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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen
Autoren: Zin meister Deana
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er den wilden Blick der jungen Frau sah, versuchte er sie zu beruhigen. »Susanna«, sagte er ernst. »Es ist nicht mehr zu ändern! Selbst wenn du erfährst, wer deiner Familie das angetan hat, wirst du hoffentlich keine Möglichkeit erhalten, dich mit ihren Mördern anzulegen. Du siehst, dass sie vor nichts zurückschrecken. Sie würden auch dich foltern und töten. Sei Gott dankbar, dass dein Vater und du überlebt haben.«
    Susanna drückte ihre Hände zu Fäusten zusammen. Um nicht laut aufzuschreien, presste sie die Lippen fest aufeinander. Sie schloss die Augen, doch als sie den Schäfer wieder anblickte, zischte sie: »Wo war Gott, als man meine Familie so grausam ermordete?«
    Thomas blickte sie entsetzt an. »Versündige dich nicht, mein Kind! Gott hat dich gelenkt und wird es auch weiterhin tun. Deine Aufgabe ist jetzt, dich um deinen Vater zu kümmern, damit er gesund wird.« Der Blick des Schäfers durchbohrte die junge Frau, der lautlos Tränen über die Wangen liefen. Langsam ging er auf sie zu und legte väterlich seine Arme um ihre Schulter. Wie ein Kind wiegte er sie hin und her, und langsam entspannte sich Susannas Körper.
    »Ich werde nach Kölln gehen und den Pfarrer verständigen«, sagte Thomas leise und fügte hinzu: »Anschließend komme ich mit dem Totengräber zurück.«
    Susanna konnte nur stumm nicken.
    Es dämmerte, als der Schäfer zusammen mit dem Totengräber und einem Fuhrwerk auf dem Hof ankam. Der schwarz gekleidete Mann reichte der jungen Frau die Hand und murmelte: »Mein Beileid, Susanna!« Dann folgte er dem Schäfer in den Viehverschlag. Beide Männer trugen die Magd hinaus und legten sie auf die Pritsche des Fahrgestells.
    Als sie die Bäuerin anpackten, winselte der Vater, der durch die Geräusche wach geworden war: »Maria!« Er versuchte sich aufzusetzen, doch die Schmerzen hielten ihn auf seinem Lager. Der Bauer brach in Tränen aus und blickte hilflos seine Tochter an.
    »Vater«, flüsterte Susanna und strich ihm liebevoll über die Wangen. »Wir müssen Mutter und die anderen nach Kölln zum Friedhof bringen und sie beerdigen. Ich werde dich allein lassen, verspreche aber, dass ich so schnell wie möglich zurück sein werde.«
    »Mitkommen«, presste der Mann zwischen den wunden Lippen hervor. Susanna blickte auf seine Füße, und er verstand. Kraftlos schlug er mit der geschwollenen Hand aufs Stroh und sah sie flehend an. »Mitkommen!«
    Susanna nickte. »Ich werde mit Thomas sprechen.«
    Der Schäfer und der Totengräber hatten die kleine Bärbel auf das Fuhrwerk gelegt und sie in die Arme ihrer Mutter gebettet. Nun gingen die Männer, um Johann zu holen. Als Susanna Thomas fluchen hörte, ahnte sie, dass die Ratte zurückgekommen war. Sie eilte zu dem Gärtchen, als der Schäfer ihr entgegenrief: »Geh fort, Mädchen, und schau nicht hin!«
    Susannas Atem ging keuchend, und sie schlug sich die Hände vors Gesicht. Der Totengräber und der Schäfer trugen Johanns Leichnam rasch an ihr vorbei und legten ihn auf den Karren. Dort bedeckten sie das Gesicht des Jungen mit einem Tuch.
    Susanna zitterte. »Warum hat Gott mich leben lassen? Warum muss ich das alles ertragen?«, wimmerte sie und stieß den Schäfer zur Seite, der sie trösten wollte.
    Ihre kalten Finger umklammerten das Holz des Fuhrwerks, als der Totengräber leise fragte: »Sind das alle Leichen?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf und wies auf die Ecke, wo der Knecht verbrannt war. Selbst der Totengräber erschauerte.
    »Ich werde für ihn den Segen des Pfarrers erbitten und ihn hier unter den Bäumen beerdigen!«, entschied der Mann.
    Susanna schloss die Augen und nickte. Als sie zurück am Stall waren, sagte sie müde: »Vater will mit zum Friedhof kommen.«
    »Das kann ich verstehen«, flüsterte Thomas. »Dein Vater kann meinen Platz auf dem Kutschbock haben. Ich werde nebenher marschieren. Wir müssen ihm jedoch den Boden und den Sitz auspolstern und seine Füße verbinden.«
    Susanna eilte ins Haus und sammelte alle Stofffetzen und Kissen ein, die sie finden konnte. Als sie zurückkam, hatten die beiden Männer den Vater von seinem Lager hochgehoben. Er hielt seine Lippen fest zusammengepresst, nur sein Blick verriet die Schmerzen, die er ertragen musste. Nachdem sie ihn auf den Kutschbock gesetzt hatten, wollte Susanna ihm die Füße verbinden, doch er stieß ihre Hand zur Seite und schüttelte den Kopf.
    Das Fuhrwerk rollte vom Hof, und Susanna blickte betrübt auf den getöteten Hund. Als der
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