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Das Pharma-Kartell

Das Pharma-Kartell

Titel: Das Pharma-Kartell
Autoren: Christina Czarnowske
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hören.
    „Wir sind ein bisschen zu spät gekommen. Als er am Freitagmorgen nicht zur Arbeit erschien, dachten wir, er sei krank. Wir suchten ihn… begannen uns zu beunruhigen, waren aber unschlüssig, was wir machen sollten. Erst am Abend meldeten wir es dem Quartierbüro und versiegelten sein Zimmer. In der Nacht haben wir in Paris angerufen. Na ja, das war vorgestern.“
    Ich wähle sorgfältig die Worte. „Vielleicht ist er irgendwo hängen geblieben? Bei Freunden oder einer Freundin… So was kommt alles vor!“
    „Dazu ist er nicht der Mensch, Sie kennen ihn nicht“, erwidert Fabre finster. „In zwei Jahren haben wir nicht einmal erlebt, dass er zu spät gekommen wäre.“
    Immerhin etwas Neues. Erste Auskünfte: In den Augen seiner Umgebung ein Pedant. Eine Eigenschaft, die nicht gerade Sympathien weckt, aber Respekt abnötigt. Zweite Auskunft: Fabre weicht der Frage nach der Freundin aus.
    „Haben Sie ihn gekannt?“
    „Natürlich!“, antwortet Fabre sofort.
    Interessant, keine Sekunde des Zögerns. Manch einer hätte an seiner Stelle anders geantwortet.
    „Gut“, sage ich. „Jetzt ist nicht der rechte Augenblick, aber ich werde Sie nachher bitten, mir etwas mehr über Doktor Larchey zu erzählen.“
    Er nickt, und wir schweigen.
    Wir nähern uns der Stadt. Und unversehens, wie durch Zauber, erscheint grüne Vegetation, die die von Wind und Sonne verbrannten Hügel ablöst. Beleuchtete Terrassen moderner Villen tauchen aus der Dunkelheit auf, man sieht Zypressen über hohe Mauern ragen, sandbestreute Zufahrtswege für Autos.
    „Das ist der neue Teil“, sagt Fabre, der meinem Blick gefolgt ist. „Ausländer, hauptsächlich meine Landsleute. Das ist hier eine etwas komplizierte Geschichte. Da, sehen Sie, wo die Straße abzweigt.“
    So etwas kann man sich kaum nur vom Wagen aus merken, dennoch befolge ich seinen Rat und schaue hinaus. Die asphaltierte Straße verengt sich und führt in Windungen einen Hügel hinauf. Nach dem Licht auf der Hauptstraße ist es hier vergleichsweise dunkel. Doch an dem sorgfältig instand gehaltenen Asphalt und den Einfassungen aus gestutzten Hecken erkennt man, dass es eins der wohlhabenden Stadtviertel ist.
    Noch zwei, drei Kurven, und Fabre biegt nach rechts ab.
    Die Scheinwerfer erfassen eine Mauer mit einem schmiedeeisernen Tor und einem Schild „Pension Emma“. Der Weg setzt sich hinter dem Tor fort, und im Hintergrund sind undeutlich die Umrisse der Pension zu sehen.
    Fabre drückt zweimal auf die Hupe. Als Antwort geht hinter dem Tor eine Lampe an. Offenbar mustert man uns von irgendwo, und das nicht ohne Grund. Nächtliche Besucher wecken nirgendwo Sympathien, schon gar nicht in einer Pension, aus der ein Mensch verschwunden ist. Doch Kylian Fabre ärgert das Wartenmüssen, und er drückt erneut auf die Hupe.
    Hinter dem Tor erscheint die Gestalt eines untersetzten Mannes mit dunklem Gesicht und einem kleinen Fes auf dem Kopf. Fabre ruft ihm etwas Unverständliches aus dem Seitenfenster des Wagens zu.
    Das genügt dem Mann, er schließt das Tor auf und öffnet es weit. Wir fahren hindurch, der Sand knirscht unter den Reifen, hinten ist das sorgsame Klirren der Schlösser zu hören. Wir folgen der Allee zwischen hohen, mit blasslila Blüten überschütteten Büschen. Im schwachen Licht phosphoreszieren die Blüten wie kalte Flammen. Ein starker, betäubender Duft geht von ihnen aus.
    Seitwärts vom Haus sind ein Dutzend Autos geparkt. Fabre sucht sich eine Stelle aus und stellt den Jeep daneben ab.
    „Da wären wir!“, stellt er fest. „Wir können gehen. Jonah bringt Ihnen Ihr Gepäck.“
    Er springt rasch aus dem Wagen und hebt meinen Koffer heraus. Jonah steht schon bei uns und verbeugt sich wortlos. Ich mustere die Pension, soweit das bei dem schwachen Licht möglich ist, das aus dem Foyer dringt.
    Es gibt Häuser, die aussehen wie sie heißen. Der ein bisschen altmodische Name Emma passt außerordentlich gut zu der Pension. Sie ist dreigeschossig, mit französischen Balkons und Jalousien vor den Fenstern, ganz in dem Stil, in dem vor dem Krieg gebaut wurde. Wahrscheinlich war sie damals eine der Teuren.
    Viel Zeit zum Betrachten habe ich nicht, weil Jonah mit dem Koffer vor mir hergeht und Fabre und ich ihm folgen. Geschmackvoll eingerichtet – das ist mein erster Eindruck. Das Foyer ist nicht groß. Zwei Sessel, ein Tischchen mit Zeitschriften, eine kleine Bar mit einer Espressomaschine. Rechts die obligate Office-Nische mit Telefon und dem Buch
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