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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition)
Autoren: Leena Lehtolainen
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Paskewitsch hatte ihn nie offiziell als seinen Sohn anerkannt, und Juri konnte noch so oft behaupten, das sei ihm egal – ich glaubte ihm nicht. Der beste Weg, ihn zu kränken, bestand darin, so mit ihm zu reden wie Paskewitsch. Und ich wollte ihn verletzen.
    Trankow schwieg. Hatte er etwa keine Zeit gehabt, sich eine Verteidigung oder Erklärung zurechtzulegen, oder hatte er sich eingebildet, ich würde nie davon erfahren? Früher war er mir mitunter vorgekommen wie ein kleiner Junge, der sich abwechselnd vor Rytkönen und vor seinem Vater fürchtete. Hatte ich mich in ihm geirrt? Hatte er alles genau geplant, war sein Rachefeldzug gegen mich klüger eingefädelt, als ich es ihm zugetraut hätte?
    «Julia ahnt überhaupt nicht, wie ihr Vater sein Vermögen angehäuft hat», brachte Juri schließlich hervor.
    «Das spielt keine Rolle. Iwan Gezolian weiß, mit wem David Stahl befreundet war, als der ihn bei dem SR - 90 -Geschäft betrogen hat. Gezolian weiß auch, dass David Syrjänens Boot in die Luft gejagt hat. Du hast mich in Lebensgefahr gebracht, du mieses Schwein!»
    Ich hörte Juri schlucken, doch er sagte nichts. Also legte ich auf. Bald darauf rief er zurück, aber ich meldete mich nicht. Auf dem Display erschien der Hinweis auf eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Ich hatte keine Lust, sie mir anzuhören. Stattdessen begann ich zu packen. Das Chalet von Gezolians Bekanntem erschien mir wie die Höhle des Löwen, in der es für einen Luchs gefährlich werden konnte. Aber Weglaufen wäre feige gewesen. Ich musste die Gelegenheit nutzen, Iwan Gezolian kennenzulernen.
    Julia brachte es nicht fertig, mit leichtem Gepäck zu reisen. Ihr Koffer hatte schon bei der Abreise in Helsinki dreiundzwanzig Kilo gewogen, und in Genf war noch einiges hinzugekommen. Während ich ihre After-Ski-Kleider zusammenfaltete, rekapitulierte ich, was ich über Gezolian wusste. Ich hatte einerseits gehört, David habe die gesamte Summe, die Gezolian für das SR - 90 erhalten sollte, in die eigene Tasche gesteckt. Andererseits hatte es geheißen, bei einem Teil der Scheine habe es sich um Falschgeld gehandelt. Und auch ein Teil der Isotope war weiterhin verschollen, David hatte der Europol nicht alles ausgehändigt. Der Mann, den ich in Davids Mietwohnung in Montemassi in der Toskana erschossen aufgefunden hatte, war Dolfini, Gezolians italienischer Kontaktmann, gewesen. David und Gezolian waren durch viele Fäden miteinander verbunden, und wenn man es schaffte, einen abzureißen, wurde sofort ein neuer geknüpft.
    Beim Abschluss des Arbeitsvertrags mit Julia hatte ich natürlich eine Sicherheitsanalyse erstellt. Neben einer Liste der möglichen Bedrohungen von außen gehörten dazu auch Julias persönliche Risikofaktoren. Mike Virtue, der Leiter der Sicherheitsakademie Queens, hatte uns bei der Ausbildung immer wieder eingeschärft, dass die eventuellen Abhängigkeiten des Auftraggebers auch den Personenschützer in Gefahr brachten. Julia rauchte nicht, trank kaum Alkohol und behauptete, kein Interesse an Kokain und anderen Modedrogen zu haben. Von gelegentlichen Kopfschmerztabletten abgesehen, nahm sie keine Medikamente. Die Brustimplantate waren ihr in der Schweiz eingesetzt worden, erstklassige Produkte ohne Krebsrisiko.
    Meine eigenen Sachen waren schnell gepackt. Die Skiausrüstung hatte ich vor Ort gemietet. Ich hatte nie Besitz angehäuft. Meistens hatte ich in provisorischen Unterkünften oder zur Untermiete gewohnt; ich besaß nur zwei Kaffeetassen und einen Kochtopf, und die Musik, die ich brauchte, war auf dem MP 3 -Player gespeichert. Meine Kleider hätten in zwei Koffer gepasst, ansonsten hatte ich nichts. Besitzlosigkeit machte frei, denn man brauchte sich nicht vor Verlusten zu fürchten. Der teuerste Gegenstand, den ich besaß, war meine Glock-Pistole, doch sie war nur ein Arbeitsinstrument. Sie konnte mir helfen, Menschenleben zu retten, aber abgesehen davon hatte sie keinen Gefühlswert für mich. Bisher hatte ich noch nie auf einen Menschen schießen müssen. Beim Training auf der Schießbahn hatte ich mir oft vorgestellt, auf meinen Vater zu zielen, der meine Mutter umgebracht hatte und den ich obendrein verdächtigte, auch meinen Onkel Jari ermordet zu haben. Mitunter hatte ich mir auch Iwan Gezolian als Ziel ausgemalt, denn er hatte den Mann bedroht, den ich zu lieben geglaubt hatte. Nun beschützte ich also die Tochter meines Feindes.
    Hatte nicht einmal mein einziger Vertrauensmann bei der finnischen
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