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Das Paket mit dem Totenkopf

Das Paket mit dem Totenkopf

Titel: Das Paket mit dem Totenkopf
Autoren: Stefan Wolf
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sich
der ,Bandenname’ der vier Freunde zusammen: TKKG.
    Bei Gaby, das hatte sich
eingebürgert im Laufe der Zeit, pflegten sich die vier Freunde in ihrer
Freizeit — also nachmittags und an den Wochenenden — zu treffen.
    Tarzan war jetzt auf dem Weg
dorthin. Jedesmal erfüllte ihn das mit prickelnder Erwartung. Um das zu
verstehen, muß man Gaby kennen.
    Sie hatte tiefblaue Augen,
dunkle Wimpern und lange, blonde Haare, die wie Seide knisterten. Als
Rückenschwimmerin ging ihr der Ruf voran, unschlagbar zu sein. Außerdem war sie
in Französisch die beste. Tarzan mochte Gaby sehr. An die große Glocke hängte
er das zwar nicht, aber im Geheimen wäre er bereit gewesen, sich für Gaby
zerreißen zu lassen. Uneingeschränkt teilte er die Meinung der meisten Jungs,
Gaby sei das hübscheste Mädchen der Schule. Natürlich hatte auch sie einen
Spitznamen: Pfote. Das kam daher: Sie liebte Tiere über alles, besonders Hunde,
und sie konnte an keinem Vorbeigehen, ohne ihn aufzufordern, ihr die Pfote zu geben. Seltsamerweise gehorchten ihr alle — auch die bissigsten Hunde. Daß
sie einen vierbeinigen Freund hatte, war klar. Er hieß Oskar und war ein
netter, aber sehr verfressener Cockerspaniel.
    Im flotten Trab — seiner
üblichen Gangart, wenn er nicht gerade sein Rennrad benutzte — lief Tarzan
durch die schmale Straße mit den alten Häusern.
    Die Glockners wohnten hier.
Gabys Mutter hatte ein kleines Lebensmittelgeschäft. Herr Glockner war
Kriminalkommissar und bester Freund der vier Kinder. Und so einen Freund
brauchten sie auch, denn dank Tarzans Wagemut verstrickten sie sich immer
wieder in Abenteuer voller Gefahren.
    Tarzan klingelte an der
Haustür. Aber niemand machte auf, und oben, wo die Glockners wohnten, wurde
kein Fenster geöffnet. Das Geschäft lag nebenan. Tarzan sah durch die
Schaufensterscheibe hinein. Kein Kunde. Doch Frau Glockner stand hinter dem
Tresen und ordnete Ware ein. Tarzan öffnete die Tür, grüßte und fragte nach
Gaby.
    „Sie ist auf dem Hof.“ Frau
Glockner lächelte. Sie war eine hübsche und freundliche Frau. Gaby ähnelte ihr,
und Tarzan dachte oft: So wird Gaby in 25 Jahren mal aussehen.
    „Striegelt Hunde“, fügte Frau
Glockner noch hinzu. Dann nahm sie einen großen, rotbackigen Apfel aus ihrem
Obstangebot.
    Tarzan wollte rasch
verschwinden, aber sie rief ihn zurück, und er mußte den Apfel nehmen. So ging
das jedesmal, und er genierte sich schon, überhaupt ins Geschäft der Glockners
zu kommen. Von Gaby wußte er, daß Frau Glockner ihn so gern mochte wie einen
eigenen Sohn.
    Durch die Hintertür des Ladens
ließ sie ihn in den Flur. Der führte zum Hinterhof. Dort war zwar der Boden mit
Steinplatten ausgelegt, aber mittendrin — wie ein Wunder zwischen Mauern, Stein
und Beton — wuchs ein Birnbaum.
    Alle Hausbewohner hätschelten
ihn. Er war auch stattliche vier Meter hoch, mindestens, gedieh und trug im
Herbst Birnen. Nie mehr als neun — das war der bisherige Rekord — aber
immerhin! Und wenn die Birnen geerntet wurden, war das jedesmal wie ein Fest
für das ganze Haus. Wer sie kriegte? Gaby, natürlich. Und die teilte sie mit
ihren Freunden — was bei sieben oder neun Früchten und vier Anwärtern gar nicht
so einfach war.
    Unter dem Baum stand eine
kleine Holzbank. Dort hatte Gaby ein Sitzkissen hingelegt, damit sie sich nicht
im Rücken erkältete. Daß ihr kühl war, danach sah sie allerdings nicht aus. Ihr
Gesicht glühte.
    Sechs Hunde saßen im Halbkreis
um sie herum, schwanzwedelnd, und voller Hoffnung, sie könnten nochmals
gekrault, gebürstet, gestriegelt werden. Sogar das vorsichtige Säubern der
Ohren ließ jeder über sich ergehen.
    Tarzan kannte jeden Hund. Alle
gehörten zur Straße. Da war Bello, der Boxer; Waldi, der Rauhhaardackel; Peggy,
die ulkige Basset-Hound-Hündin; Chico, der lustige Pudel; Galan, der winzige
Yorkshireterrier, den man nie ohne rote Stirnschleife sah; und Oskar, der
schwarzweiße Cockerspaniel — Gabys eigener Hund.
    Sie war gerade damit
beschäftigt, Hundehaare aus einer Bürste zu zupfen.

    „Und wer kämmt mich?“ fragte
Tarzan.
    „Wenn du Männchen machst“,
lachte Gaby, „und die Pfote gibst, kann ich dich nachher noch drannehmen.
Kämmen geht zwar nicht mehr. Aber ich habe noch Kapseln für eine Wurmkur?“
    „Danke. Ich will den Hunden
nichts wegessen. Außerdem ist mir der Apfel deiner Mutter lieber.“
    Den freilich mußte er jetzt
rasch unter seinem Anorak verstauen. Oskar hatte Tarzan gewittert. Wie
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