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Das Phantom im Schokoladen-Museum

Das Phantom im Schokoladen-Museum

Titel: Das Phantom im Schokoladen-Museum
Autoren: Stefan Wolf
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mit Speck in der Pfanne zu braten.
     
    *
     
    Der vollbesetzte Bus von
Meier-Reisen rollte über die Autobahn. Der Sommerabend hatte eine frühe
Dämmerung eingeschaltet. Die meisten der 42 Fahrgäste dösten.
    Tim, Karl und Gaby saßen ganz
hinten. Das Trio war chic gekleidet. Gaby trug ein hellblaues Kleid und weiße
Sandalen. Die Ohrringe hatten vorhin — als die Sonne noch schien — jeden Strahl
zigfach gebrochen und blitzend zurückgelenkt.
    Auch Tim war schnieke. Fast ein
bisschen affig kam er sich vor mit weißen Edel-Jeans und blauem Blazer.
    Aber es war ja auch ein
festlicher Grund, sich so in Schale zu werfen.
    Der Bus kam aus Bad
Prillglitzen, das ungefähr 90 Bus-Minuten von der Millionenstadt entfernt ist.
In Prillglitzen gibt es — wie jedermann weiß — eine der berühmtesten
Freilichtbühnen Europas, wenn nicht gar der angrenzenden Gebiete. An diesem
Nachmittag war dort das beliebte Musical ,Liebestraum im Internet’ über die
Bühne gegangen: eine irre Schau und musikalisch natürlich enorm hochwertig.
    Jetzt kehrten 42 Musical-Fans
von dort zurück und standen noch mehr oder weniger unter dem Eindruck der
Aufführung.
    „Es war oberaffengeil“, meinte
Karl. „Allerdings — einige Darsteller wirkten manchmal verunsichert.“
    „Das lag an den Mücken“, sagte
Tim, den man früher Tarzan genannt hat. „Ist ein Mangel der Freilichtbühnen.
Besonders, wenn’s in der Nähe Feuchtwiesen gibt. Ich habe aufgepasst.
Mindestens 50 000 Stechmücken spielten mit. Das stört die Schauspieler
gewaltig. Zumal es komisch wirkt, wenn sie sich dauern auf die freien
Hautflächen klatschen. Ich glaube, die Annie hat zweimal eine Mücke
verschluckt. Bei den hohen Tönen.“
    Gaby lehnte den Kopf an Tims
Schulter. Die goldblonde Knistermähne breitete sich über den Blazer. „Wir
hätten ja warten können bis morgen Abend. Auf der Bühne im Kongresshaus sind
keine Mücken.“
    Tim schüttelte den Kopf. „Dann
wäre der alte Fährmann beleidigt. Außerdem ist eine Freilichtaufführung was
Besonderes.“
    Damit hatte es Folgendes auf
sich: Der berühmte Dirigent Julius Fährmann, ein Freund von Tims verstorbenem
Vater, hatte dem TKKG-Häuptling drei Freikarten zu der Aufführung in
Prillglitzen geschenkt.
    Ebensogut hätte Fährmann
allerdings Karten für die morgige Aufführung im Kongresshaus verschenken
können. Dort, im Festsaal, fand die gleiche Aufführung statt. Mit demselben
Ensemble, derselben Schauspielergruppe, demselben Orchester, demselben
Dirigenten, denselben Kostümen. Aber ohne die Frischluft der Freilichtbühne und
ohne die Mücken.
    „Vielleicht“, meinte Tim,
„werden etliche, die jetzt hier im Bus sitzen, morgen Abend im Festsaal sein.“
    „Die Super-Fans“, nickte Karl.
    „Mir reicht einmal“, sagte
Gaby. Sie senkte die langen Wimpern über die blauen Augen, schlief aber nicht.
    „Willi und Onkel Waldo“, sagte
Tim, „wollen hingehen. Wir können das Stück empfehlen.“
    Gaby kuschelte sich an ihn. Sie
hatte die Haare mit Kämmen zurückgesteckt, sodass die Ohren frei waren. Der
linke Ohrring streifte Tims Wange.

    „Au“, stöhnte er. „Dein Löffel-Gehänge
ist ja waffenscheinpflichtig.“
    „Sei nicht so wehleidig“, wies
ihn seine Freundin zurecht. „Wirst schon nicht umkippen, wenn dich ein
Bergkristall ritzt. Außerdem sind das keine Gehänge, sondern Stecker. Und wenn
du meine Öhrchen nochmal Löffel nennst, reiße ich deine ab.“
    „Gut, dass ich keinen Hut
trage.“
    „Wieso?“
    „Ohne Ohren würde er mir über
die Augen rutschen.“
    „Noch hast du sie.“
    „Diese Löffel-Ge... diese
Öhrchen-Stecker habe ich noch nie an dir gesehen. Trägst du sie sonst unter dem
Haar?“
    „Sie gehören Mami.“
    „Jaja“, lachte Tim. „Ihr habt
die gleiche Kleidergröße und sogar die Ohrringe passen ihr wie dir.“
    „Auch bei Schals und
Taschentüchern haben wir die gleiche Größe“, kicherte Gaby.
    „Erstaunlich.“ Tim grinste.
„Also sind diese großen Glitzersteine keine Brillanten?“
    „Bergkristalle. Mami trägt gern
Modeschmuck. Echten Schmuck würde ich nicht nehmen, ohne zu fragen.“
    „Du hast nicht gefragt?“,
erkundigte sich Karl.
    Er saß links von Tim am Fenster
und sprach manchmal hinter, machmal vor ihm vorbei.
    „Meine Eltern“, erklärte Gaby,
„waren nicht zu Hause. Also konnte ich nicht fragen. Ich glaube, sie wollten
zum Sauerlichschen Schoko-Museum. Bin mir aber nicht sicher.“
    „Irre, was Klößchens Vater da
auf die
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