Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
attraktiv machen. Wir sagen immer: >Wir wollen jemanden finden, der wirklich dabei war, nicht nur ein Theoretikern Verdammt, Michael, ich glaube, du wärst da genau der Richtige. Ich weiß, die Bezahlung ist nicht gerade ...« »Harry, du hast mich mißverstanden. Ich habe das ernst gemeint. Ich denke dauernd daran, wieder zur Uni zurückzugehen.« Jetzt war Harry Lewis mit Lächeln an der Reihe. »Dann habe ich eine andere Idee.«
    Eine Woche darauf war Havelock nach Boston geflogen und von dort zu den efeuüberwucherten roten Backsteinhäusern des Campus am Rande von Concord, New Hampshire, gefahren. Er hatte vier Tage mit Harry Lewis und seiner Frau verbracht, war herumgeschlendert, hatte verschiedenen Vorlesungen und Seminaren beigewohnt und die Angehörigen der Fakultät und der Verwaltung kennengelernt, die Harry für wichtig hielt. »Beiläufig« hatte man beim Kaffee, bei ein paar Drinks und beim Abendessen seine Meinung erfragt. Lewis hatte gute Vorarbeit geleistet. Am Ende des vierten Tages hatte Harry beim Mittagessen verkündet: »Sie mögen dich!« »Warum auch nicht?« hatte Lewis' Frau ihn unterbrochen. »Er ist auch sehr nett.«
    »Tatsächlich sind sie sogar ziemlich beeindruckt von dir. Ich sagte es ja neulich schon, M. H., du bist dabeigewesen. Sechzehn Jahre beim State Department machen dich zu einem besonders interessanten Kandidaten.« »Und?«
    »In acht Wochen ist die jährliche Konferenz zwischen der Verwaltung und dem Aufsichtsrat. Ich denke, man wird dir einen Job anbieten. Wo kann ich dich erreichen?« »Ich werde auf Reisen sein. Ich rufe dich an.« Er hatte Harry vor zwei Tagen aus London angerufen. Die Konferenz war immer noch im Gange, aber Lewis rechnete in Kürze mit einer Antwort.
    »Schick mir ein Telegramm an das American-Express-Büro in Amsterdam«, hatte Michael gesagt. »Und vielen Dank, Harry.« Er sah, wie die Glastüren der American-Express-Filiale sich vor ihm öffneten. Ein Paar kam heraus. Der Mann versuchte ungeschickt, die Schulterriemen von zwei Kameras im Gleichgewicht zu halten, während er Geld zählte. Havelock blieb stehen und fragte sich einen Augenblick lang, ob er wirklich hine ingehen sollte. Wenn das Telegramm eine Ablehnung war, würde er einfach weiterziehen, und darin lag ein gewisser Reiz, die schwebende Passivität, nichts zu planen, hatte angefangen, für ihn gewissen Wert zu haben. Andererseits konnte das Telegramm auch ein Angebot sein. Was dann? War er dafür bereit? War er bereit, eine Entscheidung zu treffen? Nicht eine Entscheidung in den Bereichen, in denen sich Instinkt und Schnelligkeit verbanden, um das Überleben zu garantieren, vielmehr eine Festlegung. Aber war er imstande, sich festzulegen? Er atmete tief und setzte bewußt einen Fuß vor den anderen, als er auf die Glastüren zuging.
    Gastdozent für zwei Jahre. Anschließend, falls beiderseitig erwünscht, feste Anstellung möglich. Anfangsgehalt dreitausend. Benötige Antwort hinnen zehn Tagen. Mach's nicht zu spannend. Gruß Harry.
    Michael faltete das Telegramm zusammen und steckte es in die Jackentasche. Er kehrte nicht an den Tresen zurück, um seinerseits ein Telegramm an Harry Lewis, Concord, New Hampshire, USA, zu schreiben. Das würde später kommen. Für den Augenblick genügte es, zu wissen, daß es einen Anfang gab. Er würde ein paar Tage brauchen, um zu verarbeiten, daß er nun eine Eigenverantwortlichkeit besaß, und anschließend vielleicht noch einmal mehrere Tage, um sich damit auseinanderzusetzen.
    Denn in der Eigenverantwortlichkeit lag auch die Verpflichtung; ohne sie gab es keinen echten Anfang.
    Er trat auf den Damtrak hinaus und atmete die kalte Luft Amsterdams ein, fühlte die feuchte Kühle, die vom Kanal aufstieg. Die Sonne senkte sich dem westlichen Horizont entgegen; einen kurzen Augenblick lang versperrte eine tiefliegende Wolke die Sicht, dann kam sie wieder zum Vorschein, ein orangeroter Ball, der seine Strahlen durch den Dunst warf. Das Bild erinnerte Havelock an das Meer vor der Küste Spaniens ... an die Costa Brava. Er war die ganze Nacht dort geblieben ... jene Nacht ... bis die Sonne sich über den Horizont gestemmt und die Nebel über dem Wasser gerötet hatte. Dann war er zur Böschung hinuntergegangen ... Hör auf! Das war ein anderes Leben. Dies hier ist ein neues. Vor zwei Monaten und fünf Tagen war Harry Lewis, wie es der Zufall wollte, aus einem Taxi gestiegen und hatte angefangen, für einen Freund die Welt zu verändern. Jetzt, zwei Monate
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher