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Das Phantom im Schokoladen-Museum

Das Phantom im Schokoladen-Museum

Titel: Das Phantom im Schokoladen-Museum
Autoren: Stefan Wolf
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stehen
geblieben vor einem feuchten Wiesenstück, beugte den Kopf und stierte zu Boden.
    „Sind offenbar sehr winzige
Pilze“, sagte Klößchen. „Jedenfalls sehe ich keine.“
    „Um... Gottes willen!“, ächzte
Waldo. „Die Knobläts sind weg.“

    „Wie bitte?“
    „Die Knollenblätterpilze sind
weg. Knobläts — ist meine Abkürzung. Hier sieh! Nichts! Nichts! Nur noch
Stummel im Boden. Mit glatten Schnittflächen. Das bedeutet, ein Pilzsammler hat
sie abgeschnitten. Alle 25, die ganze Kolonie! Wahnsinn! „
    „Meinst du, der Sammler isst
sie?“
    „Was sonst?“
    „Also ein Selbstmörder?“
    „Nein. Ein Dummkopf, der sich
irrt. Die Knobläts ähneln den Wiesenchampignons. Man kann sie verwechseln. Die
einen sind tödlich, die anderen ein Hochgenuss.“
    „Da wird die Butter in der
Pfanne verrückt. Pilze werden doch in Butter gebraten?“
    Waldo sah seinen Neffen an, als
spreche der plötzlich ein Kauderwelsch aus Legionärs-Latein und Alt-Griechisch.
    „Man kann sie auch kochen.
Klößchen, wir müssen eingreifen. Der Pilzsammler bringt sich um — und
vielleicht seine ganze Familie!“
    Waldo bückte sich und beäugte
die Schnittstellen. „Ziemlich frisch. Jedenfalls von heute. Jetzt heißt es:
Beeilung!“ Er richtete sich auf, machte kehrt und begann zu rennen, was aber
nicht seine Stärke war.
    „Wo sollen wir ihn denn
suchen?“, rief Klößchen, während er zu seinem Onkel aufschloss. „Ah, weiß
schon. Die Polizei muss verständigt werden. Dann gibt’s Radio-Durchsagen. Und
Warnungen im Fernsehen. Der unbekannte Pilzsammler, der heute bei der
Schweinsbuckel-Lichtung die Wiesenchampignons geerntet hat, soll sich des
Verzehrs enthalten. O weh! Wenn der Typ nun kein Radio hat und die Glotze nicht
einschaltet — dann ist die Vergiftung sein unabänderliches Schicksal.“
    „Grauenvoll!“, keuchte Waldo —
und schlug nach den Mücken. „Schnell müssen wir jetzt sein. Schnell das nächste
Telefon erreichen. Am besten in Riedweiler. Nein! Gesterburg liegt günstiger.
Dort ist die Autobahn-Raststätte.“ Aufgewühlt vom Joggen zitterten Waldo die
Hände. Erst ließ er den Autoschlüssel fallen. Dann zerkratzte der Schulleiter
den Autolack, statt die Tür aufzuschließen. Klößchen half. Fahren konnte Waldo
noch. Nichts wie hin zur Autobahn! Und dann auf den Rückweg!
    Grässlich!, dachte Klößchen.
Den Pilz-Tod zu sterben ist sicherlich mit fürchterlichen Bauchschmerzen
verbunden. Für Schokoladen-Fans wie mich ist das ganz schlecht. Da versagen die
Geschmacksnerven.
    Auf der Autobahn war nichts
los. Vielleicht lag’s an der Abendstunde.
    Klößchen klappte die
Sonnenblende herunter und sah in den Make-up-Spiegel. Die Augen weiteten sich.
    „Onkel Waldo! Wir sind
gerettet. Der Pilzsammler kriegt jetzt seine Warnung viel schneller. Hinter uns
ist die Polizei.“
    Der Oberstudiendirektor warf
einen Blick in den Rückspiegel. Tatsächlich! Ein Polizeiwagen näherte sich. Für
einen Moment gleißte die Windschutzscheibe im Sonnenlicht. Waldo konnte nicht
sehen, ob der Wagen vollbesetzt oder ob nur der Fahrer drin war.
    Muss mich bemerkbar machen,
dachte er.
    Zzzziiiisch! — war der
Streifenwagen vorbei. Gerade wollte der Schulleiter blinken und den Arm
raushängen zum Fuchteln, als sich das Polizeiauto vor den Mercedes setzte.
    „Na, sowas!“, sagte Klößchen.
    Er meinte die Leuchtkelle.
    Der zweite Polizist — nur zwei
waren drin — hielt sie aus dem rechten Fenster und bewegte sie auf und ab.
Gleichzeitig bog der Streifenwagen in die Einfahrt zu einem Rastplatz. Ein Wall
aus Büschen und Bäumen trennte ihn von der Autobahn. Und damit der pflanzlichen
Dichte kein Missbrauch angetan wurde, zeigte ein Schild an: Nächstes WC —
Raststätte Gesterburg — 12 km.
    „Bin ich etwa zu schnell
gefahren?“, murmelte Waldo. „Auch egal. Die Knobläts sind wichtiger.“
    Unter den Bäumen des
Rastplatzes herrschte Dämmerlicht.
    Waldo hielt hinter dem
Streifenwagen.
    Die beiden Polizisten stiegen
aus und kamen mit schnellen Schritten heran: jeder zu einer Tür.
    Nanu, dachte Klößchen. Wieso
grinsen die so? Und beide sehen gleich aus. Wie Zwillinge. Zumindest ihre
Gesichter.
    Der eine war groß und hager,
der andere bullig. Gleichzeitig beugten sie sich in die Fenster.
    Klößchens Blut erstarrte.
    Ebenso erging’s dem Onkel.
    Die grinsenden Gesichter waren
keine Gesichter, sondern Masken, Gummimasken, die man sich über den Kopf zieht
wie eine zweite Flaut — samt angeklebter
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