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Das Monster von Moskau

Das Monster von Moskau

Titel: Das Monster von Moskau
Autoren: Jason Dark
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hörte hinter sich Valentins Aufschrei.
    Dann fiel sie zurück und krachte mit dem Rücken auf das Eis...
    ***
    Innerhalb kürzester Zeit tobten schlimme Bilder durch ihren Kopf. Vor Jahren hatte sie unfreiwillig zusehen müssen, wie ein Mensch durch das Eis gebrochen und in die Tiefe gesunken war. Er war dann unter die Schollen gedrückt worden und jämmerlich ertrunken. Die Hilfskräfte hatten nicht mehr rechtzeitig genug eingreifen können.
    Seit dieser Zeit hatte sie eine wahnsinnige Angst davor, aufs Eis zu gehen und ebenfalls einzusacken. Hier war es geschehen, und so kam sie sich vor, als wäre ein Albtraum Wirklichkeit geworden.
    Noch lag sie auf dem Rücken. Wie lange schon, das wusste sie nicht. Die Zeit selbst kam ihr nur so lang vor, aber sie war froh, den Widerstand zu spüren.
    Bis sie wieder dieses verfluchte Knirschen vernahm. Gar nicht mal so laut, aber auch leise Geräusche können verdammt grausam und bedrohlich sein.
    Es war dieses ekelhafte Knacken und Knirschen, das sie in ihren Bewegungen lähmte. An das Monster verschwendete sie keinen Gedanken mehr, denn das eigene Leben war jetzt wichtiger.
    Karina riss sich wahnsinnig zusammen. Dass sie die Panik überfallen hatte, merkte sie sehr bald, aber sie kämpfte dagegen an. Auf keinen Fall wollte sie mit ihrem Gewicht das Eis durchbrechen und in der eisigen und tödlichen Tiefe für immer verschwinden. Es musste eine Chance geben.
    Sie hörte bereits das Wasser. Unter dem gerissenen Eis war es in Bewegung geraten. Ein leises Platschen, das für sie durchaus zu einem tödlichen Geräusch werden konnte.
    Sie wusste nicht, wie tief der Teich war. Manche Dörfer besaßen Löschteiche, und die waren in der Regel verdammt tief und immer gut gefüllt.
    Karina bekam sich wieder in die Gewalt. Mit behutsamen Bewegungen breitete sie die Arme aus, um das Gewicht so gut wie möglich zu verteilen.
    Ruhe bewahren! Nur nicht durchdrehen, auch wenn das eiskalte Wasser bereits in ihre Schuhe gedrungen war und auch schon die Hosenbeine durchnässt hatte.
    Dann hörte sie hinter sich die Stimme. Sie hatte auch den Eindruck, dass das Eis in ihrer Nähe leicht schwankte, aber es trieb noch nicht auseinander.
    »Bleib liegen, Karina. Bleib bitte ganz still liegen. Ich komme... ich bin bald bei dir.«
    Sie lächelte trotz ihrer Lage. Der alte Valentin wollte nicht, dass sie starb. Seine Aktion war nicht normal, denn er brachte auch sich in Gefahr.
    Sie hatte so verdammt viel überstanden. Hatte sich mit Mafiosi aller Couleur herumgeschossen, hatte gekämpft wie eine Wilde, kannte sich auch mit dämonischen Wesen und lebenden Toten aus, aber sie hätte es nie für möglich gehalten, einmal in eine derartige Gefahr zu geraten und womöglich einen nassen Tod zu erleiden.
    Aber Valentin war da.
    Obwohl sie ihn nicht sah, konnte sie sich vorstellen, was er tat. Er würde nicht normal über die Eisplatte gehen, sondern sich bäuchlings darüber hinwegschieben und somit sein Gewicht verlagern. Es war die einzige Chance, an einen Menschen heranzukommen, um ihn vor dem Ertrinken zu bewahren.
    Ihr Herz klopfte bis zum Hals.
    In den vergangenen Sekunden hatte sie die schlimmen Geräusche nicht mehr vernommen. Dafür hörte sie andere. Das Keuchen ihres Retters, der sich immer näher an sie heranschob. So wartete sie darauf, dass er sie endlich erreichte.
    Unter ihr »schwamm« das Eis. Da dehnten und drückten Kräfte, die sie nicht aufhalten konnte, und sie merkte auch, dass sich auf der Fläche etwas tat.
    Hinter ihr schabte etwas über das Eis hinweg. Dann hörte sie Valentins Stimme.
    »Öffne deine rechte Hand, Mädchen!«
    Die Arme hatte sie noch immer gespreizt. Jetzt aber tat sie, was man ihr gesagt hatte.
    »Gut, gut, gut...«
    Nach diesem gehechelten Lob spürte sie auf ihrer Handfläche etwas Festes.
    »Greif zu!«
    »Ja!«
    Sie schloss die Hand zur Faust. Der Gegenstand passte hinein. Sie sah ihn nicht, sie konnte ihn nur fühlen, und sie wusste, dass sie einen Ast festhielt, der hoffentlich stark genug war.
    »Und jetzt halte nur fest, Karina. Nur festhalten. Nicht bewegen, auch nicht zucken.«
    »Ich versuche es«, flüsterte sie.
    Dann setzte sich Valentin ein. Er wusste genau, was er tun musste. Er hielt den Ast am anderen Ende fest, lag ebenfalls flach auf dem Eis, aber mit dem Bauch.
    Und dann zog er. Valentin war vorsichtig. Er setzte all seine Kraft ein, aber er durfte auch nichts überstürzen. Es musste einfach klappen. Er betete stumm.
    Karina Grischin
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