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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück
Autoren: Brigitte Riebe
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Häusler scheint sich erstaunlich gut auf Kinderseelen zu verstehen, dachte Linda und lächelte.
    Er hob den Kopf. Ihre Blicke trafen sich.
    Â»Guten Morgen, Frau Becker!«
    Â»Ach, Herr Häusler, guten Morgen.« Förmlicher hätte es kaum sein können!
    Â»Alles in Ordnung? Ich meine, mit der Wohnung?« Er musterte sie warm und freundlich. Fast ein bisschen besorgt.
    Â»Oh, ja. Denke schon. Bis auf den Umstand, dass es bei uns aussieht, als habe eine Bombe eingeschlagen. Die ganzen Kisten … Sie wissen ja …« Was sollte dieses Gestammel? Nur, weil sie ihren Makler zufällig beim Frühstücken getroffen hatte?
    Â»Wenn ich Ihnen vielleicht helfen kann?« Da war es wieder, dieses schmelzende Lächeln! Für alle Fälle lugte Linda doch noch mal in Richtung Tür. Keine heiße Biene weit und breit. Er meinte tatsächlich sie. »Heute ist mein freier Tag, und da könnte ich doch wohl …«
    Â»Tausend Dank, aber das kommt nun wirklich nicht in Frage!« Allein die Vorstellung, ihn in ihren privaten Sachen kramen zu lassen, trieb ihr schon den Schweiß auf die Stirn. Ihr war ohnehin sehr heiß geworden. Lag wohl an dem starken Kaffee, den sie soeben getrunken hatte. »Außerdem haben Sie sicherlich Besseres vor.«
    Er beugte sich wieder rüber zu Feli. »Kennst du den Film ›Könige im Eis?‹ Mit den Robbenbabys und den Pinguinkindern, die unter der dicken Bauchfalte ihrer Eltern stecken, bis sie groß genug sind, um die Kälte zu ertragen?«
    Hingerissen schüttelte Feli den Kopf.
    Â»Sollen wir uns den vielleicht zusammen ansehen?«
    Â»O ja! Mami, bitte!« Feli rannte zu ihr und umfing sie strahlend.
    Robert Häusler erhob sich geschmeidig und kam an ihren Tisch.
    Â»Bitte, setzen Sie sich doch!«, schlug Linda vor.
    Â»Danke. Was halten Sie davon, wenn Feli und ich ins Kino gehen, anschließend im gleichen Gebäude eine kurze Runde im Deutschen Museum drehen und uns zu guter Letzt mit Pizza stärken? Gegen zwei haben Sie sie wieder zurück. Sicher und unversehrt. Und vermutlich so müde, dass Sie gleich mit voller Kraft weiterschuften können. Was ist? Vertrauen Sie mir Ihr Goldstück an?«
    Â»Bitte, Mami, bitte!«
    Â»Wieso machen Sie das?«, fragte Linda.
    Â»Weil ich Feli mag. Und Abwechslung nun mal liebe. Ich bin ein ziemlich guter Babysitter, glauben Sie mir!« Sie zögerte noch immer. »Hören Sie, Frau Becker, das Kino ist nur ein paar Schritte weiter an der Isar. Und die Pizzeria gleich neben der Brücke. Feli ist bei mir also so sicher wie in Abrahams Schoß.«
    Â»Das kenne ich!«, krähte Fräulein Vorlaut. »Das mit dem Schoß sagt meine Moma auch immer.«
    Vielleicht war das das Stichwort. Plötzlich musste Linda daran denken, was Marga dazu sagen würde, wenn sie »ihr Enkelkind« einem Wildfremden anvertraute. Und wenn er noch so auf charmant und hilfsbereit machte!
    Â»Heute nicht. Vielleicht ein anderes Mal. Trotzdem, danke! Ich kenne wenige Männer mit ähnlicher Einstellung.« Sie klang so reserviert, wie sie sich auf einmal fühlte. Wenn sie ehrlich war, hatte sie in den vergangenen fünf Jahren so gut wie überhaupt keine Männer kennengelernt. Aber das ging ihn schließlich nichts an. »So wenig Vertrauen?«
    Feli zog einen dicken Flunsch, aber das würde sich bald wieder geben. Linda hatte ein paar unfehlbare Methoden in petto, um ihre Tochter fröhlich zu stimmen.
    Â»So vorsichtig bin ich, ja. Ich habe es lieber, wenn alles ein bisschen langsamer geht. Das Kennenlernen. Und sogar das Babysitten. Ich bin so eine Art Auslaufmodell, verstehen Sie? Direkt aus der Kleinstadt. Romantisch. Spröde. Und in vielen Dingen geradezu hoffnungslos altmodisch.«
    Sie hatte ihn nachdenklich gemacht. Er versuchte nicht einmal, es vor ihr zu verbergen.
    Â»Ich wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, ehrlich nicht, Frau Becker! Ich dachte bloß, ich könnte mit Feli …«
    Â»Können Sie doch auch. Nur eben ein bisschen mehr piano. In Ordnung? Lassen Sie mich mal kurz überlegen!« Sie zog die Stirn kraus. »Ja, ich denke, Ende nächster Woche sind wir wohl aus dem Gröbsten raus. Dann hängen die Bilder, wo sie hingehören, die Möbel haben alle ihren endgültigen Platz gefunden, und bis dahin müsste selbst unser verflixter Telefonanschluss endlich funktionieren. Die
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