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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens
Autoren: Val McDermid
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Schritt um Schritt ging sie nach unten. Selbst in dem finsteren Flur konnte sie sehen, dass er tot war. Niemand konnte den Kopf in diesem Winkel zum Körper verdrehen und noch lebendig sein.
    Ein Schluchzen stieg aus ihrer Kehle auf. Es war ihr egal, dass Dan derjenige war, der es so weit getrieben hatte, dass es um Leben und Tod ging. Was sie im Kopf wusste, war noch nicht bis zu ihrem Herzen vorgedrungen. Sie schaute in diesem Augenblick auf ihren Freund, dessen Leben ausgelöscht war.
    Ein lautes Krachen vom oberen Stockwerk ließ sie schlagartig aktiv werden. Sie beugte sich über ihn und versuchte herauszukriegen, wo die Papiere waren. Es half nichts, sie musste ihn umdrehen. Stöhnend vor Anstrengung gelang es ihr, ihn auf die Seite zu drehen. Seine Jacke öffnete sich, und eine zusammengerollte Plastikhülle war in seiner Innentasche zu sehen. Hastig packte sie sie, um zu prüfen, ob es tatsächlich das war, was sie suchte. Sie warf einen Blick nach oben, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, dass das Geländer unter der Wucht der Flammen zusammenbrach und nicht weit von ihr in den Flur stürzte. Sie musste weg. Jane rannte zur Hintertür, die noch unverschlossen war. Keuchend stürzte sie in die kalte Luft hinaus, und ihr Puls hämmerte bis in ihren Kopf.
    Sie wusste, sie musste von dem Haus weg, weil es gefährlich war, in der Nähe zu bleiben. Nach der Anstrengung taumelte sie um die Ecke des Hauses auf den Weg zu. Feuerwehr, Polizei. Sie klopfte automatisch auf ihre Taschen. Die Jacke. Da war das Handy, in der Jacke, die sie ausgezogen und auf dem Treppenabsatz hatte liegen lassen. Jane taumelte mit benebeltem Kopf und wackeligen Beinen auf den Weg zur Irish Row.
    Jake hatte am Ende von Irish Row gute zwanzig Minuten im Auto gesessen, als ihm klar wurde, dass er nicht länger mit dem Pinkeln warten konnte. Er stieg aus, wandte sich um und wollte hinter den Wagen treten, als er am Himmel einen leichten orangeroten Schimmer bemerkte. Zuerst dachte er, es sei ein offenes Feuer im Freien, aber als es stärker und größer wurde, dämmerte ihm, dass es etwas viel Ernsteres war.
    Er machte seinen Reißverschluss zu und eilte zu dem Weg, wobei er fast über ein Mountainbike stolperte, das hinter einem Busch versteckt stand. Er hielt sich fest, um nicht zu fallen, taumelte auf den Weg zurück und lief in Richtung Feuer.
    Als er um die Kurve kam, sah er Flammen aus zwei der oberen Fenster eines einsam stehenden Hauses hochzüngeln. »O Gott«, rief er aus und griff nach seinem Mobiltelefon. Als er den Notdienst erreicht hatte, erklärte er, die Feuerwehr werde gebraucht. »Ein Haus brennt. In Coniston. Fahren Sie an Irish Row vorbei, vielleicht eine Viertelmeile weiter. Es ist ein riesiges Feuer«, sagte er, die Stimme hebend, als ein weiteres Fenster wie eine Bombe explodierte und im roten Schein der Flammen leuchtende Glassplitter durch die Luft flogen.
    Der Selbsterhaltungstrieb hätte Jake unter normalen Umständen vom Schauplatz vertrieben, da er befürchtete, dass der Brand etwas mit dem Erwerb des Manuskripts zu tun haben könnte. Aber eine alte Faszination für Feuer ließ ihn bleiben. Gebannt beobachtete er, wie die Flammen wie Messer in den Himmel stachen, die rauchenden Funken verschwanden, wenn sie zur Erde fielen, und die Rauchschwaden sich wie Wolken schnell weiterschoben. Die Gestalt, die den Pfad vom Haus heruntergewankt kam, war schon fast bei ihm angekommen, als er aus seiner Versunkenheit erwachte.
    Zuerst sah er nur, dass die Person, die dem Feuer entkommen war, zerzaust und schmutzig war, blutete und stolperte, hustete und keuchte. Er sah Augen in einem rußgeschwärzten Gesicht schimmern, dann krächzte eine Stimme, die er so gut wie seine eigene kannte: »Du auch? Du hast auch mitgemacht?«
    »Jane?«, konnte er nur sagen, bevor sie sich auf ihn stürzte und schluchzend und Unverständliches rufend auf ihn einschlug. Er versuchte, sie abzuwehren, ohne sie zu verletzen, aber sie war wie besessen und schlug nur immer weiter auf ihn ein.
    Plötzlich fassten starke Hände seine Arme und Schultern. Jake versuchte loszukommen, aber er wurde entschlossen festgehalten.
    Er merkte, dass auf beiden Seiten ein Mann stand, und sie hatten offensichtlich nicht vor, ihn gehen zu lassen. Ein dritter Mann hatte seine Arme von hinten um Jane gelegt, hielt sie fest und versuchte, sie mit nichtssagenden Phrasen zu beruhigen.
    »Was ist hier los, zum Teufel«, sagte einer der Männer. »Ich habe keine Ahnung«,
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