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Das Phantom im Schokoladen-Museum

Das Phantom im Schokoladen-Museum

Titel: Das Phantom im Schokoladen-Museum
Autoren: Stefan Wolf
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durchschaubare Masche. Mal
passiert monatelang nichts. Und dann kommt’s zu drei Überfällen pro Tag. Und
immer hier in der Gegend. Südlich der Stadt. Bis hin nach Plitzendorf.“
    „Ich weiß“, nickte sein Onkel.
„Stand ja alles in den Zeitungen. Nur wann es angefangen hat, daran entsinne
ich mich nicht mehr.“
    „Vor einem Jahr. Man nimmt an,
dass es drei Täter sind. Sie treten zu zweit oder zu dritt auf. Niemals zu
viert. Kommissar Glockner, Gabys Vater, hatte schon eine Sonderkommission
gebildet. Aber die wurde wieder aufgelöst, als dann eine Weile kein Überfall
geschah.“
    Der Polizeiwagen — er sah
absolut echt aus — rollte bis zur Ausfahrt und verschwand hinter einer
Baumgruppe.
    „Hinten am Kofferraum ist eine
Delle“, sagte Klößchen. „Aber das nützt uns nichts.“
    „O Gott!“, stöhnte Waldo. „Und
irgendwo sitzt jetzt jemand — und säubert die Knobläts. Dann wird er sie kochen
oder braten, und nachher... Wir müssen weiter! Weißt du, wo wir sind? Schaffen
wir’s zu Fuß querfeldein?“
    „Zwölf Kilometer bis zum
Gesterburger WC, Onkel Waldo. Da ist es besser, wir stellen uns an die Einfahrt
und machen auf Anhalter.“

2. Einladung zum Giftpilz-Menü
     
    Otto Röhrling konnte Gräser von
Blumen unterscheiden.
    Das reichte ihm als
Voraussetzung für eine — wie er hoffte — einträgliche Tätigkeit.
    Also gründete er den
Ein-Mann-Winter- und Gartendienst-Otto-Röhrling. Otto verstand sich als
Unternehmer. Als solcher machte er Anschaffungen. Einen Rasenmäher kaufte er
fürs Sommerhalbjahr, eine Schneeschaufel für den Winter. Das genügte. Ansonsten
stand er auf telefonischen Abruf zur Verfügung.
    An diesem Nachmittag hatte er
auf der Waldlichtung am Schweinsbuckel-Berg mit seinem alten Küchenmesser 25
pralle Wiesenchampignons, wie er meinte, abgeschnitten.
    Mit seinem Motorrad knatterte
er über die Autobahn nach Hause. Er freute sich, dachte an die Pilze, und das
Wasser lief ihm im Munde zusammen. Freilich entstanden auch Bedenken, was die
Menge betraf. Gut die Hälfte konnte er vertilgen. Das traute er sich zu. Aber
mehr passte wohl nicht durch seinen gefräßigen Mund. Denn der Magen würde
streiken. Werde jemanden einladen, dachte er. Am besten den Detlef Kempferth.
Klar, wen sonst! Der isst Pilze für sein Leben gern.
    Otto wohnte im Stadtteil
Sobergen. Weil die Adresse preiswert sein musste, hatte er eine Art Blockhaus
unweit des Autobahn-Zubringers bezogen. Eigentlich handelte es sich um eine
kleine Baracke. Sie war nicht unterkellert, aber geräumig.
    Er war Single, ein dicklicher
Endzwanziger mit Froschaugen und kurzen Beinen. Rund ums Jahr hatte er
Schnupfen. Deshalb war die Nase meistens gerötet.
    Er brachte die Pilze in seine
vorsintflutliche Küche, ging in den Wohnraum und griff zum Telefon.
    Er wählte 7 97 44 18,
Kempferths Anschluss.
    Manche nannten ihn den
Gebrauchtwagen-König, andere einen Betrüger. Tatsache war, dass er jeden Wagen
verhökerte, der auf mindestens drei Rädern stand. Kempferth führte nämlich auch
alte Dreirad-Modelle, wie man sie hin und wieder noch in entlegenen Gegenden
der Welt antrifft.
    Am anderen Ende der Leitung
wurde abgenommen.
    „Ja?“, fragte Kempferth. Er
hatte einen dröhnenden Bass.
    „Ich bin’s“, sagte Otto. „Der
Otto.“
    „Welcher Otto, Sie Spaßvogel!“
    „Otto Röhrling, ‘n Abend,
Detlef.“
    „Hallo, Otto.“ Das klang milde.
    Otto sagte, dass er eine
Riesenmenge schmackiger Pilze gesammelt habe, sie nach Jägerart und
Waidmannsweise bereiten werde und deshalb einen Mit-Speiser brauche.
    Kempferth zögerte.
    „Doch, doch, ich komme“, meinte
er dann. „Habe sowieso im Stadtteil Sobergen zu tun. Nachher. Bei dir haue ich
mir vorher die Wampe voll. Ist geritzt. In einer Stunde. Ja, gut.“
    Kempferth legte auf.
    Otto wartete auf das Zeichen.
Dann sagte er ein unfeines Wort.
    Eigentlich, dachte er, kann ich
ihn ja nicht leiden. Aber ich schulde ihm 5000 Mark, die ich vorläufig — und
das ist noch lange — nicht zurückzahlen kann. Außerdem sind’s dann nicht 5000,
sondern viel mehr. Denn er nimmt 20 Prozent Zinsen, der Halsabschneider. Und
schließlich sind wir Parteifreunde. Da werden gesellschaftliche Kontakte zur
Pflicht. Wie zum Beispiel ein Pilzessen.

    Er legte den Hörer auf. Der
Blick glitt über die Wahl-Plakate an den Wänden.
    Kantige Gesichter waren da zu
sehen. Und viele erhobene Fäuste. Otto fühlte sich als einer von denen.
    Jetzt ging er daran, die Pilze
zu putzen und
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