Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Titel: Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege
Autoren: Tariq Ali
Vom Netzwerk:
mächtige Sicherheitsapparate aufbauen, die die Bürgerrechte aushöhlen und es schwierig machen, die politischen Führer für ihr Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Am Ende steht unweigerlich eine völlig skrupellose Politik, wie man sie normalerweise mit Diktaturen in Verbindung bringt.
    Mearsheimer erinnerte eine Nation, die oft kurze, prägnante Sätze in den Medien für Geschichte hält:
    Die Gründerväter haben dieses Problem erkannt, wie sich an James Madisons Warnung ablesen lässt: »Keine Nation kann ihre Freiheit bewahren, wenn sie sich ständig im Krieg befindet.« In den letzten zehn Jahren hat Washington gemordet, an Folterstaaten ausgeliefert oder selbst gefoltert und daheim die Grundrechte ausgehebelt. Das zeigt, dass die Sorgen der Gründerväter berechtigt waren. 101
    Das hatten Professor Wills und Maureen Dowd übersehen.
    Obama scherte sich nicht um solches Gerede. Von der euphorischen Reaktion auf seinen ersten »Triumph« ermutigt, markierte Obama drei Wochen später den starken Mann und betonte: Wenn die USA Terroristen suchen, ist die Souveränität Pakistans irrelevant. Man darf annehmen, dass ein paar weitere Tötungen kurz vor November 2012 Obamas Wiederwahl sicherstellen werden.
    Ironischerweise erlebte die arabische Welt ab Januar 2011 den Beginn einer Demokratisierung, während im Westen die Demokratie immer weiter ausgehöhlt wurde. Al-Qaida und ihr greiser getöteter Führer, beide zuvor schon unbedeutend, wurden mit dem arabischen Frühling noch unerheblicher. Nach der Niederlage Ägyptens gegen Israel und dessen Unterstützer 1967 schrieb der große Barde der arabischen Welt, Nizar Qabbani:
    Kinder Arabiens,
    Kornähren der Zukunft,
    Ihr werdet unsere Ketten zerreißen.
    Das Opium in unseren Köpfen vernichten,
    Die Illusionen zerstören.
    Kinder Arabiens,
    Lest nicht von unsrer erstickten Generation,
    Wir sind ein hoffnungsloser Fall,
    Wertlos wie die Schale der Wassermelone.
    Lest nicht von uns,
    Äfft uns nicht nach,
    Akzeptiert uns nicht,
    Akzeptiert unsere Ideen nicht,
    Wir sind eine Nation von Gaunern und Jongleuren.
    Kinder Arabiens,
    Frühlingsregen,
    Kornähren der Zukunft,
    Ihr seid die Generation,
    die die Niederlage überwindet.
    Die ersten Monate des Jahres 2011 hätten dem 1998 verstorbenen Dichter gefallen. Die von ihm so geschmähten Massen Arabiens erhoben sich und demonstrierten für einen Regimewechsel. Von Tunis bis Kairo, von Sanaa bis Bahrain – überall sah man, wie die arabischen Völker sich von ihren Knien erhoben. Am 14. Januar rotteten sich demonstrierende Massen vor dem tunesischen Innenministerium zu sammen, Präsident Ben Ali floh mit seiner Familie nach Saudi-Arabien. Am 11. Februar stürzten die Ägypter ihren Diktator Hosni Mubarak, gleichzeitig erhoben sich die Menschen in Libyen und im Jemen. Im besetzten Irak protestierten Demonstranten gegen die Verkommenheit des Regimes al-Maliki. Jordanien wurde von landesweiten Streiks erschüttert. Auf Protesten in Bahrain wurde die Abschaffung der Monarchie gefordert. Und bald belagerte das eigene Volk die korrupte und brutale Baath-Bande in Syrien.
    Der politische Flickenteppich der arabischen Welt – Marionettenmonarchien, verkommene nationalistische Diktaturen, imperiale Tankstellen (alias Golfstaaten) – ist noch immer Folge der Kolonialisierung durch England und Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Macht in einem komplexen Prozess von den ehemaligen Kolonialmächten auf das Großreich der Vereinigten Staaten über. Dieser Umstand führte in der arabischen Welt zu radikal antikolonialem Nationalismus und in Israel zu zionistischem Expansionsdrang. All das fand im weiteren Gesamtzusammenhang des Kalten Krieges statt. Als dieser endete, übernahm Washington die völlige Kontrolle in der Region; anfangs über lokale Potentaten, später über Militärstützpunkte und Invasionen. Von Demokratie war nie die Rede – was den Israelis erlaubte, sich als demokratischer Musterknaben unter arabischen Diktaturen aufzuspielen. Wie hat der arabische Frühling all das verändert?
    Die Rebellion speiste sich aus zwei Quellen, der Unzufriedenheit der Menschen mit der Wirtschaftslage – Massenarbeitslosigkeit, steigende Preise und Knappheit lebensnotwendiger Güter – und mit den politischen Verhältnissen, mit Vetternwirtschaft, Korruption, Unterdrückung und Folter. Ägypten und Saudi-Arabien waren wichtige Säulen der amerikanischen Strategie für die Region. Das bestätigte auch der amerikanische
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher