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Das peinlichste Jahr meines Lebens

Das peinlichste Jahr meines Lebens

Titel: Das peinlichste Jahr meines Lebens
Autoren: Mark Lowery
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Mauer gesetzt, die den Gehsteig von einem Parkplatz auf der anderen Seite trennte. Das war gerade so hoch, um über die Köpfe der Leute hinwegschauen zu können, ohne ständig angerempelt zu werden.
    Wie vorausgesagt, war der Umzug LANGWEILIG , und die Festwagen waren LAUSIG . Eine auf ihrem Wagen vorbeifahrende Blaskapelle spielte ein deprimierendes Stück. [78] Eine der Grundschulen hatte einen Wagen mit Weihnachtsthema. [79] Der Verband der Markthändler stellte eine mittelalterliche Marktszene nach. [80]
    Und so ging es auch weiter. Und weiter. Und weiter. Ein langweiliger Wagen nach dem anderen, unerklärlicherweise alle von stürmischem Jubel der Menge begrüßt. Vom Wagen des Schwimmvereins war immer noch nichts zu sehen. Ich überlegte ernsthaft, ob ich es einfach aufgeben sollte, als mir plötzlich jemand ans Bein tippte.
    »Hey, Mike.«
    Ich blickte hinunter. Es war Paul Beary. Er hielt ein Mädchen an der Hand. Ein echtes, lebendiges, richtiges Mädchen. Sie sah sogar gut aus. Mir fiel die Kinnlade runter.
    »Mike«, sagte er grinsend, »das ist Chantelle. Sie ist eine der …«
    »… französischen Schwimmerinnen«, sagte ich, da ich sie vom Schwimmfest erkannte. »Wo hast du …«
    Paul strich sich mit den Wurstfingern durchs Haar. »Das hab ich dir doch gesagt. In der Schule. Wir haben uns beim Bürgermeister kennengelernt. Da war ich mit meinem Onkel und all den anderen bedeutenden Persönlichkeiten der Stadt.«
    Ich konnte es kaum glauben. Vielleicht hatte sein Onkel
doch
den Wohnwagen erfunden. Ich meine, das ist sehr unwahrscheinlich, wenn man den ganzen Unsinn bedenkt, den er von sich gibt, aber trotzdem …
    Das Mädchen sah ihn an, als wäre er ein Dressman oder so was. »Paul ist ’errlich. Er ’at mir erzählt, wie er einmal dem Bürgermeister das Leben gerettet ’at, als ihn jemand, wie sagt man …«
    »… ermorden wollte«, sagte Paul und zwinkerte mir zu.
    »O ja«, sagte ich rundheraus. »So was macht er ständig.«
    »Moment mal«, erwiderte sie und riss die Augen auf, »du bist doch der Junge, der auf dem Rücken das Bild von …«
    »Ja«, sagte ich [81] , »aber hör mal zu. Das war nicht ich. Ehrlich. Bitte, erzähl das allen in Frankreich.«
    »Paul«, sagte sie und rümpfte die Nase, »bring mich weg von diesem … dreckigen Jungen.«
    »Ja, natürlich«, willigte Paul müde ein. »Er ist eigentlich gar kein Freund von mir. Ich kenne ihn nur durch meine Wohltätigkeitsarbeit. Ich versuche, gestörten Menschen dabei zu helfen, in der Welt klarzukommen. Und er ist der schlimmste Fall, dem ich je begegnet bin. Trotzdem, ich kann bloß versuchen, eine bessere Welt zu schaffen.«
    Chantelle betrachtete mich mit gespitztem Mund und lächelte dann Paul an: »Ach, Paul. Du bist so lieb. Es muss sehr schwer sein, solchen … äh … wie sagt man …«
    Paul nickte verständig. »Ich glaube, du meinst ›Freak‹.«
    Schon wieder
Freak
. Unglaublich. Erst Lucy und jetzt auch er.
    Er geleitete sie in die Menge, nickte mir über die Schulter zu und bildete mit den Lippen das Wort » PHWOARR «. Diesen Gesichtsausdruck hatte ich bei ihm schon oft gesehen – eine Mischung aus unbändigem Hunger und wilder Aufregung. So sieht Paul auch aus, wenn er direkt vor einem riesigen Stück Schokoladenkuchen sitzt.
    Als er verschwand, rieb ich mir die Augen und sog fest an meinem Inhaliergerät. Waren alle anderen auf der Welt bloß hier, um mein Leben zu zerstören?
    Das Jubelgeschrei der Menge begrüßte einen weiteren Wagen. Ich blickte auf. Es war der Preston Piranhas-Schwimmverein.
    Der Wagen des Schwimmvereins
    Wie gesagt, der Wagen des Schwimmvereins hatte ein Meeresthema. Dazu gehörten:
    Blaues Glanzpapier auf der Ladefläche des Lastwagens.
Eine Stereoanlage, aus der
Unter dem Meer
aus
Arielle, Die Meerjungfrau
dröhnte. Die Musik setzte jedes Mal aus, wenn der Lastwagen über eine Unebenheit fuhr, und kam deshalb nie über den Refrain hinaus.
Als Fische, Meerjungfrauen und andere Unterwasserwesen verkleidete Menschen. Doch es gab keine Seegurken.
Lucy als Meereskönigin, ihr blaues Auge immer noch schwach zu sehen. Sie saß auf einem Thron und trug eine Krone, ein Bikinioberteil und eine Schwanzflosse. Sie war wunderschön, auch wenn es mich mehr interessierte, wie majestätisch sie als Mitglied der aquatischen Königsfamilie aussah. Ich meine, ich wusste, dass sie eine tolle Schwimmerin ist, hatte aber keine Ahnung, ob sie auch gut schauspielern konnte.
Dave King, der, als
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