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Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
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die Gänge, das Haus am See, und sie fanden Christine, die einen Schock erlitten hatte und einer Ohnmacht nahe war. Bei ihr befand sich ihr Verehrer, der junge Vicomte de Chagny, der liebe, süße Raoul. Er brachte sie von dort fort und tröstete sie, wie es nur ein Mann vermag: mit starken Armen und sanften Liebkosungen.
    Zwei Monate später zeigte sich, daß sie schwanger war. Also heiratete er sie, gab ihr seinen Namen, seinen Titel und seine Liebe. Ihr Sohn wurde im Sommer 1894 geboren, und sie haben ihn gemeinsam aufgezogen. Und sie ist in diesen vergangenen zwölf Jahren die größte Diva Europas geworden.«
    »Aber die Polizei hat Erik nie gefunden, mein Kind? Soviel ich mich erinnere, ist das Phantom damals spurlos verschwunden.«
    »Nein, Pater, sie hat ihn nie gefunden. Aber ich. Ich bin verzweifelt in mein kleines Büro hinter dem Übungsraum zurückgegangen. Als ich den Vorhang meiner Garderobennische aufzog, habe ich ihn dort gefunden, mit der Maske, die er immer getragen hat, in der Hand im Dunkel kauernd - wie damals vor elf Jahren unter der Treppe meiner Wohnung.«
    »Und Sie haben ihn natürlich der Polizei übergeben …«
    »Nein, Pater, das habe ich nicht getan. Er ist noch immer mein Junge, einer meiner beiden Jungen gewesen. Ich konnte ihn nicht wieder dem Mob ausliefern. Also habe ich einen Damenhut mit dichtem Schleier und einen langen Mantel genommen… wir sind miteinander die Personaltreppe hinuntergegangen
und auf die Straße getreten, nur zwei Frauen, die in die Nacht hinausgeflüchtet sind. Solche Gestalten waren zu Hunderten unterwegs. Niemand hat auf uns geachtet.
    Ich habe ihn drei Monate lang in meiner Wohnung, nur knapp einen Kilometer von der Oper entfernt, verborgen, aber die Steckbriefe haben überall gehangen, und auf ihn war ein Kopfgeld ausgesetzt. Er mußte Paris, mußte Frankreich verlassen.«
    »Sie haben ihm zur Flucht verholfen, mein Kind. Das ist eine Straftat und eine Sünde gewesen.«
    »Dann werde ich dafür büßen, Pater. Schon bald. Der damalige Winter war hart und bitterkalt. Mit dem Zug zu fahren, kam nicht in Frage. Ich mietete eine Diligence, vier Pferde und einen geschlossenen Wagen. Nach Le Havre. Dort ließ ich ihn in einer billigen Unterkunft versteckt zurück, während ich den Hafen und seine Kaschemmen absuchte. Endlich fand ich einen Kapitän, den Führer eines für New York bestimmten kleinen Frachters - einen Mann, der bereit war, sich bestechen zu lassen und keine Fragen zu stellen. So stand ich also Mitte Januar 1894 eines Nachts am Ende der längsten Pier und beobachtete, wie das Hecklicht des nach New York auslaufenden Schiffs in der Dunkelheit verschwand … Sagen Sie, Pater, ist außer Ihnen noch jemand da? Ich sehe zu schlecht, aber ich spüre, daß jemand da ist.«
    »In der Tat, eben ist ein Herr eingetreten.«
    »Ich bin Armand Dufour, Madame. Eine Novizin ist in meine Kanzlei gekommen und hat gesagt, ich würde hier gebraucht.«

    »Und Sie sind Notar und Urkundenbeamter?«
    »Das bin ich in der Tat, Madame.«
    »Monsieur Dufour, ich möchte, daß Sie unter mein Kopfkissen greifen. Ich täte es selbst, aber ich bin zu schwach dazu … Danke. Was haben Sie dort gefunden?«
    »Nun, offenbar einen Brief in einem Umschlag aus gutem Manilapapier. Und einen kleinen Beutel aus Saffianleder.«
    »Genau. Ich möchte, daß Sie Ihren Füllfederhalter aufschrauben und auf der Rückseite des Umschlags schriftlich bestätigen, daß Ihnen dieser Brief heute übergeben und weder von Ihnen noch von sonst jemandem geöffnet worden ist.«
    »Mein Kind, ich bitte Sie, beeilen Sie sich! Wir sind noch nicht fertig.«
    »Geduld, Pater. Ich weiß, daß mir nicht mehr viel Zeit bleibt, aber nach so langen Jahren des Schweigens muß ich jetzt versuchen, mein Ziel zu erreichen. Sind Sie fertig, Monsieur le Notaire?«
    »Ich habe den von Ihnen gewünschten Vermerk angebracht, Madame.«
    »Und vorn auf dem Umschlag?«
    »Auf der Vorderseite lese ich - offenbar von Ihrer Hand geschrieben - die Worte: M. Erik Mühlheim, New York City.«
    »Und der kleine Lederbeutel?«
    »Den halte ich in der Hand.«
    »Öffnen Sie ihn bitte.«
    » Nom d’un chien! Napoléons d’or! Die habe ich nicht mehr gesehen, seit...«

    »Aber sie sind nach wie vor ein gesetzliches Zahlungmittel?«
    »Gewiß - und sehr wertvoll.«
    »Dann möchte ich, daß Sie sie an sich nehmen und diesen Brief nach New York City bringen, um ihn zuzustellen. Persönlich.«
    »Persönlich? In New York? Aber das
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