schuss jeder Gegner zitterte; der eckige Vorstopper »Katsche« Schwarzenbeck, der stets bescheiden bleibend die Drecksarbeit für den »Kaiser« Beckenbauer verrichtete; und schließlich Beckenbauer selbst, der mit seiner eleganten Interpretation des Liberos erfolgreich dem Vorurteil entgegenkickte, in Deutschland bestehe der Fußball nur aus Blut, Schweiß und Tränen. Uli Hoeneß brauchte nicht viel Imagination, um sich selbst, in der Rolle des im Sturm sprintenden Jung-Siegfried, in dieser Reihe zu sehen. Schwan meinte, dass man ihm einiges zutraue, warnte aber auch: »Durchbeißen müssen Sie sich selbst.«
    Die klare Sprache des damals 48 Jahre alten Bayern-Managers imponierte Hoeneß. Schwan war im Vergleich zu den eher dilettantisch agierenden Männern in den Führungsgremien anderer Vereine ein absoluter Profi. Der frühere Gemüsehändler und Abteilungsleiter bei einer Versicherung war 1964 als ehrenamtlicher Spielausschuss-Vorsitzender zum FC Bayern gekommen. Zwei Jahre später hatte der stets gut gekleidete Pfeifenraucher aus dem ehrenamtlichen Posten ein Geschäft gemacht, war zum ersten hauptamtlichen Manager im deutschen Fußball und zugleich Beckenbauers persönlicher Betreuer geworden. Schwan schloss für seinen Schützling hochdotierte Werbeverträge ab und sorgte damit für den Aufstieg des »Kaisers« zum Weltstar und Fußball-Millionär, was sich durch lukrative Provisionen – Schwan wurde »Mister 20 Prozent« genannt – auch für ihn selbst durchaus lohnte. Kein Wunder also, dass sich der für sein Alter enorm professionelle Hoeneß von so einem Mann angezogen fühlte und den entscheidenden Tag fest in seinem Gedächtnis einspeicherte. »Es waren noch 48 Tage bis zum Mathe-Abitur. Ich bekam gerade eine Nachhilfestunde, als Robert Schwan kam. Er hat geduldig gewartet, bis die Stunde zu Ende war. Dann habe ich den Vertrag unterschrieben, obwohl eigentlich der Hamburger SV mein Lieblingsverein war.«
    Die Ulmer kassierten eine Ablösesumme von 40.000 DM, Hoeneß, der damals als Schüler monatlich über 50 Mark Taschengeld verfügte, erhielt angeblich einen nagelneuen BMW 2002 und dazu einen dicken Scheck. Der Neu-Bayer bestritt indes stets, dass ihn irgendwelche Geschenke in seiner Entscheidung beeinflusst hätten. »Es passte in die Klischeevorstellung, dass ich die materiell verführerischsten Angebote sortiert und natürlich spontan beim FC Bayern zugegriffen habe. Aber der Schein trog. ›Weichgemacht‹ haben mich weder Barscheck noch Auto, sondern der Verhandlungsstil.« So wurde er also als Olympia-Amateur ein Angestellter in der Bayern-Geschäftsstelle. Dort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher