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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen
Autoren: Zin meister Deana
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angetan?«, schluchzte sie. Wo waren ihre Eltern? Wo waren der Knecht und die Magd geblieben? Ob sie sich in Sicherheit hatten bringen können? , dachte Susanna voller Hoffnung und verwarf den Gedanken sofort. Ihre Eltern hätten Bärbel und Johann niemals zurückgelassen. Vielleicht hat man sie entführt , war ihr nächster Gedanke, als ihr Blick auf den Viehverschlag fiel, der noch unversehrt schien.
    Susanna erhob sich mühsam und ging am Haus vorbei und über den Hof zum Schuppen. Zaghaft öffnete sie die Tür. Der Lichtschein, der in den Stall fiel, zeigte ein Bild des Grauens. Die Hühner lagen totgetreten oder mit abgerissenen Köpfen auf dem mit Blut verschmierten Lehmboden. Der Hahn war mit der Mistgabel an die Wand genagelt worden. Die zwei Zicklein lagen geköpft darunter. Als Susanna neben sich etwas baumeln fühlte, blickte sie fassungslos zur Seite. Es war die Magd, die mit einem Seil um den Hals nackt am Dachbalken hing. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und die Zunge steckte blau verfärbt zwischen ihren Lippen.
    Dann sah Susanna ihre Mutter auf dem Boden liegen. Auch sie war unbekleidet, ihr Körper gewaltsam verrenkt. Susanna schrie: »Mutter!« und rannte zu ihr. Sie nahm das geliebte Gesicht zwischen ihre Hände und sah die durchtrennte Kehle. Entsetzt ließ sie den Kopf der Mutter los und wich einen Schritt zurück. Erneut würgte es sie, doch ihr Magen war leer.
    Susanna spürte, wie ihre Beine schwach wurden, und sie fürchtete zu fallen. Mit zittrigen Händen suchte sie Halt, doch sie griff ins Leere. Schreiend fuhr sie sich mit den Fingern in die Haare und brüllte vor Schmerz und Hilflosigkeit. Wie ein gehetztes Tier schaute sie hin und her. Dann versuchte sie den Körper der Magd hochzuheben, in der Hoffnung, dass sie die Tote vom Gebälk abhängen könnte. Sie war zu schwer. Susanna sackte unter dem leicht schwingenden Körper zusammen und sank neben ihrer toten Mutter zu Boden.
    »Wer hat euch das angetan?«, fragte sie wimmernd. Sie glaubte, den Verstand zu verlieren, als ein Geräusch sie zusammenzucken ließ. Voller Furcht versuchte Susanna sich hinter einem Holzfass, das als Tränke für die Tiere diente, zu verstecken. Erneut hörte sie ein leises Stöhnen. Schließlich zog sich das Mädchen vorsichtig aus der Hocke hoch und ging langsam in die Ecke, aus der das verhaltene Geräusch drang. Als sich Susannas Augen an das schummrige Licht gewöhnt hatten, glaubte sie in Ohnmacht fallen zu müssen.
    Ihr Vater saß auf dem Boden, die Hände über seinem Kopf an einen Eckbalken gefesselt. Seine Lippen waren blutig gebissen und angeschwollen. Die Beine hatte man ihm in der Grätsche an kleinen Pfosten festgebunden, die im Boden steckten. Beide Füße waren nur noch blutige Klumpen.
    Susanna fiel vor ihrem Vater auf die Knie. Voller Entsetzen starrte sie auf das rohe Fleisch seiner Füße, als er vor Schmerzen laut aufstöhnte.
    »Vater«, flüsterte Susanna, und als er sich nicht regte, wiederholte sie das Wort laut.
    Langsam wandte der Mann das Gesicht seiner Tochter zu. Tränen rollten ihm über die angeschwollenen Wangen. Leise formten seine wunden Lippen ihren Namen. Dann wandte er den Kopf und blickte auf seine tote Frau. »Maria«, weinte er kaum hörbar.
    Susanna umfasste sanft mit beiden Händen sein Gesicht, damit er sie ansah. »Ich hole ein Messer, damit ich dich losschneiden kann«, stammelte sie und lief aus dem Viehstall über den Hof zum Haus.
    Der Wind hatte aufgefrischt und wirbelte Funken durch die Luft, sodass sich die Flammen aufs Neue entzündeten. Sofort züngelten sie am Holz und ließen es knistern. Susanna blickte zum Himmel hoch und betete: »Herr, lass es endlich regnen!«
    Dann rannte sie in die Küche. Als sie dort kein Messer finden konnte, eilte sie hinters Haus in die Schmiede, deren Wände lichterloh brannten. Zum Schutz vor der Hitze hielt sich Susanna die Hände vors Gesicht, als sie über den Leichnam des Knechts stolperte, dessen Füße bereits brannten. Voller Graus fürchtend, dass er verbrennen würde, hob sie den Oberkörper des jungen Mannes an, als der erhitzte Körper auseinanderplatzte.
    Im selben Augenblick setzte Regen ein.

Kapitel 2
    Der Regen, den die Menschen seit Wochen in ihren Gebeten erfleht hatten, kam in dicken Tropfen. Er ließ das glühende Holz zischen und dämpfte die Flammen ein.
    Susanna stand vor den vom Feuer zerborstenen, bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Körperteilen des Knechts und schrie ihren Schreck, ihre Angst und
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