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Das Pharma-Kartell

Das Pharma-Kartell

Titel: Das Pharma-Kartell
Autoren: Christina Czarnowske
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Berufskollegen gegenüber empfindet. Dann gibt sie mir das Büchlein zurück.
    Die Transportbänder, die das Gepäck bringen, laufen noch nicht. Ich warte und mustere die Halle. Nichts Besonderes – künstlicher Marmor, Keramik und gehämmertes Metall.
    Das kann man auch anderswo sehen, wenn man von ein paar nationalen afrikanischen Motiven absieht. Blumen – wie überall auf Flughäfen.
    Solche Blumen kann es jedoch nicht geben.
    Mein Blick kehrt immer wieder zu ihnen zurück und kann sich nicht losreißen. Sie sind übergroß, von samtiger Blässe unter dem fahlen Licht und mit krapproten Tropfen. Sie sehen aus wie ein Fantasieprodukt und ziehen mich magisch an. Sicherlich locken sie die Insekten genauso an, um sie dann zu verschlingen.
    Mit leisem Zischen beginnen die Transportbänder Koffer auszuspucken, die Menge lichtet sich. Die beiden Zollbeamten in den schneeweißen Uniformen stellen mechanisch ihre Fragen und drücken Stempel auf die Gepäckanhänger.
    Auch das ist überstanden. Mein Koffer ist auf ein Wägelchen verfrachtet und rollt auf den Ausgang zu. Ich gehe hinterher und schaue im Hinausgehen wieder auf die Blumen. Allmählich hört Al Agadir auf, ein abstrakter geografischer Begriff zu sein, und beginnt Wirklichkeit zu werden.
    Am Ausgang stehen nicht viele Leute. Ein hochgewachsener junger Mann mit Brille mustert mich.
    „Inspecteur générale Dr. Bouché?“
    „Ja, der bin ich.“
    „Willkommen! Sehr angenehm. Kylian Fabre.“
    Wir schütteln uns die Hand. Kylian Fabre ist an die dreißig, mit einem klugen Gesicht und lebhaften braunen Augen hinter der Brille. Er geht ein bisschen gebeugt wie die meisten Langen und wirkt ein wenig zerstreut durch hastige Bewegungen.
    „Hier lang, bitte. Ist das ihr Koffer?“
    Er führt mich hinaus, wir drängen uns zwischen parkenden Autos und blubbernden Bussen hindurch, die die späten Passagiere aufnehmen. Ein paar Taxis haben dienstwillig die Türen geöffnet, man hört fremde, kehlige Laute. Die schwere, feucht-salzige Luft füllt meine Lungen, das Atmen fällt mir schwer. Mit jedem Schritt schmilzt meine Hoffnung mehr dahin, dass ich umsonst gekommen sein könnte.
    Fabre hat nichts weiter gesagt, also steht es schlecht. Er schließt einen dunkelgrünen Jeep mit mächtigen Reifen auf. Wir steigen ein, aber er hat es nicht eilig loszufahren. Er holt Zigaretten aus der Tasche und steckt sich eine an.
    Ich schweige auch ein, zwei Sekunden, dann frage ich: „Sie wissen, weshalb ich hier bin. Etwas Neues… im Zusammenhang mit Doktor Larchey?“
    „Nein, seit er am Donnerstag verschwunden ist, nichts mehr.“
    Das ist nun der Fall, der mich beschäftigen wird. Ein paar Fragebogen mit Fotos, die ich im Koffer habe. Die beiden Gespräche mit dem Minister, den ich schon lange nicht mehr so nachdenklich gesehen hatte. („…Du bist der geeignetste Mann, du bist doch Arzt…“) Die Ermittlungen, die man in vierundzwanzig Stunden anstellen kann.
    „Also fahren wir los!“, sage ich. „Bringen Sie mich bitte zu seiner Unterkunft.“
    „Selbstverständlich!“ In Fabre kommt Leben. „Wir haben gemeint, es wäre am bequemsten… Wir haben für Sie ein Zimmer in derselben Pension. Gut so?“
    „Ja, ich danke Ihnen.“
    Er fährt geschickt, schlängelt sich an den Autobussen vorbei, und wir kommen auf eine Landstraße hinaus.
    Soweit ich das im Scheinwerferlicht erkennen kann, ziehen sich rechts und links rötliche Hügel hin, entsetzlich kahl und öde.
    „Die Stadt liegt dort.“ Fabre nickt nach rechts. „Das hier ist die Straße nach Sidi Badis, sie biegt nachher ab.“
    Er merkt selbst, dass es sinnlos ist, mir Einzelheiten über Örtlichkeiten zu erläutern, von denen ich keine Ahnung habe. Wir wechseln nur ein paar belanglose Sätze. Das Telefax ist sehr spät eingetroffen, Ingenieur Morlet, Chef der Baustelle, bittet mich, ihn zu entschuldigen. Fabre ist stellvertretender Chefingenieur, der Chefingenieur selbst ist in Urlaub.
    Ich höre ihm zu und werfe ab und zu ein höfliches Wort ein. Dem Augenschein nach läuft das Gespräch, in Wahrheit nicht. Kylian Fabre ist bedrückt. Auch ich bin bedrückt, und vielleicht überträgt sich meine heimliche Besorgnis auf ihn. Beide denken wir an dasselbe. Daran, was hier geschehen ist.
    Rechts erscheint über den öden Hügeln ein rosa Widerschein. Dort liegt die Stadt.
    „Haben Sie etwas unternommen?“, erkundige ich mich.
    Übrigens weiß ich, was sie gemacht haben, wollte es aber gern von ihm
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