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Das Monster von Moskau

Das Monster von Moskau

Titel: Das Monster von Moskau
Autoren: Jason Dark
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zu Fäusten geballt. Er sah aus wie ein Mann, der sich nur mühsam zusammenriss. Manchmal zuckte es unter seinen Augen. Dann bewegte er die Lippen, aber er schaffte es nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Was aus seinem Mund drang, war zumeist ein Stöhnen.
    »Ich werde ihn mir holen«, flüsterte Karina.
    Der alte Mann neben ihr erschrak und zuckte zusammen. »Was willst du?«
    »Das habe ich dir doch gesagt.«
    »Aber das geht nicht. Das ist unmöglich. Das schaffst du nicht. Der ist zu stark.«
    »Warum hast du mich dann kommen lassen?«
    »Wir müssen erst...«
    »Ich werde ihm einige Fragen stellen.«
    »Ein lebender Toter kann nicht reden«, erklärte Valentin. Er wollte noch mehr sagen, doch er hätte nur gegen Karina’s Rücken geredet, denn sie hatte sich bereits auf den Weg gemacht und ging vorsichtig über das Eis.
    Es war inzwischen dunkel geworden. Da hing die Finsternis wirklich wie eine Decke über dem Land. Das Eis sah jetzt dunkelgrau aus. Auf der Oberfläche war auch nicht zu erkennen, ob sich dünne Stellen oder schon die ersten Risse gebildet hatten.
    Karina gefiel das nicht, aber sie wollte auch nicht wieder zurück. An den Füßen trug sie Schuhe, die bis zu den Knöcheln reichten. Die Sohle bestand aus einem Gummi ähnlichen Material. An der Unterseite war sie geriffelt. Sie gab einem normal gehenden Menschen Halt, doch auf dem grauen Eis war nichts mehr normal.
    Es war auch keine flache Fläche. Sie hatte kleine Buckel, die von Karina übertreten werden mussten. Ihre Schritte setzte sie sehr vorsichtig. Sie prüfte jedes Mal das Eis, bevor sie es mit ihrem Gewicht belastete. Dann erst ging sie weiter.
    Die dunkle Gestalt ließ sie nicht aus dem Blick. Sie wunderte sich darüber, dass dieses seltsame Wesen noch nicht reagiert hatte. Es schien überhaupt nicht zu ahnen, dass sich ihm jemand näherte.
    Dann drehte es sich doch um.
    Für Karina ging dies schnell, weil sie sich auf das Eis konzentriert hatte. Erst als sie den Blick wieder anhob, erlebte sie die neue Situation.
    Das Wesen starrte sie an.
    Sie schaute zurück und hatte keinen Blick für den Körper, sondern einzig und allein für den Kopf, der aussah wie ein künstlich hergestelltes Halloween-Gebilde.
    Bleich, ohne Haare. Abstehende Ohren. Helle Augen, ein verzogener Mund, eine breite Nase.
    Schatten hatten sich ebenfalls auf dem Gesicht verteilt. Karina glaubte auch, Risse in der hellen Haut zu sehen. Ja, es war die Haut eines Toten, daran gab es nichts zu rütteln. Auf einen Toten wies auch hin, dass die Gestalt nicht atmete, denn vor ihren Lippen war keine kondensierte Luft zu sehen.
    Karina Grischin schaute nicht nur hin, sie war auch stehen geblieben. Der andere sollte wissen, dass sie vor ihm keine Angst verspürte. Deshalb traf sie auch keine Anstalten, den Weg wieder zurückzugehen. Sie blieb auf der Stelle stehen und wartete auf eine Reaktion des Herrn der Toten.
    »Bist du Kozak?«, fragte sie.
    Der Bleiche gab ihr keine Antwort.
    »Bist du es?«
    Er stierte nur. Aber seine langen Finger zuckten. Sie gehörten zu Armen, die rechts und links seines Körpers nach unten hingen und sich bisher nicht bewegt hatten.
    »Du willst nicht reden? Vielleicht kannst du es auch...«
    Etwas störte sie. Deshalb hatte Karina mitten im Satz abgebrochen. Unter ihren Füßen war das Geräusch zu hören gewesen, das sie schon von außerhalb des Teichs her kannte.
    Dieses eklige Knacken...
    Sie schaute nach unten.
    In diesem Augenblick bewegte sich Kozak. Was er tat, sah verrückt aus, aber er wusste Bescheid. Er sprang aus dem Stand in die Höhe und landete wieder auf der gleichen Stelle.
    Vielleicht wäre das Eis in den früheren Morgenstunden dicker gewesen. Aber die große Kälte hatte es noch nicht erreicht. So war es an bestimmten Stellen recht dünn.
    Es brach!
    Nicht weit vor Karina, sondern in ihrer Nähe und direkt vor ihr. Sie hörte etwas klatschen und wusste, dass es das Wasser war, das plötzlich durch die entstandene Spalte quoll. Um Karina’s Füße herum gurgelte das dunkle Wasser, und sie merkte zugleich, dass unter ihren Füßen das Eis wegbrach und sie nasse Füße bekam.
    In diesen Momenten war ihr klar, dass es jetzt um sie ging und nicht mehr um Kozak. Sie musste Zusehen, dass sie ihr eigenes Leben rettete. Es gab den festen Stand nicht mehr. Alles war unter ihr gebrochen und weggerutscht.
    Ein paar lose Eisschollen glitten unter ihren Schuhsohlen hinweg. Es gab nichts, was ihr Halt gegeben hätte, sie kam ins Wanken und
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