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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl
Autoren: Stefan Wolf
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Gehirnerschütterung ist
kein Schädelbruch.“
    Tarzan begann seine Sporttasche
auszupacken.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete
Klößchen seinen Freund.
    „Und nun, Tarzan?“
    „Was meinst du?“
    „Hm. Da ich dich schon länger kenne, überlege
ich mir so in meinem Kopf, was du jetzt vorhaben könntest. Das Phantom hat dich
beinahe umgebracht. Du bist zwar nicht rachsüchtig. Aber wer dir auf die Füße
tritt, muß mit Unannehmlichkeiten rechnen — milde ausgedrückt. Eine Autofalle
ist aber etwas schlimmer als ein Tritt auf die Füße. Deshalb glaube ich, du
kochst innerlich. Hinzu kommt noch, daß dieses Phantom eine große Bedrohung für
die Allgemeinheit ist. Mal gar nicht zu reden von den 10 000 Mark als
Belohnung.“
    „Das Geld ist mir gleichgültig“, sagte
Tarzan.
    „Ich weiß. Du würdest es ja auch nicht
für dich verwenden, sondern deiner Mutter geben.“
    Damit traf Klößchen den Nagel auf den
Kopf.
    Denn Tarzans Mutter war Witwe. Seit
sechs Jahren schon. Damals hatte sein Vater, ein Diplom-Ingenieur, bei einem
Unfall sein Leben verloren. Seitdem war das Geld knapp, und Frau Carsten mußte
hart arbeiten, um sich und ihren Sohn durchzubringen. Trotzdem schickte sie ihn
auf die beste und teuerste Schule. Für Tarzan, der sich großartig mit ihr
verstand, war ihr kein Opfer zu groß. Früher — vor ihrer Heirat — war Frau
Carsten Sekretärin gewesen. Nach dem Tode ihres Mannes hatte sie sich
weitergebildet und arbeitete jetzt als Buchhalterin. Leider war Tarzans Zuhause
vier Bahnstunden von der Schule entfernt — und das Fahrgeld teuer. Nur während
der Ferien konnte er nach Hause fahren. Für ein Wochenende im Quartal reichten
die Mittel nur selten.
    „Also“, fragte Klößchen, „was hast du
vor?“
    Tarzan grinste. „Manchmal bist du gar
nicht so dumm, wie du aussiehst. Aber das wär’ ja auch schlimm. Kurz gesagt:
Das Phantom ist mein Feind. Feinde bekämpft man. Morgen nachmittag werde ich
mich auf der Brücke Umsehen. Wir wollten ohnehin zum Herold-See fahren. Von
dort bis zur Brücke — das sind höchstens zehn Minuten. Vielleicht finde ich
was, das von der Polizei übersehen wurde. Der Kerl ist zwar ein Phantom, aber
kein Gespenst. Er kann sich nicht in Luft auflösen. Also muß es auch Hinweise
geben. Irgendwo. Auf den Dörfern. Bei den Bauern. Ich werde nicht locker
lassen.“
    „Uiiihh!“ meinte Klößchen. „Das wird
aber morgen ein fröhliches Baden.“
    „Wieso? Ihr könnt ja schwimmen, während
ich die Brücke absuche.“
    „Ich komme mit, wenn’s erlaubt ist. Und
Gaby und Karl sowieso, wie ich die kenne. Bei so ‘ner Sache verliert das Zelt
seinen Reiz.“
    Das Zelt stand am Herold-See. Seit
einer Woche. Tarzan und seine drei Freunde hatten es aufgestellt und gleich
dort gelassen. Freilich — es war auf einer winzigen Lichtung versteckt, umgeben
von dichten maigrünen Büschen, durch die man sich wie durch eine Dschungelwand
zwängen mußte.
    Das Zelt gehörte Karl. Die vier Freunde
hatten ihre Badesachen darin untergebracht. Denn seit Mitte Mai war der See mit
seinem moorigen Wasser herrlich warm. Dort machte das Schwimmen mehr Spaß als
im Hallenbad. Per Rad konnte man den See in einer halben Stunde erreichen.
    „Dann können wir auch einen Abstecher
nach Kletterborn machen und deinen Schnitzer besuchen“, meinte Klößchen.
    „Ach, richtig! Der Esel. Wo habe ich
den?“
    Tarzan hatte seine Sporttasche
ausgeräumt. Der Esel steckte in einem Seitenfach.
    „IIIaaa“, blökte Klößchen, „iiiaaa!“
    „Das klingt mehr nach einem Hammel.“
    „So sieht der Esel auch aus.“
    Tarzan lachte. „Du mußt zugeben: An den
langen Ohren erkennt man, daß es ein Esel sein soll.“
    „Vielleicht ist es eine Mißgeburt“,
meinte Klößchen. „Oder moderne Kunst. Und dieser Ströter hat vielleicht schon
Preise gekriegt. Oder er hat sich im Dunkeln vergriffen und ein Fabelwesen
erwischt.“
    „Ich finde Balthasar ganz nett. Und
geschenkt ist geschenkt. Ich werde ihn...“, Tarzan sah sich um. „Ja, dort auf
den Schrank werde ich ihn stellen. Etwas weiter nach hinten.“
    „Recht so. Dann sieht man ihn nicht.“
    „Hör’ auf, meinen Esel zu kränken!“
    „Wie sieht denn dieser Ströter aus?“
    „Von seinem Gesicht habe ich nichts
gesehen.“
    „Vielleicht schielt er — und schnitzt
alles so, wie er’s sieht.“
    „Kannst dich ja als Modell zur
Verfügung stellen“, meinte Tarzan. „Mann, braucht der dann Holz! Ich glaube,
Willi, so runde Klötze
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