Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
verkaufte. Es war genau zwei Tage nach unserer letzten Unterhaltung. Da stand es, schwarz auf gelbem Untergrund:

    MORDANSCHLAG AUF SHERLOCK HOLMES.
    Ich glaube, ich war für einige Augenblicke betäubt. Dann, so erinnere ich mich dunkel, ergriff ich ein Exemplar der Zeitung, und ich weiß auch noch, daß der Zeitungsverkäufer, dem ich kein Geld gegeben hatte, protestierte, und dann, im Eingang zu einer Drogerie, las ich den verhängnisvollen Artikel:
      ›Wir erfahren mit Bedauern, daß Mr. Sherlock Holmes, der bekannte Privatdetektiv, einem Mordversuch zum Opfer gefallen ist und sich in einem gefährlichen Zustand befindet. Genaue Einzelheiten sind nicht bekannt, aber der Vorfall scheint sich gegen zwölf Uhr in der Regent Street vor dem Cafe Royal ereignet zu haben. Zwei mit Knüppeln bewaffnete Männer griffen Mr. Holmes an, trafen ihn am Kopf und am Körper und fügten ihm Verletzungen zu, die von den Ärzten als äußerst gefährlich beschrieben werden. Er wurde ins Charing Cross Hospital gebracht; später bestand er darauf, in seine Wohnung in der Baker Street verlegt zu werden. Die Schurken, die ihn angriffen, sollen gut gekleidet gewesen sein; sie entkamen den Umstehenden, indem sie durch das Café Royal zum Hinterausgang hinaus liefen, der auf die Glasshouse Street führt. Zweifellos gehören sie dem Verbrecherring an, der bereits oft Gelegenheit hatte, die Aktivität und das Können des Verletzten zu beklagen.‹
      Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß ich in einen Hansom sprang, nachdem ich die Nachricht überflogen hatte, und sofort in die Baker Street fuhr. In der Halle traf ich auf Sir Leslie Oakshott, den berühmten Chirurgen; sein Brougham wartete vor der Tür.
      »Keine unmittelbare Gefahr«, teilte er mit. »Zwei Platzwunden auf der Schädeldecke und beachtliche Hautabschürfungen. Einige Stiche waren nötig. Ich habe Morphium gespritzt. Ruhe ist wichtig, aber ein paar Minuten Unterhaltung sind nicht unbedingt verboten.«
      Mit dieser Erlaubnis schlich ich mich in das verdunkelte Zimmer. Der Verletzte war hellwach, und ich hörte, wie er heiser flüsternd meinen Namen nannte. Die Jalousie war zu drei Vierteln herabgezogen, doch fiel noch ein Sonnenstrahl schräg auf den bandagierten Kopf. Auf dem weißen Leinen hatte sich ein tiefroter Fleck gebildet. Ich setzte mich neben ihn und beugte den Kopf zu ihm hinunter.
      »Alles in Ordnung, Watson. Schauen Sie nicht so ängstlich drein«, murmelte er mit sehr schwacher Stimme. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.«
      »Gott sei Dank.«
      »Sie wissen, ich bin Spezialist im Stockfechten. Das meiste konnte ich abwehren. Nur der zweite Mann – das war zuviel.«
      »Was kann ich für Sie tun, Holmes? Natürlich war es dieser verdammte Bursche, der sie auf Sie angesetzt hat. Wenn Sie es sagen, gehe ich hin und prügele ihm die Seele aus dem Leib.«
      »Guter alter Watson! Nein, wir können da nichts machen, es sei denn, die Polizei kriegt sie. Ihr Fluchtweg war gut geplant, da können wir si cher sein. Bleiben Sie noch ein bißchen. Ich habe meine Pläne. Als erstes müssen wir meine Verletzungen schlimmer hinstellen, als sie sind. Man wird Sie aufsuchen, um Neuigkeiten zu erfahren. Tragen Sie dick auf, Watson. Wenn er Glück hat, überlebt er die Woche – Gehirnerschütterung – Delirium –, sagen Sie, was Sie wollen! Sie können gar nicht genug übertreiben.«
      »Aber was ist mit Sir Leslie Oakshott?«
      »Für den sorge ich. Dem werde ich einen Schwerkranken vorspielen.«
      »Sonst noch etwas?«
      »Ja. Sagen Sie Shinwell Johnson, er soll das Mädchen verschwinden lassen. Jetzt werden die süßen Jungs hinter ihr her sein. Sie wissen natürlich, daß sie mich in dem Fall unterstützt. Wenn sie so weit gegangen sind, mich aus dem Weg zu räumen, wird man sie nicht auslassen. Das eilt. Gehen Sie heute abend noch hin.«
      »Ich gehe auf der Stelle. Noch etwas?«
      »Legen Sie meine Pfeife auf den Tisch – und den Pantoffel mit dem Tabak. So ist es gut. Und kommen Sie jeden Morgen, damit wir unseren Schlachtplan entwerfen können.«
      Mit Johnson kam ich am Abend überein, daß er Miss Winter in einen stillen Vorort bringen und aufpassen sollte, daß sie sich ruhig verhielt, bis die Gefahr vorüber war.
      Die nächsten sechs Tage stand die Öffentlichkeit unter dem Eindruck, Holmes befände sich an der Schwelle des Todes. Die ärztlichen Verlautbarungen klangen sehr ernst, und in den Zeitungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher