Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Musterbuch (German Edition)

Das Musterbuch (German Edition)

Titel: Das Musterbuch (German Edition)
Autoren: Sandra Mantovana
Vom Netzwerk:
dabei einen Blick auf eine Madonna oder nein vielmehr..., aber da hatte der Vater ihm die Zeichnung auch schon entrissen "Vater, auch dir einen guten Morgen, ich habe es eilig und komme später nach." Dies war nicht gelogen, denn die Uhr des Campanile der Bragora-Kirche schlug bereits die zehnte Stunde und er wollte auf gar keinen Fall zu spät am Campo San Lio ankommen. Aber von hier aus war es nahe: er lief die Riva degli Schiavoni entlang, vom der aus er so gern die morgendliche Stimmung über die Lagune genoss, bis hin zur Calle degli Albanesi, kam dann vorbei am Palazzo Querini Stampalia, an der Kirche Santa Maria Formosa und bog über den Calle del Paradiso zum Campo San Lio.
Hier war es ein Leichtes, die Taverne ausfindig zu machen. Stühle waren unter einem Schirm zusammengestellt und es sassen bereits die ersten Kunden versammelt zu einem Spielchen Karten vereint. "Guten Morgen, die Herren, kennen Sie vielleicht einen gewissen Messer Marsili?" "Zu ihren Diensten, junger Mann" antwortete einer von ihnen dem noch recht kindlich wirkenden angehenden Maler, der all seine Sanftheit im Äusseren wohl eher seiner mütterlichen Seite zu verdanken hatte.
"Ich empfehle mich als Ihr neuer Mieter der Wohnung des Goldschmieds Enrico oder vielmehr Heinrich, der nur das Beste von ihrem Palazzo zu berichten wusste." "Ah,...." raunte der ungepflegt wirkende Kaufmann Marsili, der durch seinen Handel mit Stoffen nach Flandern Jahre noch vor Jahren viel Geld verdient hatte, so dass er sich einen eigenen Palazzo leisten konnte. Seinen Palazzo, damals noch eine gute Adresse Venedigs, musste er jetzt an Untermieter aufteilen, so dass ihm selbst, ohne seine Familie - denn Frau und Kinder hatten ihn längst verlassen - ein einziger Raum zum Leben und Schlafen blieb. Von den Einkünften durch die Vermietung liess sich mehr schlecht als recht leben.
"...na, da schau an, der Herr möchte sich bei mir untermieten. Was bringen Sie für Garantien, was für Referenzen, junger Mann, …dass nicht bereits im zweiten Monat die Zahlung ausbleibt?" Die Herren am Tisch, die nur ungern ihr Kartenspiel unterbrochen sahen, schmunzelten hämisch.
"Ich bringe meinen guten Ruf als Maler der Stadt Venedig mit, und einen Vorschuss, den ich für den Auftrag zur Erstellung einer 'Madonna' erhielt." "Na, dann hoffen wir mal auf weitere Aufträge und Madonnen , denn sonst muss ich dich achtkantig rausschmeissen," entgegnete der Händler Marsili weniger freundlich und respektsvoll, wie es sie für einen Werber um einen neuen Mieter gehört, wobei er das Wort 'Madonnen' mit künstlich hoher Stimme artikulierte. Er stand langsam auf, zog einen Schlüssel von seinem Bund und sagte." Schau dir erst einmal dein künftiges Domizil an, bevor wir den Preis aushandeln."
Giovanni schnappte den Schlüssel und liess sich vom Händler den Weg zum Palast weisen mit der Erklärung, die Wohnung sei jene unter dem Dach, am Ende des Ganges in der vierten Etage.
Die Fassade des Palazzo wirkte etwas heruntergekommen und hatte dem verblassten Anstrich zufolge schon bessere Zeiten gesehen. Im sotterraneo waren die Fenster vergittert, weiter oben waren die Fenster verglast, je zwei links und rechts vom übergrossen Portal. Es folgte ein länglicher Balkon, der sich über die gesamte Front entlang zog und über dem spitzbogige Fenster mit Vierpassöffnungen emporragten; dahinter lag wohl der lang gestreckte Salon, der portego . Dann folgte ein, nein es folgten mit der Dachwohnung sogar zwei weitere Geschosse und ein flach ansteigendes Dach, dessen venezianische Terracotta-Ziegeln zum Teil fehlten.
Er hantierte mit dem grossen Schlüssel im Schloss bis dieses nachgab und die schwere Holztür sich aufschieben liess. Im Treppenhaus galoppierte er förmlich nach oben, indem er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Vom oberen Teil des Treppenhauses aus hatte man einen herrlichen Blick in einen angrenzenden bunt bepflanzten Garten neben dem Palazzo. Beschwingt, aber klopfenden Herzens, kam er im obersten Geschoss an, wo er in der Dunkelheit nun die Tür zur Wohnung suchte. 'Immer geradeaus' versuchte er sich an der Wand zu orientierten, bis er eine Holztür spürte, die sich einfach aufstossen liess. Zunächst sah er auch hier wenig, denn die Dachfenster waren klein und von alten Tüchern verhangen. Als er diese zur Seite streifte, sah er gegenüberliegend eine dunkle Hauswand, die lediglich durch einen grabenähnlichen canale vom Haus, indem er stand, getrennt war. Im dunklen Raum erkannte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher